Komplikationen bei der Geburt

Schwangere ist an das CTG angeschlossen
Mit dem CTG
© Kardiotokograph) wird während der Geburt Herztonmuster und Herzfrequenz des Babys kontrolliert. (tiagozr / Fotolia.com
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Leider können nicht alle Geburten natürlich und sanft ablaufen. Selbst ganz plötzlich kann es unter der normalen Entbindung zu Komplikationen bei Mutter oder Kind kommen.

Medizinische Expertise

Barbara Maier

Prim.a Univ.-Prof.in DDr.in Barbara Maier

Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Marktgasse 2/1. Stock, 1090 Wien
ddr-barbara-maier.at
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Durch die moderne Medizin können die meisten Probleme schnell und sicher gelöst werden. Unterschiedliche Maßnahmen, wie Saugglocke oder Geburtszange, können bei Komplikationen helfen, das Baby schnell und sicher auf die Welt zu holen. Es gibt verschiedene Gründe, eine Geburt operativ zu beenden. Haben Sie Vertrauen in Ihre Geburtshelfer. Sie werden alles tun, um Mutter und Kind gut durch die Geburt zu navigieren und ihnen nur das zuzumuten, was dazu notwendig ist.

Ein Geburtsstillstand tritt bei 3 bis 6 % aller bis dahin unauffälligen Gebärenden auf. Arzt und Hebamme werden von einem Geburtsstillstand sprechen, wenn es in der Eröffnungsphase innerhalb von 2 Stunden oder in der Austreibungsphase nach einer Stunde zu keinem Geburtsfortschritt kommt. Ursache dafür kann zum Beispiel eine Wehenschwäche sein. Von Wehenschwäche spricht man, wenn die Wehen selbst unter einem Wehentropf nicht ergiebig genug sind und die Kontraktionen der Gebärmutter nicht ausreichen, um dem Baby auf seinem Weg in die Welt die nötige Unterstützung zu geben. Zum Geburtsstillstand kann es auch kommen, wenn

  • sich der Muttermund nicht ausreichend öffnet
  • der Kopf des Babys im Verhältnis zum Beckenausgang der Mutter zu groß ist
  • die Mutter durch eine noch im Geburtsendspurt voll wirksame Periduralanästhesie (PDA) zu wenig Drang verspürt, in der Wehe kräftig mitzuschieben
  • sie sehr erschöpft ist

Befindet sich das Baby schon tief im Geburtskanal, so kommt bei diesen Komplikationen häufig eine Saugglocke oder sehr selten eine Geburtszange zum Einsatz. Dabei muss auch ein Dammschnitt vorgenommen werden. Ein Kaiserschnitt muss durchgeführt werden, wenn das Köpfchen des Babys für eine Saugglocke noch zu hoch steht.

In 90 % der Fälle drehen sich Ungeborene bis zur 36. Schwangerschaftswoche in die einfachste Gebärposition: das Köpfchen positioniert sich optimal in Richtung Beckeneingang mit dem Gesicht zum mütterlichen Rücken und dem Hinterhaupt zu Mamas Bauch (vordere Hinterhauptslage). Bei der Geburt kann sich der Kopf des Babys so am besten in die Wölbung des Beckens einpassen.

Auch wenn sich das Kind zu Geburtsbeginn mit dem Köpfchen nach unten positioniert hat, kann es noch zu einer sogenannten hinteren Hinterhauptslage kommen. Dabei schaut das Gesicht nicht wie normalerweise zum Rücken der Mutter, sondern zum Bauch. Deshalb wird diese Lage im Volksmund "Sternengucker" genannt. Da das Köpfchen so mit seinem größten Durchmesser durch das mütterliche Becken gleiten muss, kann es zu einer verzögerten Geburt oder einem Geburtsstillstand kommen. Das Baby muss eventuell durch eine Saugglocke oder Geburtszange entbunden werden, auch ein Dammschnitt muss oft vorgenommen werden.

Manche Babys liegen bis zum Termin mit dem Popo nach unten (Beckenendlage) oder quer in der Gebärmutter (Querlage). In diesen Fällen versuchen die Geburtshelfer, das Baby vor der Geburt über eine Wendung in eine geeignete Geburtsposition zu bewegen, was in rund 50 % der Fälle erfolgreich ist. Bei fortbestehender Querlage muss ein Kaiserschnitt durchgeführt werden.

Mittels Herztonwehenschreiber, Kardiotokograph (CTG), wird während der Geburt kontrolliert, ob es dem Baby gut geht. Verändern sich Herztonmuster und Herzfrequenz, kann dies auf Stress für das Baby hinweisen. Die Gründe sind vielfältig: Ist das Kind gestresst, weil die Geburt schon sehr lange dauert, können in der Endphase Saugglocke oder Zange die Geburt beenden.

Schlechte Herztöne können eine drohende Sauerstoff-Mangelversorgung beim Kind anzeigen, welche durch eine Mikroblutuntersuchung bestätigt oder verworfen wird. Für diesen Test werden einige Tröpfchen Blut aus der Kopfhaut des Kindes entnommen. Ergibt die Mikroblutuntersuchung einen kritisch abfallenden pH-Wert, zeigt dies an, dass das Kind zu wenig Sauerstoff bekommt, z.B. weil die Nabelschnur während einer Wehe eingeklemmt oder um den Hals des Kindes geschlungen ist (Nabelschnurumschlingung).

