Sport in der Stillzeit

Frau macht Yoga mit ihrem Baby
Auch während der Stillzeit können Frauen Sport betreiben.
© Evgeny Atamanenko / Shutterstock.com
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Nach der Geburt hat sich der weibliche Körper eine Pause verdient. Doch während der Stillzeit kann sportliche Betätigung langsam wieder aufgenommen werden.

Medizinische Expertise

Barbara Mahrhofer

Barbara Mahrhofer

Physiotherapeutin, CranioSacral Therapeutin
Linke Bahngasse 9/10b, 1030 Wien
www.physiotherapie3.at
Medizinische Fachbeiträge auf MeinMed.at werden von 🇦🇹 österreichischen Ärzt:innen und medizinischen Expert:innen geprüft.

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Wenn sich nach der Geburt eines Kindes bei der Mutter wieder die Lust auf Sport einstellt, spricht nichts dagegen, wieder ins Training einzusteigen. Doch statt gleich auf schweißtreibende Workouts zu setzen, sind jetzt erst einmal einige Wochen Rückbildungsgymnastik, leichtes Beckenbodentraining und moderate Bewegung angesagt. Denn erst muss der Beckenboden seine ursprüngliche Kraft wieder erreichen. Auch sonst gilt es einiges zu beachten: So sollte eine verschwitze Brust nach dem Training gewaschen werden bevor wieder gestillt wird, da das Kind sie sonst aufgrund des ungewohnten Geruches verweigern könnte.

Ein Sprichwort besagt, dass ein Bauch, der 9 Monate gedehnt wird, häufig ebenso lange bzw. zum Teil sogar noch länger braucht, um seine ursprüngliche Form wieder zu erreichen. Deswegen sollte beim Trainingseinstieg nach einer Geburt nichts überstürzt werden. In den ersten Tagen und Wochen reichen einfache Übungen für den Beckenboden und moderate Bewegung wie beim Spazieren an der frischen Luft aus. Sobald der Wochenfluss vorbei ist, sind sanfte Sportarten wie Schwimmen oder Radfahren erlaubt. Erst nach und nach kann wieder auf ein normales Training umgestiegen werden. Mit Sportarten, die mit Erschütterungen verbunden sind, wie Joggen und Squash sollte gewartet werden bis der Beckenboden wieder seine ursprüngliche Kraft erreicht hat. Wie lange das dauert ist individuell unterschiedlich.

Bei Frauen, deren Beckenboden im Rahmen der Geburt übermäßig belastet oder sogar verletzt wurde (z.B. bei einem Dammriss oder durch eine Saugglockengeburt), wäre es in jedem Fall sinnvoll und ratsam einen spezialisierten Physiotherapeuten aufzusuchen, um ein gezieltes und individuell angepasstes Trainingsprogramm zu erarbeiten.

Fokus auf den Beckenboden

Der Beckenboden hatte durch das zusätzliche Gewicht von Baby, Fruchtwasser und Plazenta während der Schwangerschaft eine große Last zu tragen und war ziemlich gefordert. Bei der Geburt wird er maximal gedehnt, um das Köpfchen des Babys durchzulassen. Auch die geraden Bauchmuskeln, die sich von den unteren Rippenbögen bis zum Schambein ziehen, klaffen nach einer Geburt oft auseinander.

All diese Veränderungen gilt es nach der Geburt wieder rückgängig zu machen. Denn eine starke Beckenbodenmuskulatur

  • hilft Inkontinenz, wie beispielsweise ungewollten Harnverlust, vorzubeugen

  • hilft eine spätere Gebärmutter- bzw. Blasenabsenkung zu verhindern

  • ist Voraussetzung für ein erfülltes Sexualleben

  • hilft Haltungsschäden oder Kreuzschmerzen vorzubeugen. Sind die Bauch- und Beckenbodenmuskeln zu schwach, kann es zu Haltungsschäden oder etwa Rückenschmerzen kommen.

  • Frühwochenbett (die ersten 10 Tage nach der Geburt): In dieser Zeit wird Bewegung zur Rückbildung der Gebärmutter und als Thrombose-Vorbeugung gemacht.

