Dieser Artikel ist Teil des Gesundheitsfensters SCHWERHÖRIGKEIT
Mit einem Cochlea-Implantat hören dessen Träger wieder Geräusche und Stimmen aus der Umgebung. Dieses Erlebnis beschreiben viele als einen besonderen Glücksmoment. Allerdings ist Hören nicht gleichbedeutend mit Verstehen. Nach dem Einsetzen des Implantats folgt ein längerer Prozess, indem gelernt wird, die wahrgenommenen Höreindrücke nach und nach wieder richtig zu unterscheiden, zuzuordnen und zu deuten.
Ein paar Tage bis Wochen nach der Operation erfolgt die Erstanpassung, bei der der außen getragene Sprachprozessor zum ersten Mal eingeschaltet wird und somit erste Höreindrücke möglich werden. In den darauffolgenden Wochen wird die Einstellung des Sprachprozessors nach und nach optimiert – die Lautstärke geregelt und andere Parameter fein justiert. Dies geschieht durch einen Audiologen oder einen CI-Techniker. Sobald ein gutes Lautstärke-Level erreicht ist, kann mit der Rehabilitation begonnen werden. Logopäden bieten ein spezielles Hörtraining an, das darauf beruht, dass die neuen Höreindrücke mit bereits Bekanntem verknüpft werden. So lernen CI-Träger nach und nach, Geräusche zu unterscheiden und Sprache zu verstehen. Wichtig ist dabei, dass CI-Träger auch regelmäßig, am besten täglich, selber üben. Ein mehrwöchiger Aufenthalt in einer speziellen Rehabilitationseinrichtung kann diesen Prozess noch zusätzlich unterstützen.
Schon ein kurzer Spaziergang durch die Wohnung bietet eine vielfältige Geräuschkulisse – achten Sie ganz bewusst darauf, wie es sich anhört, wenn Sie Türen öffnen und schließen, ein voller Müllbeutel zugeschnürt wird, Töpfe und Besteck klappern oder der Wasserhahn aufgedreht wird. Eine kleine Tour durch die Stadt wartet mit weiteren neuen Höreindrücken auf – Baustellen, Autos, Kindergeschrei oder das Treiben auf dem Wochenmarkt. Sehr schön ist natürlich ein Spaziergang in der Natur, mit plätscherndem Wasser, Wind in den Bäumen und Vogelgezwitscher, Hundegebell und Entengequake.
Lassen Sie sich von Freunden und Familienmitgliedern aus der Zeitung oder Büchern vorlesen, während Sie den Text mitlesen. Gedichte und Texte, welche Sie schon von früher kennen, sind ein guter Start – ihr Gehirn kann dann leichter die gehörten Worte mit der Erinnerung verbinden. Später bieten sich dann neue Texte und Bücher an, welche in einfacher Sprache gehalten sind. Mit fortschreitendem Erfolg können Sie sich auch an kompliziertere Texte wagen, welche beispielsweise eine hohe Zahl an Fremdwörtern oder Eigennamen enthalten.
Wenn Sie keinen Vorleser zur Stelle haben, sind Hörbücher eine gute Übungsmöglichkeit. Wählen Sie Hörbücher in der ungekürzten Form, bei denen Sie nebenher den exakten Text mitlesen können. Manche Anbieter bieten den geschriebenen Text als pdf-Datei an oder es gibt das Buch dazu, welches Sie sich selbst besorgen können. Achten Sie bei Hörbüchern auf eine gute Wiedergabequalität und auf möglichst wenig Nebengeräusche. Eine musikalische Untermalung zum Beispiel ist für den Anfang eventuell eher störend.
Nutzer eines Cochlea-Implantats nehmen Musik oft anders wahr und empfinden das Musikhören nicht als genussvoll. Musik hören mit einem Cochlea-Implantat kann aber gelernt und geübt werden! Es gibt viele motivierende Berichte von Musikern, Musik-Liebhabern und -Lehrern mit CI, in deren Leben Musik einen wichtigen Stellenwert einnimmt. Durch gezieltes Hör- und Musiktraining kann mit Geduld und Zeit wieder ein gutes Musikgehör erlangt werden. Es gibt zu diesem Zweck eine Vielzahl an CDs, Hörbüchern und Apps. Empfehlenswert ist es, zuerst bekannte Melodien und Instrumente zu hören, um das Klangempfinden zu schärfen. Tasten Sie sich langsam vor – vom Klang eines einzelnen Instruments bis hin zu komplexeren Arrangements. Sich über Musik mit dem Hören auseinanderzusetzen unterstützt auch das allgemeine Sprachverständnis.
Mittlerweile gibt es auch mehrere von Experten entwickelte Apps, welche gezielte Hörübungen anbieten. Oft kann der eigene Fortschritt gespeichert werden und beim nächsten Öffnen der App genau da angeknüpft werden. Das motiviert und bestärkt CI-Träger darin, dran zu bleiben und kontinuierlich zu üben. Informieren Sie sich über die Funktionen der verschiedenen Apps und nützen Sie dieses Angebot.
Sich mit unterschiedlichen Methoden und über verschiedene Kanäle mit seinem Hörempfinden auseinanderzusetzen lohnt sich! Stetige Übung und der bewusste Versuch, Klänge zuzuordnen und zu unterschieden, kann auch in den Alltag eingebaut werden. Somit haben Sie viele Möglichkeiten, Ihre Hörentwicklung aktiv zu unterstützen, um möglichst bald die faszinierende akustische Welt wieder in allen Facetten wahrzunehmen.