Zöliakie (Glutenenteropathie)

Frau lehnt Brot ab
Der strenge Verzicht auf Gluten führt dazu, dass die Beschwerden mit der Zeit abklingen.
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Zöliakie ist nicht heilbar, jedoch ermöglicht eine glutenfreie Ernährung ein beschwerdefreies Leben. Es handelt sich dabei um eine Unverträglichkeitsreaktion auf das Klebereiweiß Gluten.

Medizinische Expertise

Thomas Haas

Dr. Thomas Haas

Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie und Hepatologie
Siezenheimerstraße 39a, 5020 Salzburg
www.darmpraxis.at
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Unbehandelt entsteht durch die Unverträglichkeit eine chronische Erkrankung des Dünndarms: Gliadin, ein Bestandteil des Proteins Gluten im Weizen beschädigt die Dünndarmzotten. Dadurch kann der Körper wesentliche Nährstoffe wie Fette, Eiweiß, Kohlenhydrate, Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine nicht mehr aufnehmen.

  • Mögliche Symptome der Zöliakie sind Durchfall, Gewichtsverlust und Übelkeit.
  • 60 % der erwachsenen Betroffenen haben aber keine oder nur milde Bauchsymptome, sodass man danach mit speziellen Bluttests suchen muss.
  • Bei Kindern können durch Zöliakie u.a. Wachstumsstörungen und starke Gewichtsabnahme auftreten.
  • Einen Zöliakie Test gibt es in dem Sinne nicht – Antikörpertests und Gewebeproben aus dem Dünndarm verschaffen Klarheit.
Art Autoimmunerkrankung
Ursachen Genetische Veranlagung
Symptome Durchfall, Gewichtsverlust, Übelkeit, Blähungen, Mangelerscheinungen, Müdigkeit, Blässe, Hautveränderungen
Diagnose Antikörpertests, Entnahme einer Gewebeprobe zur Prüfung der Beschaffenheit der Darmzotten
Therapie Glutenfreie Diät

Laut den Informationen der "Österreichischen Arbeitsgemeinschaft Zöliakie" schätzt man, dass in Österreich etwa 1-2 % in der Bevölkerung von der Erkrankung betroffen sind, wobei davon auszugehen ist, dass von 10 Zöliakie-Betroffenen nur 2 diagnostiziert sind. 

Die Erkrankung kann sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern auftreten. Häufiger betroffen sind Frauen und Mädchen. Zudem können auch Erbfaktoren eine Rolle spielen: Die Wahrscheinlichkeit einer Zöliakie ist bei Geschwistern, Eltern und Kindern von Betroffenen 10 bis 15 Mal höher.

Die Veranlagung für Zöliakie wird vermutlich vererbt. Bei der Zöliakie aktiviert das Immunsystem Antikörper gegen Gluten, genauer gegen den Glutenbestandteil Gliadin und bestimmte Glutenine. Diese stammen vor allem aus:

  • Weizen 
  • Roggen 
  • Hafer 
  • Gerste

Diese Eiweißsubstanzen können nicht in ihre Bestandteile zerlegt und verarbeitet werden. Sie bleiben im Darm liegen, wodurch Entzündungen entstehen und die Darmzotten im Dünndarm geschädigt werden. Bestimmte Nährstoffe können im Darm nicht mehr aufgenommen werden. Es kommt zu Verdauungsstörungen und durch fehlende Nährstoffe zu Mangelerscheinungen, Gewichtsabnahme und Blässe. 

Andere Autoimmunerkrankungen wie Diabetes Typ 1 sowie bestimmte Schilddrüsenerkrankungen kommen bei Zöliakie häufiger vor. Dermatitis herpetiformis Duhring – eine bläschenbildende Hauterkrankung – ist immer mit dem Vorliegen einer glutensensitiven Enteropathie assoziiert. 

Gluten ist ein Eiweiß und findet sich in erster Linie in Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel, Grünkern und Kamut. Gluten kommt aber auch in vielen Lebensmitteln wie zum Beispiel Müsli, Joghurt, Bier oder Schokolade mit Waffeln vor.

Bei Erkrankungen, bei denen der Konsum von Getreide körperliche Beschwerden verursachen kann, unterscheiden Fachleute zwischen folgenden Formen:

Zöliakie Ist eine Autoimmunerkrankung, bei der die Dünndarmschleimhaut durch die Unverträglichkeit von Gluten beschädigt wird. Antikörper der Klasse IgA können bei einer Blutuntersuchung als Immunreaktion nachgewiesen werden.
Weizenallergie Hierbei handelt es sich um eine Allergie, die eine sofortige, rasche Reaktion auslöst und Symptome im Magen-Darm-Trakt oder Hautausschläge verursachen kann. In seltenen Fällen kann sie auch zu einem anaphylaktischen Schock führen. Sie kommt im Vergleich zur Zöliakie wesentlich seltener vor. Für die Diagnostik kann eine Blutuntersuchung (Nachweis von Antikörpern der Klasse IgE) oder auch ein Pricktest verwendet werden.
Nicht-Zöliakie-bedingte 
Weizensensitivität
Meist sind die Symptome ähnlich wie bei Zöliakie. Es kommt jedoch zu keiner Veränderung im Dünndarm und auch Antikörper im Blut sind nicht nachweisbar. Da es derzeit noch keine aussagekräftigen Parameter gibt, kann eine Diagnose nur nach Ausschluss einer Zöliakie und Weizenallergie gestellt werden.

