Vitiligo (Weiße Pigmentflecken, Weißfleckenkrankheit)

Vitiligo am Handrücken
Erste Herde der Vitiligo treten häufig am Handrücken auf.
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Vitiligo ist eine Hauterkrankung, die zur Bildung weißer Flecken auf der Haut führt. Ursächlich sind entzündliche Prozesse im Körper, die Pigmente in der Haut zerstören.

Medizinische Expertise

Adrian Tanew

Univ.Prof. Dr. Adrian Tanew

Facharzt für Dermatologie und Venerologie
Lerchenfelderstrasse 125/7, 1070 Wien
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Vitiligo ist kein rein kosmetisches Problem, sondern eine Autoimmunerkrankung. Das Immunsystem greift den Körper an, in diesem Fall die Pigmentzellen der Haut (Melanozyten). Wie auch bei anderen Hauterkrankungen (z.B. Neurodermitis, Schuppenflechte) können psychische Faktoren eine wesentliche Rolle nicht nur bei der Entstehung der Erkrankung, sondern auch dem Ansprechen auf eine Therapie spielen.

Vitiligo ist nicht ansteckend und verursacht in der Regel keine Symptome, geht aber wegen des Pigmentverlustes mit einer erhöhten Lichtempfindlichkeit einher. Erste Herde bilden sich häufig am Handrücken, im Gesicht oder Genitalbereich. Der Verlauf ist individuell, die weißen Hautareale können sich ausbreiten, verkleinern oder gleich bleiben. Die Sichtbarkeit der Erkrankung geht nicht selten bei den betroffenen Patienten mit einem erheblichen Leidensdruck einher.

  • Bei Vitiligo greift das Immunsystem die Pigmentzellen der Haut an.
  • Die Krankheit verursacht weiße Flecken an einer oder mehreren Stellen am Körper.
  • Die Hautstellen sind lichtempfindlich, verursachen sonst aber zumeist keine Beschwerden.
  • Von vielen Betroffenen wird Vitiligo als ein sehr belastendes kosmetisches Problem empfunden.
  • Vitiligo ist oft nicht komplett heilbar, kann aber zum Teil durchaus erfolgreich mit äußerlichen Therapien, einer Lichttherapie oder chirurgischen Verfahren behandelt werden.

Art

Autoimmunerkrankung

Ursache

unbekannt

Symptome

kalkweiße Hautflecken

Diagnose

klinische Untersuchung, Wood-Licht-Untersuchung

Therapie

Topische Kortikosteroide oder Calcineurininhibitoren, Phototherapie, chirurgische Maßnahmen, Janus Kinase Inhibitoren

Circa 1% der Österreicher leidet an Vitiligo. Die Krankheit kann in jedem Alter ausbrechen, vom Kindes- bis in das Erwachsenenalter, in den allermeisten Fällen aber bereits in den ersten 40 Lebensjahren. Der Verlauf ist individuell sehr unterschiedlich, die betroffenen Hautstellen können sich phasenweise ausbreiten oder verkleinern, in vielen Fällen sind und bleiben jedoch nur wenige Prozente der Körperoberfläche von der Erkrankung betroffen.

Vitiligo gehört zu den autoimmunologischen Erkrankungen, d.h. das Immunsystem greift aus ungeklärten Gründen den eigenen Körper an. Bei Vitiligo werden die Pigmentzellen der Haut (Melanozyten) zerstört. Man weiß, dass es eine genetische Neigung zu Vitiligo gibt, jedoch ist Vitiligo nicht ausschließlich genetisch bedingt. Unterschiedliche äußerliche Einflüsse können Vitiligo auslösen, wie z.B. chemische Substanzen (aggressive Reinigungsmittel, bestimmte Medikamente), mechanische Faktoren (Friktion, Trauma) oder Sonnenbrände. Psychischer Stress, insbesondere bei Kindern, kann ebenfalls zum Ausbruch der Erkrankung führen.

