Anämie

In manchen Fällen der Anämie kann eine Bluttransfusion notwendig sein.
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Eine Anämie – oder Blutarmut – liegt vor, wenn das Blut zu wenige rote Blutkörperchen (Erythrozyten) oder zu wenig roten Blutfarbstoff enthält. Dieser Mangel führt zu einer schlechteren Sauerstoffversorgung des Körpers.

Medizinische Expertise

Michael Pfeilstöcker

OA Univ.-Prof. Dr. Michael Pfeilstöcker, MBA

Facharzt für Innere Medizin, Facharzt für Transfusionsmedizin, Zusatzgebiet Hämato-Onkologie
Webgasse 28, 1060 Wien
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Hämoglobin, der rote Blutfarbstoff, ist Bestandteil der roten Blutkörperchen. Er transportiert den Sauerstoff von der Lunge in den gesamten Körper und nimmt auf dem Rückweg Kohlendioxid zurück zur Lunge, die es ausatmet. Bei einem Mangel an Hämoglobin ist die Sauerstoffversorgung der wichtigen Organe beeinträchtigt, man spricht von Blutarmut oder Anämie. Im Blutbild zeigt sich eine Anämie bei Hämoglobin-Werten unter 12 g/dl bei Frauen und unter 13 g/dl bei Männern. Diese äußert sich durch allgemeine Müdigkeit, eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit, Atemnot und Herzklopfen, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen und Blässe. Eine Anämie kann verschiedene Ursachen haben.

Eisenmangel

Eisen ist unter anderem am Aufbau des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin und damit am Sauerstofftransport im Körper beteiligt. Zu einem Eisenmangel kommt es, wenn Menschen dem Körper über die Nahrung zu wenig Eisen zuführen oder wenn der Darm das Eisen nicht ausreichend aufnimmt. Eine weitere Anämie-Ursache sind stärkere oder wiederholte Blutverluste. Deshalb sind vor allem Frauen im gebärfähigen Alter von einer Eisenmangelanämie betroffen, die aufgrund ihrer Periode regelmäßig Blut verlieren.

Behandlung: Allein durch den Verzehr eisenhaltiger Lebensmittel (Hülsenfrüchte, Nüsse und Ölsamen, grünes Gemüse, Leber, …) ist ein bereits bestehender Mangel nur schwer wieder zu beheben. Zur akuten Behandlung werden eisenhaltige Tabletten oder Injektionen eingesetzt.

Vitamin-B12- oder Folsäuremangel

Die Lebensdauer von roten Blutkörperchen ist mit 120 Tagen relativ kurz. Das Knochenmark muss den Körper deshalb ständig mit neuen roten Blutkörperchen versorgen. Das gelingt jedoch nur, wenn sich die blutbildenden Zellen im Knochenmark vermehren können. Dafür sind das Vitamin B12 und Folsäure notwendig. Bei einer Unterversorgung mit diesen Stoffen wird die Zellteilung im Körper und somit die Erythrozyten-Produktion beeinträchtigt. Schwangere, aber auch Menschen, die viel Alkohol konsumieren, haben einen erhöhten Folsäurebedarf, den sie über die Nahrung nicht immer decken können.

Behandlung: Wie beim Eisenmangel werden auch hier die Speicher mithilfe von Tabletten oder Spritzen aufgefüllt.

Perniziöse Anämie

Diese Form ist ein Sonderfall der Anämie aufgrund eines Vitamin-B12-Mangels. Der Mangel entsteht aufgrund einer Erkrankung, die die Magenschleimhaut angreift. Unter normalen Bedingungen bildet diese einen Botenstoff (Intrinsic Factor), ohne den der Darm das Vitamin B12 in der Nahrung nicht aufnehmen kann. Ohne diesen Botenstoff können auch Menschen, die genügend Vitamin B12 über die Nahrung aufnehmen, dieses nicht verwerten.

Behandlung: Hier sind Vitamin-B-12-Tabletten in der Regel nicht sinnvoll. Der Betroffene muss in regelmäßigen Abständen zum Arzt gehen, um sich das Vitamin spritzen zu lassen.