  • Spätwochenbett (11 bis 14 Tage nach der Geburt): Auch in dieser Phase steht die Kräftigung der Beckenbodenmuskulatur im Vordergrund.

  • 1 bis 3 Monate nach der Geburt: Zu diesem Zeitpunkt kann mit einem speziellem Kurs zur Rückbildungsgymnastik begonnen werden. Sanfte Sportarten wie Schwimmen (nach Ende des Wochenflusses) und Radfahren sind schon erlaubt.

  • 4 bis 6 Monate nach der Geburt: Hält der Beckenboden dicht, kann langsam der Trainingsplan von vor der Schwangerschaft wieder aufgenommen werden. Dann sind auch Sportarten wie Laufen oder Squash wieder erlaubt.

Von der jeweiligen Phase sind auch die Bedürfnisse der Frau und ihres Körpers abhängig.

Die Gebärmutter zieht sich innerhalb der ersten 2 Wochen auf ihre ursprüngliche Größe zurück. In dieser Zeit liegt ein großer Schwerpunkt auf kurzen Übungen, um Thrombosen vorzubeugen. Die Rückbildung der Gebärmutter soll gefördert werden und der Beckenboden aktiviert werden.

Thrombosen vorbeugen

Immer wieder einige Schritte gehen und im Bett die Füße auf- und abrollen, um den Rückfluss des Blutes durch die Venen zu unterstützen und Thrombosen vorzubeugen. In Risikofällen oder nach einem Kaiserschnitt macht das Tragen von Stützstrümpfen Sinn.

Rückbildung der Gebärmutter fördern

In Rückenlage Beine aufstellen, tief ein- und ausatmen und beim Ausatmen den Beckenboden anspannen und den Bauchnabel Richtung Wirbelsäule einziehen.

Die gleiche Übung auch in Seitenlage mit angewinkelten Beinen durchführen, der obere Arm drückt dabei vor dem Körper in die Unterlage.

Es hilft auch, sich zumindest einmal täglich eine halbe Stunde oder länger auf den Bauch zu legen. Das fördert ebenfalls die Rückbildung der Gebärmutter. Ein harter Polster unter dem Bauch stützt die Lendenwirbelsäule und fördert den Wochenbettfluss.

Ökonomisches Bewegen

Beim Aufstehen sollte die Frau sich zuerst seitlich drehen und dann aus dem Bett steigen. Kaiserschnittmütter sollten darauf achten, die Wundregion nicht zu belasten.

11 bis 14 Tage nach der Geburt kann mit kräftigenden Übungen begonnen werden. Dazu z.B. den Beckenboden so anspannen, als ob mit den Beckenbodenmuskeln Kirschkerne aufgepickt werden. Das Sitzen auf einem Kirschkernkissen hilft, sich die Situation leichter vorzustellen. Dabei zwischen sanften und kräftigeren Bewegungen abwechseln.

Wichtig ist es dann vor allem, den Beckenboden in Situationen anzuspannen, in denen er größeren Belastungen ausgesetzt ist wie z.B. beim Heben, Tragen oder sich Strecken, ebenso wie beim Husten und Niesen – hierbei empfiehlt es sich zusätzlich, sich auf die Seite zu drehen!

Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, um an einem Kurs für Muskelstärkung teilzunehmen oder Stunden bei einem auf Rückbildung spezialisierten Physiotherapeuten zu nehmen. Dabei steht noch immer die Kräftigung des Beckenbodens im Vordergrund, aber auch Bauch- und Rückenmuskeln werden gestärkt.

Auch spezielle Pilates- oder Yogakurse für junge Mütter sind geeignet. Wichtig ist, dass der Trainer immer bei den Übungen darauf hinweist, dass der Beckenboden mitangespannt wird.

Beckenboden-Übungen für zuhause: Beckenboden in unterschiedlichen Intensitäten anspannen, dabei mit leichtem Druck beginnen und die Intensität langsam steigern. Anschließend die Anspannung stückchenweise in genau so vielen Etappen wieder lockern.

Bauchmuskeltraining: Auch das Bauchmuskeltraining lässt sich mit leichten Übungen wieder aufnehmen. Sit-Ups und ähnliche Übungen sind allerdings noch fehl am Platz.