Trotz Schädigung des Dünndarms kann eine Zöliakie symptomlos verlaufen. Viele Erwachsene haben keine oder nur wenige Beschwerden. Häufig auftretende Symptome sind:

  • klassische Symptome im Magen-Darmtrakt wie Durchfall, Übelkeit, Blähungen
  • Mangelerscheinungen z.B. Eisenmangel
  • Osteoporose
  • Müdigkeit, Blässe
  • Gewichtsverlust
  • Stuhlunregelmäßigkeiten
  • Hautveränderungen wie symmetrisch auftretende juckende Bläschen vor allem an Ellenbogen, Knien, und Gesäß
  • Zahnschmelzdefekte

Die meisten Zöliakiepatient:innen erfahren von ihrer Erkrankung, weil sie schon in der Familie aufgetreten ist oder aufgrund von Eisenmangel, einer verstärkten Neigung zu Osteoporose oder im Zuge einer Gastroskopie. Bei erstgradigen Verwandten eines Zöliakie-Betroffenen (Geschwister, Eltern, Kinder) ist es sinnvoll, das Blut auf Antikörper zu untersuchen.

Häufige bis gelegentliche Folgen, wenn eine Zöliakie nicht behandelt wird, sind: 

Bei Kleinkindern können folgende Symptome auftreten, diese zeigen sich meist am Ende des ersten oder am Beginn des zweiten Lebensjahres:

  • mangelndes Wachstum, abnehmender Appetit, Gewichtsverlust
  • Durchfall, der massig fettige Stuhl ist übel riechend
  • Aufgeblähter Bauch, Bauchschmerzen
  • auffallende Blässe, dunkle Augenringe
  • Arme und Beine sind mager

Bei älteren Kindern kann sich die Pubertät verzögern.

Wichtig ist: Niemals eine Diät zu beginnen, bevor die Diagnose gesichert und eine Zöliakie ausgeschlossen ist! Unter glutenfreier Ernährung kommt es zu einer Normalisierung der Blut- und Gewebeveränderungen. Eine Zöliakie kann dann nicht mehr mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden.

Folgende Untersuchungen sind für eine Zöliakie-Diagnostik notwendig:

  • Blutbild/Antikörpertests
  • Entnahme einer Gewebeprobe

Blutbild/Antikörpertests: Zunächst wird über Laborbefunde das Blutbild, der Nährstoff-Status von Eisen, Gesamteiweiß, Kalzium, Vitamin B 12, Vitamin D und Folsäure erhoben. Weiters bringen spezielle Antikörpertests der Klasse IgA (EMA, Tissue-Transglutaminase-Ak) den Nachweis, dass spezifische Antikörper gegen Gluten vorhanden sind.

Entnahme einer Gewebeprobe: Bei Vorliegen eines positiven Antikörper-Befundes wird bei älteren Kindern und Erwachsenen eine Biopsie aus dem Zwölffingerdarm im Zuge einer Magenspiegelung (Gastroskopie) durchgeführt. Im Rahmen der Untersuchung wird dem oberen Dünndarm eine Gewebeprobe schmerzlos entnommen - auf diese Weise ist Zöliakie schließlich anhand der Beschaffenheit der Darmzotten eindeutig feststellbar. Bei Kleinkindern ist keine Biopsie erforderlich, ein Antikörpertest und eine klinische Untersuchung ist ausreichend für die Diagnostik.

Ist der Befund positiv, ist der einzige Weg zur Beschwerdefreiheit eine lebenslange Diät. Zöliakie "heilt" zwar aus, aber nur unter bleibender glutenfreier Diät. Der strenge Verzicht auf Gluten führt dazu, dass die Beschwerden mit der Zeit abklingen. Bis sich die Darmschleimhaut wieder regeneriert, kann es jedoch bis zu 2 Jahre dauern. Bei Kindern geht es etwas schneller.

Spezielle Diätpläne, die von Ärzt:innen oder Diätolog:innen nach sicherer Diagnose erstellt werden, erleichtern den Alltag und verhindern eine Mangelernährung: So ist Gluten ebenso wie entsprechende Proteine in den anderen üblichen Mehlgetreidesorten, wie Gerste, Roggen, Dinkel, Grünkern, Kamut etc. zu meiden. Unverträglich sind die bestimmten Getreideeiweiße, so genannte Prolamine, etwa Gliadin im Weizen, Secalin im Roggen, Hordein in der Gerste und teilweise Avenin im Hafer. Erlaubt sind Hirse, Reis-, Mais- und Kartoffelmehl.

Mittlerweile gibt es schon sehr viele Lebensmittel, die als "glutenfrei" gekennzeichnet sind (oft mit einer durchgestrichenen Weizenähre).

Für ein Leben ohne Beschwerden ist die strikte Einhaltung einer glutenfreien Ernährung notwendig. Damit diese große Umstellung gelingt, ist es wichtig, sich so gut wie möglich mit dem Thema vertraut zu machen. Eine begleitende Ernährungsberatung, aber auch der Austausch in einer Selbsthilfegruppe kann bei Problemen und Fragen im Alltag helfen. 

Zudem sind regelmäßige gastroenterologische Kontrollen und Blutkontrollen erforderlich. Besonders der Antikörperspiegel muss zunächst öfter, dann zumindest einmal jährlich gemessen werden, um unbewusste Diätfehler zu erkennen.


Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

15. Februar 2024

Erstellt am:

9. Dezember 2013

Stand der medizinischen Information:

15. Februar 2024


ICD-Code:
  • K90

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