Fehlgeburt

Verfrüht einsetzende Blutungen deuten oft auf eine Fehlgeburt hin.
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Ein Kind zu verlieren ist für zukünftige Eltern das wohl am stärksten belastende Lebensereignis. Neben der Trauerbewältigung muss sich auch der Körper der Mutter umstellen.

Medizinische Expertise

René Wenzl

Univ.-Prof. Dr. René Wenzl, MSc

Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe
Liniengasse 40/6, 1060 Wien
www.rene-wenzl.at
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So schön sollte es werden. Endlich zu dritt. Aber dann ging plötzlich alles ganz schnell: Schmerzen, Blutungen, Notarzt. "Fehlgeburt" lautet die Diagnose der Ärzt:innen im Krankenhaus. Eine Diagnose, die den Eltern den Boden unter den Füßen wegzieht und Auslöser von Trauer, Wut oder Schuldgefühlen ist, die ohne Hilfe von außen schwer zu bewältigen sind. Bei etwa 15 Prozent aller Schwangerschaften in Österreich kommt es zu einer Fehlgeburt, in mehr als 70 Prozent der Fälle ist eine Erkrankung des Embryos bzw. Fötus die Ursache. Für betroffene Eltern ist es sinnvoll, das Geschehene mit entsprechender psychologischer Betreuung oder in Selbsthilfegruppen zu verarbeiten.

Endlich schwanger, das Wunschkind wird sehnlichst erwartet. Dann der Schock, die Enttäuschung, die Trauer: eine Fehlgeburt in der 15. Schwangerschaftswoche (SSW). Medizinisch wird das Ende einer Schwangerschaft in diesem Stadium als "Abort" bezeichnet. Dabei differenzieren Mediziner:innen zwischen verschiedenen Arten von Abgängen:

  • Frühabort: Eine Fehlgeburt, die bis zur 16. Schwangerschaftswoche auftritt.
  • Spätabort: Eine Fehlgeburt, die ab der 17. Schwangerschaftswoche stattfindet und bei der das Körpergewicht des Embryos weniger als 500 Gramm beträgt.
  • Totgeburt: Das Körpergewicht des Embryos beträgt mehr als 500 Gramm, aber es liegen keine Lebenszeichen vor.

Oft bleiben Fehlgeburten auch unbemerkt, vor allem wenn sie vor der 8. Schwangerschaftswoche auftreten. Erste Anzeichen einer drohenden Fehlgeburt können vaginale Blutungen, Krämpfe oder ein Blasensprung sein. In diesem Fall sollte sich die Mutter unverzüglich eine erfahrene Gynäkolog:in aufsuchen. Dort wird eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt und kontrolliert, um zu überprüfen, ob die Schwangerschaft intakt ist und ob das Herz des Fötus schlägt.

Mütter, die eine Fehlgeburt hinter sich haben, müssen sich oft einer Kürettage, also einer Ausschabung der Gebärmutter unterziehen. Damit sollen Infektionen oder stärkere Blutungen durch zurückbleibende Plazentareste verhindert werden. Föten, die weniger als 500 Gramm wiegen, sind in der Regel nicht lebensfähig. Meist wird dieses Gewicht zwischen der 22. und 24. Schwangerschaftswoche erreicht. Für betroffene Frauen ist es eine enorme psychische Belastung, wenn das Kind im Mutterleib verstirbt. Hinzu kommt, dass das verstorbene Baby zur Welt gebracht werden muss. Dafür werden meist künstlich Wehen eingeleitet – für die Mutter eine traumatische Situation.

Die Frage nach dem "Warum" stellt sich vielen Eltern. Ängste und Schuldgefühle, aber auch die Furcht vor Problemen in neuerlichen Schwangerschaften sind belastende psychische Faktoren, die bewältigt werden müssen. Häufig suchen Frauen die Schuld bei sich, doch Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Fehl- und Totgeburten in nahezu drei Viertel aller Fälle Erkrankungen des Embryos bzw. Fötus, wie Chromosomenstörungen, Fehlbildungen oder Entwicklungsstörungen vorliegen. Risikofaktoren für Fehl- oder Totgeburten auf Seiten der Mutter sind u.a. Rauchen, übermäßiger Alkoholgenuss während der Schwangerschaft, Fehlbildungen der Gebärmutter, hormonelle Störungen, Plazentaablösung oder Infektionen wie z.B. Listerien oder Toxoplasmose.

Erfahrene Gynäkologinnen und Gynäkologen sowie Hebammen begleiten betroffene Mütter durch die schwierige Zeit, denn auch der mütterliche Körper hat sich auf Schwangerschaft und Geburt vorbereitet und muss sich erst wieder umstellen. So kann, wie bei einer Lebendgeburt, die Milchbildung einsetzen. Für Mütter meist eine schmerzliche Erfahrung, in der sie an den Verlust körperlich erinnert werden. Auch der Beckenboden hat sich in der Zeit der Schwangerschaft verändert, je älter das Kind bei einer Totgeburt war, desto eher ist eine Rückbildungsgymnastik erforderlich.

Aus Rücksichtnahme auf Frauen, die eine Fehl- oder Totgeburt hinter sich haben, gibt es in vielen Kliniken Angebote, Rückbildungskurse mit ebenfalls Betroffenen statt mit lebendgebärenden Frauen zu besuchen. Vielfach bieten diese Kurse nicht nur körperliche, sondern auch psychische Hilfe, sowie Gesprächsmöglichkeiten zum Erfahrungsaustausch.

Der Tod eines Kindes ist für Eltern eines der am meisten belastenden Lebensereignisse. Daher bedürfen diese einer speziellen Betreuung. So etwa wird in den Kliniken üblicherweise die Begleitung einer "stillen Geburt" angeboten. Eine entsprechende Sterbebegleitung, sowie die Bestattung eines tot geborenen Kindes sind Hilfestellungen, die den Abschied in Würde ermöglichen sollen. Eine psychologische Betreuung ist bei der Bewältigung von Tod und Trauer sinnvoll, aber auch Selbsthilfegruppen bieten einen wertvollen Platz für Austausch zwischen Betroffenen.


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Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Erstellt am:

7. August 2017

Stand der medizinischen Information:

7. August 2017


ICD-Codes:
  • O03
  • O06

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