Rauchen in der Schwangerschaft

Schwangere Frau zerbricht ihre Zigarette
Die Babys von Rauchern können sich aufgrund des durch das Nikotin verursachten Sauerstoffmangels nicht so gut entwickeln.
© Prostock-studio / Fotolia.com
Direkt zum Inhaltsverzeichnis

Nikotin verschlechtert die Fruchtbarkeit, schädigt das Ungeborene und kann Fehlgeburten verursachen. Tabak enthält 50 krebserregende Stoffe. Trotzdem rauchen in Österreich 20 bis 30 % aller Schwangeren.

Medizinische Expertise

Johannes Angleitner-Flotzinger

OA Dr. Johannes Angleitner-Flotzinger

Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe
Dr.-Salzmann-Straße 7/5, 4600 Wels
derfrauenarzt.com
Medizinische Fachbeiträge auf MeinMed.at werden von 🇦🇹 österreichischen Ärzt:innen und medizinischen Expert:innen geprüft.

Inhaltsverzeichnis

Viele von ihnen würden gerne damit aufhören, es gelingt ihnen jedoch nicht immer. Ein Rauchstopp kann mit Pflastern, Kaugummis oder Sprays erleichtert werden, auch Akupunktur und Hypnose können der werdenden Mutter helfen. Entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben bekommt das Ungeborene übrigens keine Entzugserscheinungen, wenn die Mutter das Rauchen aufgibt. Ganz im Gegenteil ist jede nicht gerauchte Zigarette in der Schwangerschaft gut für das Baby.

Video: Rauchfrei in der Schwangerschaft

Spätestens sobald eine Schwangerschaft feststeht, sollten Zigaretten für die werdende Mutter tabu sein. Mag. Melanie Stulik (Klinische und Gesundheitspsychologin der Österreichischen Gesundheitskasse) gibt praktische Tipps, wie der Rauchstopp funktioniert.

Studien zeigen, dass Raucherinnen eine um 40 % niedrigere Chance haben, schwanger zu werden. Die Fruchtbarkeit verbessert sich aber umgehend nach einem Rauchstopp.

Nach etwa einem Jahr Abstinenz gleicht die Zeugungsfähigkeit wieder der eines nicht rauchenden Paares. Das gilt für Frau und Mann gleichermaßen. Schuld an der schlechteren Fruchtbarkeit sind einerseits die in Zigaretten enthaltenen Substanzen wie Blei, Kadmium und Nikotin, welche Gebärmutterschleimhaut und Eibläschen beeinträchtigen können. Andererseits werden dem Körper wichtige Mineralstoffe und Vitamine wie Vitamin C, Selen und Zink entzogen. Raucherinnen kommen statistisch auch mit höherer Wahrscheinlichkeit früher in die Wechseljahre als Nichtraucherinnen.

Die Babys von Rauchern können sich aufgrund des durch das Nikotin verursachten Sauerstoffmangels nicht so gut entwickeln. Denn Nikotin geht direkt von der Plazenta auf das Ungeborene über und lagert sich nicht nur im mütterlichen Blut ab, sondern auch in der Gebärmutterschleimhaut. Dort tritt es sogar mit einer 10- bis 20-mal so hohen Konzentration wie im Blut auf. Aber auch die Lunge des Kindes speichert die im Rauch enthaltenen Toxine. Die Erkrankungen, unter denen Babys von Raucherinnen leiden, werden unter dem Fachbegriff "fetales Tabaksyndrom" zusammengefasst.

Folgende Schädigungen sind möglich:

  • Es kann zu Wachstumsstörungen und Schäden an der kindlichen Lunge kommen.
  • Das Risiko, mit einem sehr geringen Geburtsgewicht auf die Welt zu kommen, ist doppelt so hoch. Studien zeigen, dass Kinder im Schnitt mit 200 bis 400 Gramm weniger auf die Welt kommen.
  • Kopfumfang und Körperlänge sind meist um einen Zentimeter kürzer bemessen als bei Kindern von Nichtraucherinnen.
  • Es gibt Hinweise darauf, dass Rauchen Missbildungen verursachen kann, wie etwa Lippen-Kiefer-Gaumenspalten oder Herzfehler.

Im ersten Lebensjahr ist die Sterberate bei Säuglingen von rauchenden Eltern höher als bei nichtrauchenden Eltern. Das Rauchen während der Schwangerschaft ist für ein Drittel der Fälle an plötzlichem Kindstod (SIDS) verantwortlich. (Risiko Plötzlicher Kindstod allgemein: 0,04, also sind 4 Kinder von 10.000 betroffen.)

