Sex in der Schwangerschaft

Mann hält im Bett Bauch seiner schwangeren Frau
Sofern die Schwangerschaft gut verläuft und sich beide Partner dabei wohl fühlen, spricht nichts gegen Geschlechtsverkehr.
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Entsprechende Lust vorausgesetzt, spricht in den meisten Fällen nichts gegen Geschlechtsverkehr, einschließlich Vaginalsex in der Schwangerschaft – sofern diese ohne Komplikationen verläuft.

Medizinische Expertise

Andrea Kottmel

Dr.in Andrea Kottmel

Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe
Guglgasse 12/3/383, 1110 Wien
www.sexualmedizin-wien.at
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Die Zeiten, in denen Frauen von Sex in der Schwangerschaft abgeraten wurde, sind zum Glück lange vorbei. Heute weiß man: Wenn in der Schwangerschaft keine Komplikationen auftreten, kann das Liebesspiel dem Ungeborenen keinen Schaden zufügen. Das Kind kann weder erdrückt, noch berührt oder verletzt werden. Denn es schwimmt in seiner Fruchtblase, sicher umhüllt von warmen Fruchtwasser und ist zudem rundum auch noch durch die feste Gebärmutterwand geschützt. Durch die Erschütterungen beim Sex und dem Orgasmus schaukelt es höchstens sanft hin und her – und genießt, dass es der Mutter gut geht.

Keime, die beim Geschlechtsverkehr in die Vagina übertragen werden können, erreichen normalerweise nicht das Ungeborene, da ein Schleimpfropf den Gebärmutterhals sicher verschließt.

  • Vaginaler Geschlechtsverkehr während der Schwangerschaft ist möglich und für das Kind ungefährlich.
  • Ein harter Bauch aufgrund kleinerer Kontraktionen ist unbedenklich.
  • Der Mythos, Sperma löst Wehen aus, ist falsch.
  • Bei früheren Fehlgeburten, auftretenden Blutungen oder anderen Schwangerschaftskomplikationen, kann es vorkommen, dass die behandelnde Ärzt:in von Sex abrät.
  • Gute Hygiene vor und nach dem Sex ist bei beiden Partnern wichtig, um das Risiko für genitale Infektionen gering zu halten.

Neben den körperlichen Veränderungen kann eine Schwangerschaft auch Veränderungen im Liebesleben mit sich bringen. Das Bedürfnis nach körperlicher Nähe und Sex kann sich vermindern oder erhöhen und sich im Laufe der Schwangerschaft immer wieder ändern. Paare erleben diese Zeit individuell unterschiedlich.

Im ersten Schwangerschaftsdrittel Im ersten Drittel der Schwangerschaft kann die hormonelle Umstellung bei vielen Frauen Beschwerden auslösen wie Unwohlsein, Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, Spannungsgefühl in den Brüsten, wodurch die Lust auf Sex vermindert sein kann.
Im zweiten Schwangerschaftsdrittel bis Anfang drittes Schwangerschaftsdrittel Im zweiten Drittel klingen die anfänglichen Beschwerden langsam ab und das Lustgefühl der Frau steigert sich häufig wieder – manchmal stärker als gewohnt: Aufgrund der Schwangerschaftshormone werden die Geschlechtsorgane stärker durchblutet. Schamlippen und Klitoris sind empfindsamer und Frauen dadurch leichter erregbar. Jedoch empfinden manche wiederum die Berührungen der Genitalien als unangenehm.
Gegen Ende der Schwangerschaft Gegen Ende der Schwangerschaft wächst der Bauch noch einmal ein ganzes Stück und die Beweglichkeit wird zunehmend eingeschränkt. Auch Müdigkeit und Erschöpfung nehmen zu, wodurch die Lust häufig wieder etwas abnimmt. Sex rückt etwas in den Hintergrund, da Frauen gedanklich schon bei der Geburt und der ersten Zeit mit dem Baby sind.

Während der Schwangerschaft kommt es aber auch manchmal vor, dass Männer weniger Lust auf Sex haben. Verantwortlich dafür sind meist Befürchtungen und Sorgen, dem ungeborenen Kind zu schaden oder Komplikationen zu verursachen. Jedoch spricht bei einer normal verlaufenden Schwangerschaft grundsätzlich nichts gegen vaginalen Geschlechtsverkehr. Durch die Gebärmutter und das Fruchtwasser ist das Ungeborene/Embryo gut geschützt. 

