Cannabis als Medizin: 12 Fragen

Arzt hat Hanfblatt in der Hand.
Synthetisches THC und andere Cannabis-Wirkstoffe werden nicht direkt aus Cannabis gewonnen, sondern im Labor hergestellt.
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"Gras" als effektives Medikament bei Depression, Krebs und Co? Gesundheitliche und rechtliche Aspekte von Cannabis als Medizin im Überblick.

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Das Thema Cannabis regt zur Diskussion an: Nebenwirkungsfreies Allheilmittel, sagen die einen – gefährliche Droge, sagen die anderen. Cannabis ist in Österreich eigentlich illegal: Bestimmte Auszüge aus der Pflanze dürfen aber, streng reguliert, von Ärzten verschrieben werden. Andere Länder handhaben medizinisches Cannabis wesentlich lockerer und erlauben den Konsum der ganzen Pflanze. 12 Fragen und Antworten zum Thema Cannabismedizin: Wo sie eingesetzt werden kann, wie sie wirkt und für wen sie ungeeignet ist.

"Gras" zu rauchen beschreibt den freizeitmäßigen Gebrauch der Cannabispflanze. Durch einen Verbrennungsprozess werden verschiedene Inhalts- und Wirkstoffe der Pflanze inhaliert. Dabei entstehen Verbrennungsrückstände, die die Atemwege schädigen. Cannabiskonsum ist in Österreich aufgrund des Suchtmittelgesetzes illegal. Auch für einen medizinischen Gebrauch ist Cannabis laut §14, Abschnitt 3 der Suchtgiftverordnung nicht zugelassen. Dennoch dürfen synthetisch hergestellte (Einzel-)Wirkstoffe der Cannabispflanze, wie THC, per Rezept verschrieben werden.

Synthetisches THC und andere Cannabis-Wirkstoffe werden nicht direkt aus Cannabis gewonnen, sondern im Labor hergestellt. Deshalb sind sie, im Gegensatz zu natürlichem "Gras", legal – sofern sie von einem Arzt verschrieben werden. Cannabis-Wirkstoffe sind legal ausschließlich in Apotheken und nur auf Rezept erhältlich.

Bei diesen Beschwerden und Krankheiten ist die Wirkung von Cannabis belegt:

Ein behandelnder Arzt kann feststellen, ob Cannabismedikamente für Sie in Frage kommen. Bei der Verschreibung werden die Krankengeschichte, vorangegangene Therapien, etc. mit berücksichtigt.

Cannabismedikamente wirken sowohl auf körperliche, als auch auf psychischer Ebene:

  • Hellen Stimmung auf
  • Hemmen Schmerzen
  • Entspannen Muskeln
  • Erweitern die Bronchien
  • Senken den Augeninnendruck
  • Fördern Appetit / hemmen Übelkeit

Für einen therapeutischen Erfolg fließen mehrere dieser Aspekte ein. Bei chronischen Schmerzen wirkt das Medikament direkt auf die Nervenleitbahnen, indem Schmerzimpulse gehemmt und die Muskeln entspannt werden. Gleichzeitig wird auch die Stimmung verbessert, was zu einem besseren Umgang mit der Schmerzerkrankung auf einer psychischen Ebene führt. Langfristig treten so Schmerzen oft auch nach Therapie-Ende seltener oder sogar gar nicht mehr auf. Der Grund: Der Körper war jahrelang Schmerzen gewohnt und hat ein "Schmerzgedächtnis" entwickelt. Dieses kann durch die psychische Wirkung von Cannabismedikamenten wieder verlernt werden.

Das Rauchen von Cannabiswirkstoffen ist die ungesündeste Darreichungsform und wird daher medizinisch nicht empfohlen.

So wird Cannabismedizin eingenommen:

  • In Öl gelöst tröpfchenweise auf die Zunge gelegt
  • In Kapseln zum Schlucken abgefüllt
  • Verdampft und inhaliert

Im freizeitmäßigen Gebrauch schätzen Nutzer das "High", das Gras ihnen liefert: Die berauschende Wirkung. Im therapeutischen Gebrauch sind Cannabiswirkstoffe so dosiert, dass dieses "High" gar nicht oder nur in stark abgeschwächter Form auftritt. Cannabismedikamente machen auch nach jahrelangem Gebrauch nicht süchtig. Eventuelle Nebenwirkungen, wie eine momentan geschwächte Konzentrationsfähigkeit, verschwinden vollständig, sobald das Medikament abgesetzt wurde. Meist ist medizinisches Cannabis aber so dosiert, dass es kaum zu einer Beeinträchtigung kommt.

