Down-Syndrom (Trisomie 21)

Mädchen mit Down-Syndrom.
Down-Syndrom ist keine Krankheit, sondern ein "Irrtum der Natur". 9.000 Menschen leben in Österreich mit Trisomie 21.
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Down-Syndrom (Trisomie 21) ist keine Krankheit, sondern eine Abweichung der Chromosomenzahl. Menschen mit Down-Syndrom sind in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung beeinträchtigt. 

Medizinische Expertise

Bettina Baltacis

Dr.in Bettina Baltacis

Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde, Ärztin für Allgemeinmedizin, Homöopathin, Stillberaterin
Reisnerstraße 34/2, 1030 Wien
www.praxisbeimmodenapark.at
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Von Beginn an verläuft die Entwicklung langsamer und in manchen Bereichen auch anders als bei Gleichaltrigen ohne Down-Syndrom. Mit dem Begriff "Down-Syndrom" wird die Trisomie 21, also das 3-fache Vorliegen des Chromosoms 21 in allen Körperzellen bezeichnet, dessen Ursache noch weitgehend unerforscht ist. Es gibt bisher weder bekannte Auslöser noch Einflussfaktoren, die die Entstehung eines Down-Syndroms begünstigen. Es entsteht zufällig während der Zellteilung der Ei- oder Samenzellen und kann theoretisch jede Schwangerschaft betreffen. Studien zeigen jedoch, dass das Risiko mit zunehmendem Alter der Eltern, vor allem der Mutter steigt. In Österreich leben etwa 9.000 Menschen mit Down-Syndrom.

Weltweit leben etwa 5 Millionen Menschen mit Down-Syndrom, 9.000 davon in Österreich. Eine Trisomie 21 kann bereits in der Schwangerschaft im Rahmen der pränatalen Diagnostik festgestellt werden. Während bei Frauen um das 25. Lebensjahr das Risiko, ein Baby mit Down-Syndrom zu gebären bei 1:1000 liegt, haben 35- Jährige ein Risiko von 1:300. Bei einem Großteil, nämlich 50 bis 70 % aller Kinder mit Down-Syndrom, sind deren Mütter jedoch jünger als 35 Jahre, da in dieser Altersgruppe naturgemäß mehr Frauen schwanger sind.

Das Down Syndrom ist keine Krankheit, sondern eine angeborene Eigenschaft. Üblicherweise trägt der Mensch 23 Chromosomenpaare, also 46 Träger von Genen und Erbinformationen in sich. Bei Menschen mit Down-Syndrom ist das 21. Chromosom kein Paar, sondern 3-fach vorhanden. Menschen mit Down-Syndrom zeigen bestimmte körperliche Merkmale, wie u.a.

  • Schräge Augenlid-Achse
  • Häufige Herzfehler (bei etwa 50 % der Neugeborenen), die jedoch zum Teil mit dem Wachstum verschwinden, zu einem anderen Teil operiert werden können
  • Fehlbildungen des Darms, die operiert werden müssen
  • Fehlfunktionen der Schilddrüse (eine Hypothyreose, also Schilddrüsenunterfunktion, kann angeboren, aber auch im Laufe des Lebens erworben sein)
  • verminderte Muskelspannung (muskuläre Hypotonie)
  • Neigung zu Infekten im Atemwegsbereich
  • verzögerte Entwicklung, wobei in den ersten Lebensjahren gegenüber Gleichaltrigen ohne Down-Syndrom ein mäßiger Rückstand in der Bewegungsentwicklung, aber meist ein deutlicherer Rückstand in der Sprachentwicklung auffällt
  • geringeres Wachstum von Länge und Kopfumfang, Risiko für die Entwicklung von Übergewicht
  • kognitive Beeinträchtigung (verzögerte geistige Entwicklung)
  • eingeschränkte Fruchtbarkeit bei Männern
  • gegenüber der Gesamtbevölkerung erhöhte Neigung zu bestimmten Autoimmunerkrankungen, Leukämien und Entwicklung von Alzheimer-Demenz

Nicht alle Merkmale kommen bei allen Kindern gleichermaßen vor, sie können unterschiedlich ausgeprägt sein, kein Mensch mit Down-Syndrom gleicht daher einem anderen, aber alle Menschen mit Down-Syndrom haben Ähnlichkeiten mit ihren Familienmitgliedern.