Wenn die Frau während des Übens Beckenboden und Bauch anspannen kann, kann sie auf ein normales Trainingsprogramm wechseln. Bei diesem gilt es, gezielt immer Bauch- und Beckenbodenmuskeln mitanzuspannen. Der Beckenboden besteht aus Muskeln und als solcher sollte er auch weiterhin regelmäßig trainiert werden, da er sonst verkümmert.

Bei Ausdauersportarten empfiehlt es sich auch, davor das Baby noch einmal zu stillen. Denn bei großer Anstrengung entsteht Milchsäure. Diese geht in die Muttermilch über und könnte dazu führen, dass das Kind die Brust verweigert, weil sie leicht säuerlich schmeckt. Nach dem Sport sollte die Brust gut gewaschen werden, da der Schweißgeruch das Baby irritieren könnte.

Beckenboden- und Bauchmuskelübungen:

  • Babywippe und Babyschaukel: Sich auf den Rücken legen, Beine anziehen und das Baby auf die Unterschenkel legen und entweder die Unterschenkel auf- und abwippen oder auf die Seite schaukeln. Beckenboden- und Bauchmuskeln anspannen!

  • In den Unterarmstütz gehen, die Fußrücken liegen auf der Matte (ohne Schuhe), beim Ausatmen drückt sich die Frau hoch auf den Vorfuß und wippt. Bauch und Beckenboden sind angespannt, der Rücken darf nicht durchhängen.

  • Seitliche Sit-Ups: Rückenlage, Beine aufstellen, die Fußspitzen hochziehen, die Ferse bleibt am Boden. Dann Oberkörper bis zur Brust zur Seite Richtung rechte Seite anheben, die Fersen drücken gegen den Boden, Beckenboden und Bauch sind angespannt! Die Hände ziehen zur Seite, der Kopf rollt mit nach oben. Auf der linken Seite wiederholen.

In Zeiten, in denen viele Hormone im Spiel sind, wie während des Eisprungs oder der Regel, kann es sein, dass die Frau wieder ein Nachlassen der Beckenbodenmuskulatur spürt. Auch nach starken Erkältungen kann das vorkommen.

  • Bequeme Sportkleidung mit einem gut sitzenden Sport-BH, der das Auf- und Abhüpfen der Brust verhindert. Falls die alte Figur noch nicht erreicht wurde, kann die Trainingskleidung von der Schwangerschaft verwendet werden oder sonst einfach eine Nummer größer tragen als sonst.

  • Für die Beckenboden- und Bauchmuskelgymnastik lohnt sich die Anschaffung einer Gymnastikmatte und eines Gymnastikballs.

Solange der Beckenboden geschwächt ist, sollte vor allem auf Sportarten mit großen Belastungen für den Beckenboden verzichtet werden, wie es etwa beim Joggen der Fall ist. Wer sich nicht daran hält, der riskiert eine Senkung von Gebärmutter und Blase. Die Folge ist eine Inkontinenz. Mit sanfteren Sportarten wie Schwimmen (nach Ende des Wochenflusses), Radfahren, Walken, Inlineskaten oder dem Training auf dem Crosstrainer kann relativ bald wieder begonnen werden. Laufen oder andere Sportarten mit Erschütterungen auf den Körper wie z.B. Zumba gehen erst, wenn der Beckenboden seine frühere Kraft erreicht hat.

Ein Belastungstest der Beckenbodenmuskeln verrät, ob die Mutter bereit für einen normalen Trainingsplan ist: Wenn Hüpfen mit voller Blase ohne Harnverlust möglich ist, sind die Beckenbodenmuskeln wieder in Form.

  • Das große Buch zur Schwangerschaft, F. Kainer, A. Nolden, Gräfe & Unzer, 1. Auflage, München, 2009
  • Interview mit Physiotherapeutin Barbara Mahrhofer vom 14.10.2013
  • Rückbildungsgymnastik, , Gräfe & Unzer, K. Schwarz 1. Auflage, München, 2010

Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

2. Oktober 2020

Erstellt am:

2. August 2016

Stand der medizinischen Information:

2. Oktober 2020

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