Ein Nabelschnurvorfall kann für das Baby Lebensgefahr bedeuten. Darauf reagieren Ärzte mit einem sofortigen Notfall-Kaiserschnitt. Rutscht die Nabelschnur vor das Köpfchen des Babys, drückt dieses auf die Nabelschnur und klemmt damit die Sauerstoffversorgung ab. Besteht eine Sauerstoff-Mangelversorgung länger, kann sie zu einer Hirnschädigung führen, die eine geistige Einschränkung zur Folge haben kann. Diese Komplikation kommt nur sehr selten vor. Um dem vorzubeugen, sollten Schwangere mit vorzeitigem Blasensprung liegend – am besten per Krankentransport – in die Klinik gebracht werden!

Die Nabelschnurumschlingung ist eine häufige, meist auch harmlose Form einer Nabelschnurkomplikation. Sie kann als eine ein- oder mehrfache Umschlingung eines oder mehrerer Körperteile, etwa um den Hals, die Arme oder Beine des Babys oder um seinen Rumpf vorkommen. Eine lange Nabelschnur sowie eine große Menge an Fruchtwasser begünstigen eine Nabelschnurumschlingung.

Obwohl die Nabelschnurumschlingung bei einem Fünftel der Geburten vorkommt, treten nur in der Hälfte der Fälle Zirkulationsstörungen auf. Bei einer lockeren Umschlingung entsteht keine Gefährdung der Sauerstoffversorgung, bei einer straffen Umschlingung, insbesondere des Halses kann ein Problem entstehen, das mit assistierter Geburtsbeendigung meist zu lösen ist.

Starke Blutungen während der Geburt sind immer ein Zeichen, dass etwas nicht stimmt. Dahinter können sich eine vorzeitige Plazentaablösung (Abruptio placentae) oder ein Reißen der Gebärmutter (Uterusruptur) verbergen. Je nach Stadium der Geburt wird mit Saugglocke, Zange oder Kaiserschnitt versucht, die Geburt so schnell wie möglich zu beenden, um Mutter und Kind vor Schaden zu bewahren.

Die Uterusrupturmacht einen Notfall-Kaiserschnitt nötig: Bei einem kompletten Riss der Gebärmutter setzen die Wehen schlagartig aus, es kommt zum Geburtsstillstand. Das Kind liegt dann in der Bauchhöhle der Mutter und seine Herztöne werden schlechter. Die Ärzte werden versuchen, das Baby per Kaiserschnitt zu retten. Diese Komplikation tritt bei zirka. 1:1.500 Geburten auf. Die häufigste Ursache für eine Uterusruptur ist eine vorangegangene Operation an der Gebärmutter, meist ein Kaiserschnitt. Zudem können eine Querlage des Kindes, Mehrlinge, sowie ein Missverhältnis der Größe von Becken und Kind zu einem sogenannten Wehensturm führen, die Gebärmutter massiv überdehnen, sodass es zu einer Uterusruptur kommt. Manchmal muss die Gebärmutter entfernt werden. Weitere Schwangerschaften sind nicht mehr möglich.

Die vorzeitige Plazentaablösung macht ebenfalls einen sofortigen Kaiserschnitt notwendig: Wenn sich der Mutterkuchen vor oder während der Geburt von seiner Haftfläche am Uterus löst, ist die Sauerstoffversorgung des Babys im Mutterleib nicht mehr gewährleistet. Das lässt sich an seinen Herztönen ablesen. Wird nicht schnell gehandelt, kann das Baby sterben. Bei der Mutter kann es durch den großen Blutverlust bald zu einer Gerinnungsstörung kommen. Diese Komplikation ist sehr selten – die Häufigkeitsangaben variieren zwischen 0,2 und 1,1 %.

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Sowohl die vorzeitige Plazentaablösung als auch die Uterusruptur sind Risikofaktoren für die äußerst seltene, aber für Mutter und Kind manchmal tödlich verlaufende Fruchtwasserembolie. Die Angaben zu ihrer Häufigkeit schwanken, sie werden mit 1:20.000 bis 1:80.000 angegeben. Bei der Fruchtwasserembolie gelangt Fruchtwasser in den mütterlichen Blutkreislauf. Da sich Fruchtwasser und darin gelöste feste Bestandteile wie Hautschüppchen oder Härchen des Babys im Blut nicht auflösen, besteht die Gefahr, dass sie kleine Blutgefäße der Mutter verstopfen – Schock, Lungenversagen oder Herzstillstand sind die Folge. Auch das Kind kann sterben. Deshalb erfordert eine Fruchtwasserembolie die sofortige intensivmedizinische Behandlung der Mutter und einen Notkaiserschnitt.

  • Das große Buch zur Schwangerschaft, F. Kainer., A. Nolden, Gräfe und Unzer, 7. Auflage, München, 2013
  • Schwangerschaft und Geburt, B. Gebauer-Sesterhenn, T. Villinger, Gräfe und Unzer, 1. Auflage, München, 2012
  • Duale Reihe Gynäkologie und Geburtshilfe, M. Stauber, T. Weyerstahl, Thieme Verlag, 3. Auflage, Stuttgart, 2007
  • Praxis der Gynäkologie und Geburtshilfe, J. Baltzer, K. Friese, M. Graf, F. Wolff, Thieme Verlag, 1. Auflage, Stuttgart, 2004
  • Statistik Austria: Tabelle der Bundesanstalt Statistik Österreich über Nabelschnurkomplikationen in Österreich 2011 vom 24.09.2013
  • Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen, S. Andreae et al., Georg Thieme Verlag, 2. Auflage, Stuttgart, 2008
  • Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch 2014, U. Arnold et al., De Gruyter, 265. Auflage, Berlin, 2013

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Erstellt am:

27. Januar 2014

Stand der medizinischen Information:

27. Januar 2014

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