Geschlechtsverkehr und Orgasmus samt Kontraktionen der Gebärmutter lösen keine frühzeitigen Wehen aus und steigern bei einer normal verlaufenden Schwangerschaft auch nicht das Risiko einer Fehl- oder Frühgeburt.

Einige Schwangere spüren beim Orgasmus, dass ihr Baby wild im Bauch zappelt. Das ist kein Grund zur Sorge: Es reagiert nur auf den schnelleren Herzschlag und den erhöhten Blutdruck der Mutter beim Orgasmus. Dies führt aber nicht zu einem relevanten Sauerstoffmangel des Ungeborenen. Zwar pumpt die Plazenta kurzzeitig weniger Blut zum Baby, aber das trainiert seinen Kreislauf schon einmal ein wenig für die Geburt.

Häufig kommt es beim Orgasmus dazu, dass kleinere Kontraktionen der Gebärmutter ausgelöst werden. Der Bauch kann dann ganz hart werden. Selbst wenn das manchmal unangenehm ist, brauchen sich Schwangere keine Sorgen zu machen. Beim Orgasmus ziehen sich der Beckenboden und die Gebärmutter zusammen. Durch diese kleine Welle von Kontraktionen kann aber keine Geburt ausgelöst werden. Wird das Hartwerden des Bauches als unangenehm empfunden, können die Kontraktionen, wie bei Übungswehen, für einige Minuten veratmet werden.

Sperma löst typischerweise keine Wehen aus. Trotzdem kann regelmäßiger Geschlechtsverkehr, bei dem der Mann in der Frau zum Orgasmus kommt, den Geburtsbeginn um den errechneten Termin herum anregen. Die natürlichen Prostaglandine im Sperma aktivieren die Wehentätigkeit der Gebärmutter aber nur, wenn der Zeitpunkt für die Entbindung reif oder bereits überschritten ist.

Die Hormone weiten einen leicht geöffneten Muttermund, indem sie das Gewebe weicher und nachgiebiger machen. Wer also schon einige Tage über den Geburtstermin ist und es nicht mehr erwarten kann, sein Baby endlich in die Arme zu nehmen, kann Sex als natürlichen Geburtshelfer ausprobieren.

Besonders in der Spätschwangerschaft (3. Trimester) kann der immer größer werdende Bauch der Schwangeren bei einigen Sexpositionen im Weg sein.

Wenn die Frau auf dem Bauch liegt, kann das unangenehm sein. Und wenn sie auf dem Rücken liegt, kann wiederum der Mann leicht auf den Babybauch drücken. Auf Positionen, bei denen die Frau auf dem Bauch oder Rücken liegt, sollte das Paar deshalb in den letzten 3 Schwangerschaftsmonaten besser verzichten.

Schließlich gibt es genug Alternativen und Experimentierfreudigkeit kann zu neuen Höhepunkten im Bett führen. Gut geeignet für den Geschlechtsverkehr in der fortgeschrittenen Schwangerschaft sind z. B. Sexstellungen, bei denen die Frau auf ihrem Partner sitzt. Auch die sogenannte Löffelchenposition ist selbst Hochschwangeren noch angenehm. Weil der Mann hier in Seitenlage hinter der Frau liegt, dringt der Penis in dieser Stellung auch nicht allzu tief ein.

Geschlechtsverkehr gilt normalerweise als völlig unbedenklich während der gesamten Schwangerschaft. Nur in Ausnahmefällen raten Gynäkolog:innen davon ab. Die Ärzt:in wird Paare immer darauf hinweisen, wenn sie besser nicht miteinander schlafen sollten oder Vorsicht beim Sex geboten ist. Das kann bei bestimmten Komplikationen der Fall sein:

Bei früheren Fehlgeburten Bei Frühgeburten in der Vorgeschichte ist es wichtig, den Grund für die Frühgeburt zu berücksichtigen. So ist zum Beispiel bei Cervixinsuffizienz in der vorigen Schwangerschaft das Wiederholungsrisiko erhöht. Zwischen der 14. und 20. Schwangerschaftswoche wird die Ärzt:in die Schwangere insbesondere auf eine eventuelle Zervixinsuffizienz untersuchen und auch überprüfen, ob die Entwicklung des Kindes zufriedenstellend verläuft. 
Vorzeitige Öffnung des Muttermundes Besteht bei der Frau eine Zervixinsuffizienz, ist Vorsicht geboten. Denn das heißt, dass die Schwangere über ein derart schwaches Bindegewebe verfügt, dass sich der Muttermund zu früh öffnet und dadurch eine Frühgeburt droht. Um dieses schlimme Ereignis abzuwenden, erfordert die Zervixinsuffizienz das Verschließen des Muttermundes mit einem sogenannten Zerklagenband. Dieser kleine Eingriff kann ab der 15. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden. Haben Wehen bereits eingesetzt oder die Fruchtblase ist verletzt, ist das Einsetzen einer Zerklage jedoch nicht mehr möglich.
Wenn Blutungen auftreten Dabei ist zwischen Blutungen in der Frühschwangerschaft und Blutungen in der späteren Schwangerschaft zu unterscheiden. Nehmen Sie sicherheitshalber bei Blutungen immer unverzüglich Kontakt zu einer Ärzt:in auf. Leichte Blutungen sind meist kein Grund zur Sorge. Nach dem Sex kommt es zuweilen auch zu einer leichten Blutung im Vaginalschleim. Diese stammt vom Muttermund, der wegen der stärkeren Durchblutung bei der Berührung so reagiert ("Kontaktblutung"). Sie ist jedoch unbedenklich.
Vorzeitige Wehen Setzen vorzeitig Wehen ein, wird Schonung empfohlen. Bei portiowirksamer Wehentätigkeit, wenn sich der Gebärmutterhals verkürzt, ist von Geschlechtsverkehr auf jeden Fall abzuraten.
Beeinträchtigung der Plazenta Von Plazentainsuffizienz spricht man, wenn deren Funktionsfähigkeit eingeschränkt ist. Diese Komplikation kann zu einer Mangelversorgung des Ungeborenen führen. Wenn die Plazenta vor dem Muttermund liegt, spricht man von Plazenta praevia. Bei diesen beiden Komplikationen muss die Schwangere besonders sorgfältig überwacht und per Kaiserschnitt entbunden werden. Es kann auch nötig werden, auf Sex zu verzichten.
Bei Lippenherpes Bei einem akuten Lippen-Herpes-Ausbruch sollten sie auf Oralsex verzichten. Zwar ist eine Ansteckung des ungeborenen Kindes mit Lippenherpes im Mutterleib ausgeschlossen, leidet die Frau jedoch um den Geburtstermin herum unter Genitalherpes, muss das Kind per Kaiserschnitt entbunden werden. Sonst könnte sich das Neugeborene mit Herpesviren infizieren, was zu schweren Schädigungen führen kann.

 

Gute Hygiene sollte eine Selbstverständlichkeit sein – doch während der Schwangerschaft ist sie besonders wichtig. Keime können normalerweise zwar nicht direkt zum Baby gelangen, weil ein Schleimpfropf den Gebärmutterhals sicher verschließt. Genitale Infektionen erhöhen aber das Risiko für Frühgeburten.

  • Klares Wasser: Zur Reinigung der Schamlippen und des Scheideneinganges empfiehlt sich ausschließlich klares Wasser zu verwenden, um den vor Keimen schützenden Säureschutzmantel aufrecht zu erhalten. Zu häufiges Waschen oder die Reinigung mit Waschsubstanzen beeinflusst den Säureschutzmantel der Haut negativ, ebenso wie auch mangelnde Hygiene. Von Übertreibung in jegliche Richtung ist also abzuraten.
  • Eigenes Handtuch verwenden/Waschlappen täglich wechseln: Auf jeden Fall wichtig ist es, ein eigenes Handtuch für den Intimbereich zu benutzen und falls Sie Waschlappen einsetzen, diese täglich wechseln.
  • Auch für den werdenden Vater gilt: Zum Schutz vor einer genitalen Infektion den Penis täglich unter Zurückziehen der Vorhaut mit Seife reinigen. Kurz vor dem Geschlechtsverkehr waschen.
  • Meine Schwangerschaft, Silvia Höfe, Dr. med. Alenka Scholz, Gräfe und Unzer, 1. Auflage, München, 2014
  • Die Hebammen-Sprechstunde, Ingeborg Stadelmann, Stadelmann Verlag, 8. korr. Auflage, Wiggensbach 2005
  • Das große Buch zur Schwangerschaft, Kainer, F., Nolden, A., Gräfe und Unzer, 7. Auflage, München 2013
  • Schwangerschaft und Geburt, Birgit Gebauer-Sesterhenn, Dr. Med. Thomas Villinger, Gräfe und Unzer, 1. Auflage, München 2012
  • Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs (29.01.2024)

Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

19. Februar 2024

Erstellt am:

7. August 2017

Stand der medizinischen Information:

19. Februar 2024

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