Der Beginn der Erkrankung bleibt meist nicht lange unbemerkt, Betroffene entdecken die weißen Flecken auf der Haut oft erstmals im Sommer, wenn aufgrund der Sommerbräune der Kontrast zwischen der gesunden und erkrankten Haut stärker hervortritt. Kennzeichnend für Vitiligo sind depigmentierte weiße Flecken auf der Haut, die auf das Fehlen bzw. den Untergang von Melanozyten zurückzuführen sind.

Im Wesentlichen unterscheidet man zwischen 2 Arten von Vitiligo:

  • Nicht segmentale Vitiligo: dabei sind mehrere, unregelmäßig verteilte Hautareale betroffen. Dies ist die bei weitem häufigere Variante der Vitiligo, wobei die Ausdehnung und Verteilung der Vitiligoläsionen individuell sehr unterschiedlich ist.
  • Segmentale Vitiligo: dabei ist zumeist nur ein Hautbezirk betroffen, der dem Versorgungsgebiet eines Nerven entspricht (z.B. eine Stirn- oder Wangenhälfte). Dieser Vitiligo Typ findet sich häufiger bei Kindern als bei Erwachsenen.

Erste Herde erscheinen oft am Handrücken, Füßen, im Gesicht oder Genitalbereich. In den betroffenen Hautbereichen fehlt das Pigment Melanin, daher erscheint die Haut weiß. An den Grenzen zur gesunden Haut findet man üblicherweise keine Entzündungszeichen. Innerhalb der depigmentierten Flecken können Pigmentinseln bestehen bleiben oder sich unter einer Behandlung neu ausbilden. Der Krankheitsverlauf ist oft schubhaft, wobei es sowohl zur Rückbildung als auch zum Neuauftreten von Vitiligoherden kommen kann.

Kaum weitere Symptome

Typischerweise verursacht Vitiligo keine Symptome wie z.B. Juckreiz oder Schmerz. Größe und Verteilungsmuster der befallenen Hautstellen variieren, sie sind bei jeder Betroffen:en unterschiedlich ausgeprägt. Die pigmentlosen Hautareale sind vermehrt lichtempfindlich, da der durch das Melanin vermittelte Schutz vor UV Strahlung fehlt. Daher sollten Breitbandsonnenschutzmittel mit einem sehr hohen Lichtschutzfaktor (50) angewendet werden, um einen Sonnenbrand zu vermeiden. Entgegen früherer Annahmen besteht bei Vitiligo Patient:innen aber kein erhöhtes Hautkrebsrisiko.

Vitiligo Patienten leiden gehäuft auch an einer Autoimmun-Schilddrüsenerkrankung (Hashimoto Thyreoiditis). Diese verursacht in der frühen Phase keinerlei Symptome und kann über viele Jahre unbemerkt verlaufen. Daher sollten alle Vitiligo Patienten mittels Blutabnahme (bei der auch die Schilddrüsen-Autoantikörper bestimmt werden müssen) auf das Vorliegen einer Schilddrüsenerkrankung untersucht werden.

Beeinflussung der Lebensqualität

Vitiligo ist für die Betroffenen in erster Linie ein kosmetisches Problem, welches eine große psychische Belastung darstellen kann. Psyche, Alter, der Hauttyp, die Erkrankungsdauer und Erkrankungsaktivität sowie die Verteilung und Ausdehnung der Vitiligo Herde haben maßgeblichen Einfluss darauf, wie belastend die Krankheit empfunden wird. Manche leiden sehr darunter, andere kommen mit der Erkrankung gut zurecht. Für viele Patient:innen ist der Leidensdruck aber groß.

Durch die klinische Untersuchung kann ein erfahrener Dermatologe in den meisten Fällen rasch feststellen, ob es sich bei den weißen Flecken auf der Haut um Vitiligo handelt. Es gibt eine Reihe von anderen Hauterkrankungen, die ebenfalls zu Pigmentverlust führen können wie z.B. eine Pilzerkrankung oder ein Ekzem, diese sind aber üblicherweise leicht von Vitiligo zu unterscheiden.

