Mittelohrentzündung (Otitis media acuta)

Mädchen hat Ohrenschmerzen
Ohrenschmerzen bei Kindern ernst nehmen – es könnte sich eine Mittelohrentzündung anbahnen.
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Die akute Mittelohrentzündung ist meist Folge eines Schnupfens und tritt vor allem bei Kindern sehr häufig auf.

Medizinische Expertise

Andreas Temmel

Dr. Andreas Temmel

Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde
Brunnergasse 1-9/4/4, 2380 Perchtoldsdorf
www.hno-ordination.at
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Eine Mittelohrentzündung entsteht meist in Zusammenhang mit einer Erkältung, wenn Viren oder Bakterien durch den Verbindungsgang zwischen Ohr und Nasen-Rachen-Raum ins Mittelohr gelangen. Akute Ohrenschmerzen sollten immer von einer Ärzt:in abgeklärt werden.

  • Eine Mittelohrentzündung entsteht meist als Folge einer Erkältung. Sie ist nicht ansteckend.
  • Abschwellende Nasentropfen bei einer Erkältung tragen dazu bei, sie vorzubeugen.
  • Zu den typischen Symptomen bei einer Mittelohrentzündung gehören Ohrenschmerzen, Fieber und Hörverminderung.
  • Bei akuten Ohrenschmerzen ist ein Besuch bei einer Ärzt:in ratsam.
  • Eine Mittelohrentzündung wird mit fiebersenkenden und schmerzlindernden Medikamenten behandelt. Gegebenenfalls kommen auch Antibiotika zum Einsatz.
  • In der Regel heilt sie komplikationslos ab.
Art bakterielle oder virale Infektionskrankheit
Erreger Pneumokokken, Haemophilus influenzae, Streptococcus pyogenes, Staphylococcus aureus, Moraxella catarrhalis
Übertragung nicht ansteckend
Symptome Ohrenschmerzen, häufig auch Fieber
Therapie symptomatisch mit schmerz- und fiebersenkenden Mitteln und abschwellenden Nasentropfen, bei Bedarf Antibiotika

Die akute Mittelohrentzündung ist eine der häufigsten Krankheiten bei Kindern, bei Erwachsenen kommt sie eher selten vor. Drei von vier Kindern haben bis zu ihrem dritten Lebensjahr mindestens eine Mittelohrentzündung mit Fieber. Rund ein Drittel der Kinder durchläuft sogar drei Entzündungen.

Die Erkrankung selbst ist nicht ansteckend, aber die Erkältung, die einer Mittelohrentzündung meist vorausgeht und sie verursacht, ist sehr leicht übertragbar. Eine Mittelohrentzündung kann sowohl einseitig als auch auf beiden Ohren gleichzeitig auftreten. Die Erkrankung ist sehr schmerzhaft, heilt aber meistens komplikationslos ab.

Man unterscheidet

  • akute Mittelohrentzündung (Otitis media acuta): plötzlich auftretende Entzündung
  • chronische Mittelohrentzündung (Otitis media chronica): mindestens zwei Monate lang bestehende Entzündung

Die akute Mittelohrentzündung folgt meist auf eine Erkältung. Sie wird in etwa 60 % der Fälle von Bakterien und in 40 % von Viren verursacht.

Das Mittelohr ist ein Hohlraum, der zwischen Trommelfell und Innenohr liegt. Im Normalfall sorgt ein Luftkanal zwischen dem Mittelohr und dem Nasen-Rachen-Raum (die sogenannte Ohrtrompete) dafür, dass das Mittelohr ausreichend mit Luft versorgt wird und Flüssigkeit abfließen kann. Bei kleinen Kindern ist diese Ohrtrompete noch sehr eng, daher schwillt sie schon bei kleinen Entzündungen rasch zu. Die Folge: Eiter und Entzündungsflüssigkeit können nicht mehr abfließen.

Infektion aus dem Nasen-Rachen-Bereich Die häufigste Ursache für eine Mittelohrentzündung ist eine über die Eustachische Röhre (Verbindung zwischen Nase und Mittelohr) fortgeleitete Infektion aus dem Nasen-Rachen-Bereich. Die Erreger steigen in die Höhle des Mittelohrs auf. Vor allem wenn diese Verbindung verlegt ist – z.B. durch geschwollene Drüsen oder durch den Schnupfen selbst – können sie sich sehr rasch vermehren. Die Schleimhaut im Mittelohr schwillt an, erwärmt sich und produziert immer mehr Schleim. Dadurch sammeln sich vermehrt Flüssigkeit, Schleim und Eiter an und der Druck steigt. Nicht zuletzt dadurch entstehen auch die Schmerzen im Ohr. Wird der Druck zu hoch, kann das Trommelfell reißen und die Flüssigkeit rinnt aus dem Ohr heraus. Dadurch lassen die Schmerzen meistens nach. Der Riss heilt üblicherweise von selbst wieder.
Der Paukenerguss Es gibt auch eine Form der Mittelohrentzündung, die sich nicht akut entzündet, den sogenannten Paukenerguss. Dabei sammelt sich Flüssigkeit im Mittelohr an, was zu einer Hörverminderung um bis zu 30 Dezibel (das entspricht etwa der Wirkung von Oropax) führen kann, aber normalerweise kaum Schmerzen verursacht. Wenn ein Paukenerguss länger als drei Monate besteht, kann es im Kindesalter zu einer Sprachentwicklungsverzögerung kommen. Es empfiehlt sich daher, Hörverminderungen beim Kind in jedem Fall von einer Ärzt:in abklären zu lassen.