Vor einigen Jahrzehnten starb noch jedes 6. Kind mit Down-Syndrom im Schulalter. Seither haben sich die allgemeine Gesundheitsvorsorge, aber auch die Operationstechniken, vor allem was das Herz betrifft, bedeutend weiterentwickelt. Heute erreichen Menschen mit Down-Syndrom eine Lebenserwartung um die 70 Jahre.

In vielen Fällen verläuft die geistige Entwicklung bei Menschen mit Down-Syndrom langsamer als bei Menschen ohne diese Chromosomenstörung. Eine Verallgemeinerung ist jedoch nicht zulässig. Viele Kinder lernen gerne, jedoch meist nach ihrem individuellen Tempo. Heute weiß man, dass diese Kinder zu Leistungen fähig sind, die man ihnen vor einigen Jahrzehnten noch nicht zugetraut hat. Wichtig ist dabei jedoch eine frühe Förderung der Kinder, wie beispielsweise durch Logopädie, die ihre sprachlichen Fähigkeiten verbessert. Um motorischen Einschränkungen entgegenzuwirken, bietet sich die Physiotherapie an. Eine Förderung muss auf die Bedürfnisse eingehen und ein liebevolles, respektvolles Umfeld bieten. Meist haben Menschen mit Down-Syndrom eine hohe soziale und emotionale Kompetenz.

Die Ursachen für die genetische Abweichung sind noch ungeklärt. Die Wissenschaft geht davon aus, dass es im Zuge der Zellteilung bei der Entstehung der Ei- oder Samenzelle zu einer Fehlfunktion kommt, von der das Chromosom 21 betroffen ist. Je älter die Eltern, desto höher ist ihr Risiko, dass das Baby mit Down-Syndrom zur Welt kommt. Eine mögliche Begründung dafür ist, dass Eizellen älterer Mütter empfindlicher und störungsanfälliger sind als von jungen Frauen. Das Down-Syndrom ist jedoch keine Krankheit, sondern ein genetischer "Irrtum" der Natur.

Mithilfe der Pränataldiagnostik, also im Zuge verschiedener Untersuchungen der Schwangeren und des Fötus, können bestimmte Anzeichen auf eine Chromosomenstörung erkennbar gemacht werden.

Moderne Diagnoseverfahren sind, um eine Trisomie 21 bzw. Risiken im Vorfeld abzuklären sind:

Biochemische Tests

  • Combined Test: Der Combined Test besteht aus 2 Teilen: Nackenfaltenmessung durch Ultraschall und einer Hormonanalyse im Labor. Wann: Zwischen der 11. und der 14. Schwangerschaftswoche (SSW), Treffsicherheit: 90 %
  • Triple Test: Bluttest aus 3 Hormonen (freies Estriol und beta-HCG, alpha-Fetoprotein). Wann: Ab der 15. SSW, Treffsicherheit: niedriger als Combined Test

Ultraschall

Nackentransparenz-Messung: die Flüssigkeitsansammlung zwischen Haut und Weichteilgewebe im Nackenbereich des Fötus wird mit hoch auflösendem Ultraschall gemessen. Wann: Zwischen der 11. und 14. SSW, Treffsicherheit: 80 %

Invasive Verfahren

  • Fruchtwasserpunktion (Amniozentese):
    Bei der Fruchtwasseruntersuchung wird mit einer Nadel Fruchtwasser aus der Fruchtblase entnommen. Die darin enthaltenen kindlichen Zellen werden im Labor auf ihren Chromosomensatz untersucht. Wann: Zwischen der 15. und 17. SSW, Treffsicherheit: 100 %
  • Gewebeentnahme aus der Plazenta (Chorionbiopsie):
    ambulanter operativer Eingriff, mit einer Nadel werden über die Bauchdecke der Mutter unter Ultraschallkontrolle kindliche Zellen aus dem Mutterkuchen entnommen. Wann: Zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche, Treffsicherheit: 90 %
  • FISH-Schnelltest:
    Fruchtwasserpunktion und Untersuchung der kindlichen Zellen mit Fluoreszenzmethode. Dabei wird der Chromosomensatz kindlicher Zellen mit Fluoreszenz sichtbar gemacht. Wann: ab der 14. Schwangerschaftswoche, Treffsicherheit: 95 %

