Eine Einteilung kann getroffen werden in entzündliche (z.B. Arthritis), nicht-entzündlich rheumatische (z.B. Arthrose) bzw. stoffwechselbedingte rheumatische (z.B. Gicht) Erkrankungen, jeder 3. wird hierzulande im Laufe seines Lebens mit der Diagnose Rheuma konfrontiert. Allerdings warten viele Betroffene zu lange, bis sie einen Arzt aufsuchen, weil sie bei ihren Symptomen nicht an Rheuma denken. Dabei geht wertvolle Zeit verloren, um entzündliche Prozesse einzudämmen und die Lebensqualität zu verbessern.
Rheuma ist wie oft fälschlich angenommen keine Alterserkrankung. Im Gegenteil: Rheumatische Krankheiten können in jeder Altersphase auftreten, jeder dritte Österreicher ist zeitweise mit rheumatischen Beschwerden konfrontiert. Chronisch entzündlich-rheumatische Systemerkrankungen beginnen besonders häufig um das 40. Lebensjahr. Frauen sind meist häufiger als Männer von diesen Rheumaformen betroffen.
Video: Moderne Rheuma-Therapien: Das Immunsystem in die richtigen Bahnen lenken
Priv.-Doz. Dr. Johannes Grisar (Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie, Sanatorium Hera in Wien) erklärt, was Rheuma ist und wie man Arthritis von Arthrose unterscheidet. Er spricht darüber, wie man Rheuma und rheumatoide Arthritis diagnostiziert und behandelt. (August 2020)
Rheuma ist meist mit anhaltenden Schmerzen und Funktionsstörungen des Bewegungsapparats verbunden. Entscheidend dabei ist, dass Rheuma keine einzelne Erkrankung ist, sondern als ein Sammelbegriff für sehr unterschiedliche Leiden verwendet wird. Grob wird zwischen chronisch-entzündlichen Erkrankungen und nicht-entzündlichen rheumatischen Erkrankungen unterschieden:
Chronisch entzündliche rheumatische Erkrankungen
Entzündliches Rheuma weist folgende Symptome auf
Als weitere Gruppe gibt es rheumatische Erkrankungen, die durch eine Stoffwechselstörung bedingt sind, wie die Gicht oder die Pseudogicht. Bei diesen Erkrankungen kommt es oft anfallsartig zu heftigen Schmerzen, Rötungen und Schwellungen in den betroffenen Gelenken. Meist sind lediglich Einzelgelenke betroffen, wie das Grundgelenk der großen Zehe. Andere Stoffwechselerkrankungen wie die seltene Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit) oder eine Schilddrüsenunterfunktion können ebenfalls Gelenk- oder Muskelbeschwerden auslösen.
Die entzündlichen Erkrankungen werden durch Fehlreaktionen des Immunsystems (Autoimmunerkrankungen) hervorgerufen, die entzündliche Prozesse auslösen. Es kommt zu schmerzhaften Veränderungen im Bewegungs- und Stützapparat. Betroffen sind vor allem Gelenke (sie sind schmerzhaft geschwollen), Knochen, die Wirbelsäule, Muskeln, Sehen und Bänder. Es können aber auch die Haut und innere Organe erkranken (Systemerkrankung). Ohne entsprechende Therapie zerstört die Entzündung die Gelenke. Durch Früherkennung und individuelle Behandlung lassen sich schwerwiegende Schäden an den Gelenken und Organen in vielen Fällen verhindern.
Bei den nicht-entzündlich rheumatischen Erkrankungen treten die Entzündungen als Folge der Krankheit auf. Praktisch nie kommen bei diesen Erkrankungen Beteiligungen innerer Organe vor.
Nicht-entzündliche rheumatische Erkrankungen
Nicht-entzündliches Rheuma weist folgende Symptome auf
Bei den meisten Gelenkserkrankungen gehen viele zu ihrem Hausarzt. Wichtige Anhaltspunkte für die Erstdiagnose:
Ein Blutbefund, ein Laborbefund bzw. ein Röntgen geben erste Hinweise auf eine rheumatologische Erkrankung. Wenn der Verdacht auf entzündliches Rheuma besteht, überweist der praktische Arzt an den Rheumatologen. Dieser wird gegebenenfalls weiterführende Diagnostik wie Magnetresonanztomographie, hochauflösenden Gelenkultraschall veranlassen – damit wird eine Entzündung im Gelenk sichtbar. Auch spezielle Laboruntersuchungen können helfen, die Diagnose genauer zu stellen.
Mit welchen Methoden Rheuma behandelt wird, hängt wesentlich von den Ursachen und dem möglichen Verlauf ab. Gelenkbeschwerden auf Grund von altersbedingter Abnutzung (Arthrose) erfordern ein anderes Vorgehen als die Gelenksentzündungen einer rheumatoiden Arthritis. Zusätzlich müssen Risikofaktoren wie sogenannte Autoantikörper (z.B. der "Rheumafaktor") oder Begleiterkrankungen berücksichtigt werden.