Häufig sind es Patienten, die auf ihren Arzt zukommen mit der Bitte, ihnen Cannabismedikamente zu verschreiben. Oft haben sie schon einen langen Therapieweg mit mäßigem oder gar keinem Erfolg hinter sich und sind deshalb bereit, ungewöhnliche Ansätze auszuprobieren. Für viele stellen Cannabismedikamente eine letzte Möglichkeit dar. Manchmal schlagen auch Ärzte diese Therapie vor, wenn herkömmliche Medikamente nicht zu wirken scheinen. Sie stellen dann ein speziell gekennzeichnetes Suchtmittelrezept aus, über das Patienten maximal 1 Monatsvorrat an Cannabismedikamenten beziehen können. Dieses Privatrezept kann in spezialisierten Apotheken eingelöst werden.

Bei manchen Beschwerden und Erkrankungen wirken Cannabismedikamente besser als herkömmliche Medikamente und/oder haben weniger Nebenwirkungen. Dennoch werden sie vergleichsweise selten verschrieben. Einerseits besteht noch Aufklärungsbedarf über Cannabismedikamente: THC und andere Wirkstoffen sind mit vielen Vorurteilen verbunden, die Ärzte und Patienten verunsichern. Manche Ärzte befürchten auch, durch das Verschreiben von Cannabismedizin ihrem Ruf zu schaden und so andere Patienten zu verlieren.

Cannabismedikamente sind in den meisten Fällen Privatleistung. Ein Monatsvorrat kostet zwischen 150 und 500 Euro, je nach verschriebenem Präparat und Dosierung. In Fällen schwerwiegender, chronischer Erkrankungen übernehmen Krankenkassen manchmal auf Anfrage die Kosten. Sie entscheiden von Fall zu Fall separat.

Cannabis kann in jeder Altersgruppe eingesetzt werden. Bei Kindern mit Tourette-Syndrom oder manchen heftigen epileptischen Erkrankungen wirkt Cannabis sehr effektiv. Niedriger dosiert kann es bereits bei Kleinkindern angewandt werden. Auch im hohen Alter kann Cannabismedizin bedenkenlos eingesetzt werden.

Wie viele andere Medikamente auch, sind Cannabiswirkstoffe nicht für alle Menschen geeignet. Diese Personengruppen sollten Cannabismedizin in der Regel nicht verwenden:

  • Schwangere Frauen
  • Stillende Frauen
  • Menschen mit Herzerkrankungen
  • Menschen mit Psychosen / Schizophrenie

Eine genaue Absprache mit dem behandelnden Arzt ist hier entscheidend. Cannabismedizin lässt etwa direkt nach der Einnahme die Herzfrequenz steigen, senkt aber langfristig den Blutdruck. Deshalb kann nicht pauschal von einer Einnahme bei Herzerkrankungen abgeraten werden: Chancen müssen mit Risiken aufgewogen werden.

In den USA ist es Sache der einzelnen Bundesländer, ob Cannabis (als Medizin) legal ist. In manchen Bundesländern ist die gesamte Cannabispflanze – nicht nur einzelne Wirkstoffe – (medizinisch) erlaubt. Innerhalb der EU ist Cannabis sehr unterschiedlich reguliert. In Deutschland etwa gab Marlene Mortler, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, kürzlich an, schwerkranken Menschen den Zugang zu Cannabis erleichtern zu wollen. Ihr Ziel sei in Zukunft mehr Menschen den Zugang zu Cannabis als Medizin ermöglichen. Viele Befürworter der Cannabismedizin in Österreich fordern, dass die gesamte Cannabispflanze therapeutisch eingesetzt werden darf – und nicht nur synthetisch hergestellte Einzelwirkstoffe. Dadurch würden therapeutische Effekte weiter gesteigert.

  • Interview mit Dr. Kurt Blaas, Arzt für Allgemeinmedizin und Obmann der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin am 13.03.2015

Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Erstellt am:

18. März 2015

Stand der medizinischen Information:

18. März 2015

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