Renale Anämie

Die Ursache dieser Form ist ein Mangel an Erythropoetin. Dieser Botenstoff wird in der Niere gebildet. Er regt die Produktion der roten Blutkörperchen im Knochenmark an. Bei Nierenerkrankungen schüttet die Niere häufig zu wenig Erythropoetin aus und hemmt somit die Bildung von Erythrozyten. Dialyse-Patienten verlieren bei der Blutwäsche zusätzlich noch Eisen und Folsäure, die für die Blutbildung wesentlich sind.

Behandlung: Bei einer renalen Anämie spritzt der Arzt ein Medikament, das den fehlenden Botenstoff Erythropoetin enthält.

Anämien durch Entzündungen und Tumore - „Anämie der chronischen Erkrankung“

Chronisch entzündliche sowie Tumorerkrankungen gehören ebenfalls zu häufigen Ursachen für Blutarmut. Aufgrund der Erkrankung setzt der Körper Botenstoffe frei, die die Eisenaufnahme im Darm hemmen und die Eisenverwertung für die Bildung des roten Blutfarbstoffes hemmen. Die Zellen im Knochenmark sprechen zudem schlechter auf den Botenstoff Erythropoetin an, der die Bildung roter Blutkörperchen im Knochenmark anregt.

Behandlung: Im Zug der Therapie wird in erster Linie die Grunderkrankung behandelt. Dadurch kann auch die Anämie verbessert werden.

Thalassämie

Der rote Blutfarbstoff Hämoglobin besteht aus vier Untereinheiten, den sogenannten Globinketten. Die Thalassämie ist eine erblich bedingte Störung, welche die Bildung bestimmter Globinketten hemmt. Bei dieser Form der Anämie ist eine veränderte Zusammensetzung des roten Blutfarbstoffes die Ursache, die sich auch auf die roten Blutkörperchen auswirkt. Sie werden in geringer Menge gebildet, sind kleiner als bei gesunden Menschen und haben eine kürzere Lebensdauer.

Behandlung: Je nach Schweregrad ist manchmal Beobachtung ausreichend oder es müssen immer wieder Transfusionen mit roten Blutkörperchen verabreicht, sowie Medikamente gegen die damit verbundene Eisenüberladung eingenommen werden. Die einzige Behandlung, die zu einer definitiven Heilung führen kann, ist die Knochenmarkstransplantation. Diese wird nur bei sehr schweren Verlaufsformen durchgeführt.

Aplastische Anämie

Diese relativ seltene Form ist auf eine starke Schädigung des Knochenmarks zurückzuführen, die eine Bildung von Blutzellen verhindert. Dahinter steckt wahrscheinlich eine Fehlsteuerung des Immunsystems. Die körpereigene Abwehr richtet sich gegen die blutbildenden Stammzellen im Knochenmark. Auch Virusinfektionen oder Strahlung gelten als mögliche Ursachen.

Behandlung: Auch hier hängt die Behandlung davon ab, wie stark die Symptome ausgeprägt sind. In manchen Fällen sind Bluttransfusionen ausreichend. Bei schweren Verläufen kann eine das Immunsystem unterdrückende Therapie notwendig werden, bei einem besonders schweren Verlauf sogar eine Übertragung von Stammzellen eines gesunden Spenders.

Hämolytische Anämien

Es kann aus verschiedenen Gründen dazu kommen, dass der Körper die eigenen roten Blutkörperchen zerstört. Hierbei sind nicht nur die Zeichen einer Anämie sondern auch eine Gelbsucht erkennbar. Meist sind falsch gebildete Antikörper, die sich gegen die Erythrozyten richten, die Ursache.

Behandlung: Um die Bildung falscher Antikörper zu stoppen wird eine das Immunsystem unterdrückende Therapie verabreicht (zu Beginn meist Cortison)

Weitere seltenen Anämieursachen

Sollte keine der oben angeführten Anämieursachen feststellbar sein, wird Ihr Arzt in weiteren Untersuchungen feststellen können, ob andere seltene Anämieformen vorliegen oder die Anämie im Rahmen einer generellen Bluterkrankung besteht. Meist sind in diesem Fall nicht nur die roten Blutkörperchen sondern auch die weissen und Blutplättchen von Veränderungen betroffen.


Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

16. November 2022

Erstellt am:

6. August 2018

Stand der medizinischen Information:

16. November 2022


ICD-Codes:
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  • D51
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  • D53
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