Bei den vielfältigen medikamentösen und unterstützenden physikalischen Behandlungsmöglichkeiten geht es in erster Linie darum:
Verschiedene Arzneimittel wirken entzündungshemmend und schmerzstillend:
Es gibt noch eine Reihe von anderen medikamentösen Möglichkeiten, die gezielt auf die jeweilige Rheumaerkrankung abgestimmt sind.
Schmerzenhaben meist einen nachweisbaren Auslöser, bei den entzündlichen-rheumatischen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis ist es die Entzündung, die sehr schmerzt. Bei der Arthrose sind es eher mechanische Gründe wie Abnützungen, Muskelverspannungen, Überbelastung, die zu Schmerzen führen. Ein Grund, möglichst rasch gegen Schmerzen vorzugehen, liegt im "Schmerzgedächtnis" des Gehirns. Länger andauernde (chronische) Schmerzen können Spuren in den Nervenbahnen, im Gehirn und im Rückenmark hinterlassen.
Bei der Schmerztherapie werden als Basistherapie (Stufe 1) nicht-opioide Analgetika (reine Schmerzmittel) eingesetzt. Neben Schmerzcremen, die ihre schmerzstillende und entzündungshemmende Wirkung lokal auf Rücken, Muskeln und Gelenke entfalten, gibt es auch schmerzstillende Medikamente zum Einnehmen.
Wenn diese Medikamente nicht ausreichen, oder nicht vertragen werden, erfolgt eine Kombination mit schwach wirksamen Opioiden (Stufe 2). Erst nach Ausschöpfung dieser Möglichkeiten kommen stake Opioide zum Einsatz. (Stufe 3). Opioide ist ein Sammelbegriff für morphinähnlich wirkende Substanzen.
STUFE 1 | Reine Schmerzmittel (nicht-opioide Analgetika) NSAR (nicht-steriodale Antirheumatika) |
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STUFE 2 | Kombination Nicht-opioide Analgetika + schwach wirksame Opioide |
STUFE 3 | Kombination Nicht-opioide Analgetika + starke Opioide |
Außer den genannten Schmerzmitteln gibt es eine Reihe von Medikamenten, die quasi als "Nebenwirkung" ebenfalls eine schmerzstillende Wirkkomponente aufweisen, wie Antidepressiva, Medikamente gegen Epilepsie oder gegen Parkinson-Erkrankung. Insbesondere bei der Behandlung komplexer chronischer Schmerzzustände sollte an diese Möglichkeit der Schmerztherapie gedacht werden.
Bei Schmerzen, die vor allem an einer einzigen oder einigen wenigen Stellen, wie Einzelgelenken, Muskelansätzen etc. bestehen, sollte auch an eine Infiltration (Injektion mit einem Betäubungsmittel mit oder ohne Kortison) am Ort des Schmerzes oder der Entzündung gedacht werden.
Basis jeder Rheumabehandlung ist Bewegung (Heilgymnastik), wenn nötig auch mit Unterstützung von Schmerzmitteln. Ein spezieller Bewegungsplan berücksichtigt die persönlichen (Schmerz-)Grenzen, die Beweglichkeit der Gelenke lässt sich nur durch regelmäßiges Training erhalten.
Physikalische Therapie regt das Gewebe z.B. durch Wärme, Kälte, elektrische Ströme, Massage und Ultraschall an. Um die Schmerzen zu lindern eignen sich Wärme, Elektrotherapie und Ultraschall; der Kräftigung der Muskeln dienen Krankengymnastik und Elektrotherapie.
Rheumakranke sollten bei ihrer Ernährung darauf achten, wenig Wurst und Fleisch zu essen und dafür lieber zu Fisch greifen. In Schweineschmalz, Innereien, Wurst und Fleisch ist Arachidonsäure enthalten, daraus bildet der Körper die Entzündungsbotenstoffe Prostaglandine. Kaltwasserfische wie Lachs, Makrele oder Hering hingegen sind reich an Omega-3-Fettsäuren. Sie senken den Arachidonsäure-Spiegel im Blut und können dadurch entzündungshemmenden Einfluss haben.
Regelmäßige Bewegung und die Kräftigung der Muskulatur erhalten auch die Gelenke beweglich und können Schmerzen positiv beeinflussen. Bestimmte Bewegungsformen wie Nordic Walken, Schwimmen, Aqua-Gymnastik, Pilates oder die Feldenkrais-Methode sind gelenkschonend, auch spezielles Gruppenturnen mit krankheitsgerechten Übungen hat sich bewährt.
Es gibt auch die Möglichkeit eine Kur bei rheumatischen Erkrankungen in Anspruch zu nehmen.