Kinder von Müttern, die während der Schwangerschaft geraucht haben, erkranken häufiger an:

  • Infektionen, da ihr Immunsystem schwächer ist
  • Atemwegserkrankungen wie Lungenentzündungen, Bronchitis und Asthma
  • Allergien
  • Krebs, wie z.B. Blut- oder Nierenkrebs
  • Das Risiko, an Diabetes mellitus Typ II zu erkranken, ist erhöht
  • Augenerkrankungen wie Schielen
  • Mittelohrentzündungen
  • Mentale Entwicklungsverzögerungen, Verhaltensauffälligkeiten wie ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) und andere psychiatrische Erkrankungen.

Das Risiko, eine Fehlgeburt zu erleiden, ist bei einer Raucherin etwa doppelt so hoch wie bei einer Nichtraucherin. Unter anderem ist die durch die Zigaretten entstandene Schädigung der DNA ein Problem. In weiterer Folge wird eine Einnistung entweder gleich verhindert oder es kommt frühzeitig zu einer Fehlgeburt. Raucherinnen müssen aber auch häufiger mit einer Plazentaablösung rechnen, die ebenfalls zu einer Fehlgeburt führt.

Schwangere Raucherinnen sind während der Schwangerschaft und im Wochenbett nicht nur thrombosegefährdeter, sie leiden auch häufiger an Komplikationen wie etwa einer Eklampsie, einer schweren Erkrankung im letzten Schwangerschaftsdrittel. Diese beginnt mit der Vorstufe, einer Präeklampsie, die sich durch Wassereinlagerungen und Bluthochdruck äußert. Danach folgen Krampfanfälle, die sich durch heftige Kopfschmerzen und Übelkeit ankündigen und bis zum Verlust des Bewusstseins gehen können.

Ein hartnäckig verbreiteter Mythos besagt, dass das Ungeborene Entzugserscheinungen bekommt, wenn die Mutter zu rauchen aufhört. Das ist jedoch ein Irrglaube. Vielmehr ist jede Zigarette, die weniger geraucht wird, gut für die Entwicklung.

Schwangere sollten sich am besten nicht einmal in Gegenwart von Rauchern aufhalten, vor allem nicht in geschlossenen Räumen. Denn drei Viertel des Rauches einer Zigarette wird nicht inhaliert, sondern verbreitet sich in der Raumluft. Rauch enthält ungefähr 4.000 giftige und krebserregende Substanzen. Dazu zählen Kohlenmonoxid, Benzol, Blei oder Kadmium.

Der Rauchstopp gelingt mit Hilfe leichter. Es gibt viele Möglichkeiten zur Unterstützung beim Rauchstopp für die werdende Mutter (und den Vater). Individuelle Beratung und Behandlung helfen beim Ausstieg aus der Abhängigkeit. Auch Akupunktur oder Hypnose wird oft als hilfreich empfunden. Angebote zur Unterstützung finden Sie auf www.rauchfrei.at.

Ist ein trockener Entzug nicht möglich, so sind Nikotinersatzpräparate wie Pflaster, Kaugummis oder Sprays noch immer eine bessere Lösung als Zigaretten. Denn beim Konsum dieser werden zumindest nicht die schädlichen Stoffe freigesetzt, die beim Verbrennen einer Zigarette entstehen.

Mehr lesen » Alkohol in der Schwangerschaft

  • Das große Buch zur Schwangerschaft, F. Kainer, A. Nolden, Gräfe und Unzer, 1. Auflage, München, 2009
  • 300 Fragen zur Schwangerschaft, B. Holzgreve, Gräfe und Unzer, 1. Auflage, München, 2009
  • Ernährungsratgeber Schwangerschaft, S.- D. Müller, C. Weißenberger, Schlütersche, 1. Auflage, Hannover, 2010
  • Fehl- und Frühgeburten, B. Sommerhoff, Rowohlt, 1. Auflage, Hamburg, 1993
  • Presse-Information: "Kinderärzte warnen: Tabakkonsum in der Schwangerschaft schädigt nachhaltig Gesundheit des Ungeborenen und grenzt an Kindesmisshandlung" vom 23. Mai 2012
  • Warum Schwangere nicht umkippen..., V. Ragosch, B. Zebothsen, Südwest, 1. Auflage, München, 2009
  • Wir wünschen uns ein Baby, Z. West, Dorling Kindersley, 1. Auflage, London, 2008
  • Dachverband der unabhängigen Eltern-Kind-Zentren (28.05.2020)
  • Rauchertelefon (28.05.2020)

Autor:in:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

28. Mai 2020

Erstellt am:

27. April 2014

Stand der medizinischen Information:

28. Mai 2020

Mehr zum Thema

Derzeit aktuell

Neueste Beiträge