In fraglichen Fällen und bei Patient:innen mit einem sehr blassen Hautkolorit kann die Diagnostik durch Verwendung einer speziellen Untersuchungslampe, dem Wood Licht (Blaulicht), verbessert werden. Bei der Betrachtung der Haut mit diesem Licht stellen sich die betroffenen Hautstellen verstärkt dar.

Bei kleineren depigmentierten Hautstellen am Körper erfolgt die Behandlung mit äußerlich angewandten modernen Kortikosteroiden, im Gesichts- und Halsbereich können mit Calcineurininhibitoren (Tacrolimus, Pimecrolimus) in Form einer Salbe (Tacrolimus) oder Creme (Pimecrolimus) oft sehr gute Ergebnisse erzielt werden. Bei größerem oder sich rasch ausbreitendem Befall der Haut kann eine Phototherapie mit Schmalband UVB durchgeführt werden, die in der Regel zweimal pro Woche erfolgt. Die Therapiedauer kann sich je nach Ansprechen auf die Bestrahlung über viele Monate erstrecken. Durch diese Behandlungen kann nicht selten eine wesentliche oder komplette Repigmentierung der Haut erzielt werden, allerdings kann es nach Monaten oder Jahren zu einem Wiederauftreten der Erkrankung kommen.

Eine völlig neue Therapieform, die unmittelbar vor einer breiten Anwendung steht, sind die Janus Kinase Inhibitoren, welche sehr effektiv die fehlregulierte Immunantwort unterdrücken und als äußerliche Zubereitungen oder in Tablettenform zur Anwendung kommen. Die erste für die Therapie der Vitiligo zugelassene Substanz aus dieser Wirkstoffgruppe ist Ruxolitinib, welche 2023 als 1.5% Creme auf den Markt kommen wird.

Ist die Erkrankung stabil und umschrieben, stehen auch chirurgische Methoden zur Verfügung, wobei es unterschiedliche Verfahren gibt. Bei der am häufigsten angewendeten Methode werden Zellsuspensionen aus entnommener gesunder Haut hergestellt und nachfolgend in die von Vitiligo betroffenen Hautareale transplantiert. Durch diese Technik können dauerhafte und kosmetisch ausgezeichnete Resultate erzielt werden. Rückfalle können auch nach einer Pigmentzelltransplantation vorkommen, sind aber selten.

Kompetente und einfühlsame Beratung durch eine Fachärzt:in ist das Wichtigste. Lassen Sie sich von ihr aufklären und nutzen Sie das Repertoire der Möglichkeiten zur Behandlung.

Mittels Camouflage, wobei es spezielle Produkte für Vitiligo gibt, oder Selbstbräuner können die weißen Flecken kosmetisch abgedeckt oder deren Sichtbarkeit abgeschwächt werden.

Da die betroffenen Hautstellen stärker UV-empfindlich sind, ist die konsequente Anwendung von Sonnenschutzmitteln mit hohem Lichtschutzfilter anzuraten, um insbesondere bei längerem Aufenthalt in der Sonne (Urlaub, Sport) einen Sonnenbrand zu vermeiden.

Kontakt zu anderen Vitiligo Patient:innen kann über eine Selbsthilfegruppe (z.B. Deutscher Vitiligo-Bund e.V.) aufgenommen werden. Dort lernen Sie andere Betroffene kennen und haben die Möglichkeit, sich über Probleme, Anliegen und Therapieerfolge auszutauschen.

  • Interview mit a.o. Univ. Prof. Dr. A. Tanew, Medizinische Universität Wien, Referenzarzt der Wiener Vitiligo-Selbsthilfegruppe am 21.02.2014
  • Vitiligo, M. Picardo et al., Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, 2010
  • Karin U. Schallreuter, MD, in AUTOIMMUNE DISEASES OF THE SKIN, Pathogenesis, Diagnosis, Management, Springer Verlag, 2. Auflage, Wien, 2005
  • Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen, S. Andreae et al., Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2008

Autor:in:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

28. Mai 2020

Erstellt am:

25. März 2014

Stand der medizinischen Information:

15. Mai 2023

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