Umstrittener Bluttest

Eine nicht-invasive Methode, um Trisomie 13, 18 und 21 zu diagnostizieren, bietet ein Bluttest der Mutter. Diese Möglichkeit besteht in Österreich seit August 2012 und ist seither umstritten. Ethiker befürchten, dass damit die Hemmschwelle zur genetischen Selektion von menschlichem Leben weiter gesenkt wird.


Der Bluttest wird ab der 9. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Der Schwangeren werden etwa 10 ml Blut entnommen, daraus wird im Labor Blutplasma gewonnen. Darin liegt sowohl mütterliche als auch kindliche DNA vor. Untersucht werden dabei kleine Stückchen des Erbguts, die bestimmten Chromosomen angehören. Vom gesamten Erbgut gehören etwa 1,25 % der Erbgutstückchen dem Chromosom 21 an. Mit einer speziellen Computersoftware wird die DNA mit der Sequenz menschlichen Genoms abgeglichen. Liegt also der Anteil der Erbgutstückchen, die dem Chromosom 21 angehören über 1,32 %, liegt eine Trisomie vor. Der Test hat hohe Sicherheit, der Befund ist nach etwa 10 Tagen erstellt.

Eine Therapie bei Down-Syndrom gibt es weder vor noch nach der Geburt. Eine Trisomie 21 ist auch nicht zu verhindern oder vorbeugend zu behandeln. die Chromosomenabweichung bleibt unveränderbar.

Behandelbar sind jedoch die unterschiedlichen Symptome, die das Syndrom begleiten. Herzfehler, Darmfehlbildungen können mit Medikamenten behandelt oder – je nach Schweregrad – operiert werden. Auch entsprechende Therapien, wie Physiotherapie oder Ergotherapie wirken sich positiv auf die Entwicklung des Kindes aus. Die geistige Entwicklung und vor allem die Sprachkompetenz kann durch entsprechende Förderung, wie beispielsweise mithilfe der Logopädie günstig beeinflusst werden.

Menschen mit Down-Syndrom sind für einige Erkrankungen besonders anfällig. Eine regelmäßige Kontrolle (Blutbild, Schilddrüse, Zahnarzt, HNO-Arzt) sollten am medizinischen Routine-Programm stehen. Dafür steht seit Anfang 2014 der Down-Syndrom-Gesundheitspass zu Verfügung, der über die Down-Syndrom-Ambulanz der Krankenanstalt Rudolfstiftung bezogen werden kann und auch in der Erstinformationsbox für Eltern eines Babys mit Down Syndrom enthalten ist.

Wichtig ist eine entsprechende Sprachförderung, ein Defizit darin liegt nicht in erster Linie am Intellekt des Menschen, sondern an der den feinmotorischen Fähigkeiten, die ein Artikulieren erschweren. Hier können Logopäden entsprechende Therapieangebote erstellen.

Bewegung und gesunde Ernährung sind wichtige Säulen im Alltag. Ebenso soziale Netzwerke, sportliche und künstlerische Angebote, die den Menschen mit Down-Syndrom mit Gleichgesinnten vernetzen und seinen sozialen Bedürfnissen auch in der Freizeit entgegenkommen. Eine Reihe von Fördereinrichtungen, Selbsthilfegruppen und Netzwerken sind bemüht, die Besonderheit von Menschen mit Down-Syndrom zu unterstreichen und ihnen eine gute Lebensqualität und soziale Integration zu ermöglichen.


Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

13. August 2018

Erstellt am:

5. Januar 2017

Stand der medizinischen Information:

13. August 2018


ICD-Code:
  • Q90

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