Kaiserschnitt

Schwangere Frau ist beim Arzt.
Die Kaiserschnittrate bei älteren Frauen ist höher als bei jüngeren.
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In den vergangenen Jahrzehnten ist die Zahl der durchgeführten Kaiserschnitte massiv gestiegen. Ist in Österreich 2001 jedes 5. Kind auf diese Weise auf die Welt geholt worden, war es 2017 schon jedes 3. Kind.

Medizinische Expertise

Andrea Grasl

Dr.in Andrea Grasl

Ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Günserstraße 60, 2700 Wiener Neustadt
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Wann ist aber tatsächlich ein Kaiserschnitt notwendig? Wie läuft ein Kaiserschnitt ab? Was danach zu beachten ist und wie das Bonding, der wichtige Beziehungsaufbau zwischen Mutter und Baby, trotzdem gut gelingt. Und muss eigentlich das nächste Kind nach einem Kaiserschnitt wieder auf diese Weise geboren werden?

Während Länder wie Finnland, Island und Norwegen eine Kaiserschnittrate zwischen 15 und 20 % vorweisen, werden in Italien bereits 38 % aller Babys per chirurgischem Eingriff auf die Welt gebracht. Österreich liegt mit fast 30 % auch über dem EU-Durchschnitt von 26 %.

Die Kaiserschnittrate bei älteren Frauen ist höher als bei jüngeren. So haben 4 von 10 der weiblichen 40- bis 44-Jährigen eine Kaiserschnittgeburt, während nur 2 von 10 der 20-Jährigen ihr Kind mittels OP zur Welt bringen.

Für ein Krankenhaus ist ein geplanter Kaiserschnitt organisatorisch leichter zu handhaben, da der personelle Aufwand planbarer ist.

Was macht eine Geburt via Kaiserschnitt notwendig?

  • Eine Querlage des Ungeborenen.
  • Eine Plazenta praevia, sprich der Mutterkuchen liegt direkt vor dem Muttermund und macht eine natürliche Geburt unmöglich.
  • Krankheiten oder Fehlbildungen des Kindes, wie z.B. Herzfehler.
  • Missverhältnisse zwischen Größe des Kindes und Becken der Mutter.
  • Schwere Erkrankungen der Mutter.
  • Frühgeburten.
  • Drohende Sauerstoffunterversorgung des Kindes.
  • Krampfanfall der Mutter, der durch eine Schwangerschaftsvergiftung (Gestose) hervorgerufen wird.
  • Frauen ab einer Sehschwäche von minus 10 Dioptrien sollten wegen des Risikos einer Netzhautablösung nicht stark pressen.
  • Mehrlingsgeburten.

Bei folgenden Indikationen wird zum Kaiserschnitt tendiert:

  • Bei Zwillingsgeburten, auch wenn eine natürliche Geburt in der Regel möglich wäre, so lange beide Kinder mit dem Kopf nach unten gedreht sind.
  • Auch wollen viele Mütter über 35, die erst nach einigen Versuchen einer künstlichen Befruchtung schwanger geworden sind, kein Risiko eingehen. Der Weg eines Kaiserschnitts erscheint oft sicherer.
  • In den meisten Krankenhäusern wird aber auch ein Kaiserschnitt angesetzt, wenn sich das Kind in Steißlage befindet. In diesem Fall würden bei einer Geburt zuerst der Popo oder die Füße, dann Körper und Kopf auf die Welt kommen. Hier ist das Risiko für das Kind etwas größer als bei einer normalen Geburt.
  • Nach einem höhergradigen Dammriss mit Verletzung des Schließmuskels (hier steigt bei einer neuerlichen Verletzung das Risiko für eine bleibende Stuhlinkontinenz der Mutter).
  • Manchmal wird auch überraschend noch ein Kaiserschnitt notwendig, etwa weil der Geburtsvorgang ins Stocken gerät. Ursachen dafür können sein:
    - Wehenschwäche, die sich auch durch Medikamente nicht beheben lässt,
    - wenn sich der Kopf des Babys unter der Geburt nicht richtig einstellt (z.B. sogenannte Sternengucker, also wenn zwar der Kopf des Babys nach unten schaut, aber das Gesicht nach vorne gedreht ist.)

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Meist erfolgt dieser 1 bis 2 Wochen vor dem geplanten Geburtstermin, damit sicher noch keine Wehen einsetzen. Bei einer vorzeitigen Ablösung der Plazenta oder einer Fruchtwasserinfektion durch einen vorzeitigen Blasensprung muss das Kind früher geholt werden.