 

Folgende Symptome können bei einer Mittelohrentzündung auftreten:

  • stechende oder pochende Schmerzen im Ohr
  • Druckgefühl im Ohr
  • vermindertes Hören
  • Fieber
  • Babys greifen sich häufig ans Ohr, sind unruhig, weinen, trinken wenig und haben meistens Fieber

Ohrenschmerzen nach dem Schwimmen

Kinder im Volksschulalter sowie empfindliche Jugendliche und Erwachsene bekommen nach dem Schwimmen immer wieder Ohrenschmerzen. In diesem Fall spricht man von einer Bade-Otitis, einer Entzündung des äußeren Gehörgangs, die sich ähnlich anfühlen kann wie eine Mittelohrentzündung, aber deutlich unkomplizierter verläuft. Ein einfacher Test: Wenn das Anziehen an der Ohrmuschel oder das Kauen wehtut, dann handelt es sich um eine Entzündung des äußeren Gehörgangs, nicht um eine Mittelohrentzündung.

Nicht immer steckt hinter Ohrenschmerzen eine Mittelohrentzündung. Ohrenschmerzen können auch die Folge einer Gehörgangentzündung sein oder auf eine Entzündung im Mund-Rachen-Raum hinweisen. Zur genauen Abklärung ist bei akuten Ohrenschmerzen immer ein Besuch bei einer Ärzt:in ratsam. Der erste Ansprechpartner ist

  • die Kinderärzt:in
  • die Hausärzt:in
  • die HNO-Fachärzt:in

Für sie sind Art, Dauer, Stärke und Verlauf der Symptome, sowie ob es eine Erkältung gab, bei der Diagnose wichtig.

Nach einem ausführlichen Gespräch führt die Ärzt:in eine körperliche Untersuchung durch. Dabei untersucht er das Ohr mit einem Otoskop. Bei wiederkehrenden Ohrenentzündungen wird die Ärzt:in eventuell auch einen Hörtest durchführen.

In der Regel heilt eine Mittelohrentzündung folgenlos wieder ab. Wie lange das dauert, ist individuell verschieden. Meistens verschwinden die Beschwerden nach zwei bis sieben Tagen. Folgende Komplikationen können auftreten:

  • die Flüssigkeitsansammlung im Mittelohr beeinträchtigt das Hörvermögen
  • bleibt die Ohrtrompete für längere Zeit blockiert, können sich Bakterien ansammeln
  • selten Entzündungen des angrenzenden Knochens (Mastoiditis)
  • selten eine Hirnhautentzündung (Meningitis)

Durch häufige Mittelohrentzündungen kann sich das Hörvermögen verschlechtern. Bei Kindern kann sich dadurch auch die sprachliche Entwicklung verzögern.

Eine Mittelohrentzündung wird in der Regel medikamentös behandelt:

  • Fiebersenkende und schmerzstillende Medikamente: Zur symptomatischen Behandlung werden Medikamente wie Paracetamol oder Ibuprofen verabreicht.
  • Abschwellende Nasentropfen: Damit ausreichend Luft in das Mittelohr gelangt, können abschwellende Nasentropfen zum Einsatz kommen.
  • Antibiotika: Oft ist die Gabe von Antibiotika notwendig. Diese wirken gegen bakterielle Infektionen.

Wenn die Mittelohrentzündung immer wiederkehrt, kann ein kleines Röhrchen (Paukenröhrchen) in das Trommelfell eingesetzt werden. Dadurch kann die Flüssigkeit abfließen und das Mittelohr ausreichend belüftet werden.

Hat Ihr Kind eine Erkältung, können abschwellende Nasentropfen gegen die Entstehung einer Mittelohrentzündung helfen.

  • Auf Flüssigkeitszufuhr achten: Wie bei allen fieberhaften Erkrankungen, sollten Eltern darauf achten, dass das Kind ausreichend trinkt.
  • Wärme tut gut: Entzündete Körperteile sind kälteempfindlich, Wärme wird hingegen als angenehm empfunden. Rotlichtlampen und Wärmelampen tun vielen Kindern gut, auch wenn es keinen wissenschaftlichen Beweis für die Wirksamkeit gibt.
  • Hilfreiche Zwiebel: Ähnliches gilt für Zwiebelsäckchen. Dafür wird eine geschnittene Zwiebel in einem dünnen Stoffsäckchen auf das entzündete Ohr gelegt und mit wärmender Wolle oder Watte abgedeckt. Mit einer Mütze oder einem Schal am Kopf befestigen.
  • Kein Zigarettenrauch: Das Kind sollte keinem Zigarettenrauch ausgesetzt werden. Rauchen Sie in der Wohnung nicht!
  • Antibiotika: Wenn Antibiotika eingesetzt werden, sollten diese über den gesamten empfohlenen Zeitraum eingenommen und nicht früher abgesetzt werden.
  • Besuch bei Ärzt:in: Damit etwaige Komplikationen nicht übersehen werden, ist nach einer akuten Mittelohrentzündung eine Kontrolle bei einer Ärzt:in ratsam.

Autor:innen:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

2. Februar 2024

Erstellt am:

28. Dezember 2016

Stand der medizinischen Information:

7. März 2022


ICD-Codes:
  • H65
  • H67

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