Zum Kaiserschnitt selbst sollte die Mutter nüchtern sein, die meisten OPs finden vormittags statt. Der Kaiserschnitt dauert bei Weitem nicht so lange wie eine vaginale Geburt. In 90 % aller Fälle wird eine Lokalnarkose gesetzt, sodass die Mutter ihr Kind direkt nach dem Eingriff halten und stillen kann. Bis die Narkose gelegt ist, vergehen etwa 10 Minuten, die Wirkung hält 2 bis 3 Stunden an. Der etwa 10 Zentimeter lange Schnitt wird knapp über dem Schambein gemacht. Einige Minuten später ist das Kind bereits geboren. Anschließend werden noch die Plazenta entfernt und die einzelnen Schichten wieder zugenäht. Insgesamt dauert der Eingriff 20 bis 30 Minuten.

Wird bei einer Geburt ein Notkaiserschnitt etwa wegen Verdachts auf einen Gebärmutterriss, wegen Herztonveränderungen oder Nabelschnurvorfall etc. notwendig, kann das Kind innerhalb kürzester Zeit unter Vollnarkose geholt werden.

Direkt nach dem Kaiserschnitt bleibt die Mutter wie bei einer normalen Geburt erst einmal 2 bis 3 Stunden im Kreißsaal. Geht es ihr gut, kann sie ihr Kind in den Arm nehmen. Hat sie noch mit den Nachwirkungen einer Vollnarkose (Notkaiserschnitt) zu kämpfen, bekommt der Vater das Baby in den Arm, bis die Mutter sich erholt hat. Am Tag nach der Geburt kann die Mutter bereits wieder aufstehen. Mütter brauchen nach dem Kaiserschnitt in den ersten 24 Stunden besonders gute Betreuung, weil sie ihr Kind nicht selbst vollständig versorgen können. Schweres Heben sollte in den ersten Wochen nach der Geburt vermieden werden, damit die Narbe gut heilt. Die Schmerzen durch die Operation lassen im Regelfall bereits einige Tage nach der Geburt nach, beziehungsweise werden immer schwächer. Es gibt Medikamente, die dabei helfen, diese besser zu ertragen und die beim Stillen kein Problem darstellen.

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Die vaginale Geburt bedeutet mit den starken Wehen zwar für das Kind enormen Stress. Andererseits helfen Wehen und Stresshormone dabei, den Kreislauf leichter umzuschalten und die Lungen zu entfalten, die Herzströme zu verändern und das Fruchtwasser aus den Lungen zu drücken. Lange wurden bei Kaiserschnittkindern Anpassungsstörungen vermutet, weil sie ohne Vorzeichen und ohne Unterstützung durch Stresshormone auf die Welt geholt wurden. Kurzfristig leiden Kaiserschnittkinder öfter an Atmungsproblemen.

Außerdem zeigen Studien, dass Kinder nach vaginalen Geburten durch den Kontakt mit den Bakterienstämmen der Mutter eine Art "Impfung" erhalten, die sie vor bestimmten Infektionen schützt.

Was das Bonding, die Bindung zwischen Kind und Eltern betrifft, gibt es wenig Unterschiede. Die meisten Krankenhäuser achten nach der Geburt darauf, dass die Kaiserschnittkinder möglichst schnell in die Arme der Eltern kommen. Sind die Mütter dafür wegen der Narkose noch nicht bereit, dürfen in den ersten Minuten und Stunden die Väter einspringen.

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Die Belastung für den Beckenboden und die Schmerzen bei der Geburt werden oft als Gründe genannt, die gegen eine natürliche Geburt sprechen. Tatsächlich wird der Beckenboden aber bereits während der Schwangerschaft einer Belastungsprobe ausgesetzt, und bei Kaiserschnitten fallen dafür Wundschmerz und Bettlägerigkeit nach der OP umso heftiger aus. Aber auch das Risiko, eine Embolie oder Thrombose zu erleiden ist zehnmal höher als bei einer vaginalen Geburt.

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Geburt nach einem Kaiserschnitt

Nur weil eine Frau einmal einen Kaiserschnitt hatte, bedeutet das nicht, dass das nächste Kind wieder operativ geholt wird. Zwei von drei Müttern gebären danach auf herkömmlichem Weg. Das Risiko, dass die Narbe bei einer weiteren Geburt durch die Wehen reißt, ist sehr gering.

Folgende Faktoren sprechen dafür, dass eine normale Geburt möglich ist.

  • Die Geburt beginnt von selbst und die Wehen müssen nicht künstlich eingeleitet werden.
  • Das via Ultraschall ermittelte Gewicht des Babys wird auf nicht mehr als 4 Kilo geschätzt.
  • Das Becken der Mutter wird nicht als zu klein eingeschätzt.
  • Dem Kaiserschnitt vorangegangene vaginale Geburten.
  • Der Abstand zum Kaiserschnitt beträgt mehr als ein Jahr.
  • Der Grund für einen vorangegangenen Kaiserschnitt liegt nicht mehr vor (z.B. Steißlage, etc.).

Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Erstellt am:

27. Januar 2014

Stand der medizinischen Information:

27. Januar 2014

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