Schwerhörigkeit kann angeboren oder erworben sein. Sie kann sowohl schleichend als auch plötzlich auftreten, kann vorübergehend oder dauerhaft sein und muss nicht beide Ohren betreffen. Während leichte Formen häufig unbemerkt verlaufen, kann die Schwerhörigkeit im schlimmsten Fall zur Gehörlosigkeit (Taubheit) führen.
Von Schwerhörigkeit (Hypakusis) spricht man, wenn eine Minderung des Hörvermögens besteht – also eine Abweichung von der Normalhörigkeit. Sie reicht von einer geringfügigen Beeinträchtigung bis hin zu vollständigem Hörverlust. Schwerhörigkeit bedeutet nicht immer nur ein leiseres Hören, sondern oft auch ein frequenzgestörtes Wahrnehmen von Tönen und Geräuschen. Für Menschen mit Schwerhörigkeit sind Unterhaltungen anstrengend, da sie durch die Hörbeeinträchtigung Schwierigkeiten beim Verstehen haben können. Das kann auf Dauer die Lebensqualität massiv beeinträchtigen und zu sozialer Isolation führen.
Die häufigste Form der Schwerhörigkeit ist die Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis). Dabei handelt es sich um eine dauerhafte Hörminderung, die beide Ohren betrifft. Ursache dafür ist der natürliche Alterungsprozess des Sinnesorgans, speziell der Sinneszellen im Innenohr.
Das menschliche Ohr besteht aus 3 Abschnitten: Außenohr, Mittelohr und Innenohr.
Ertönt nun vor dem menschlichen Ohr ein Geräusch, übertragen Außen- und Mittelohr den Schall weiter an das Innenohr. Außen- und Mittelohr dienen also der Schallleitung.
Pfropfen aus Ohrenschmalz oder Mittelohrentzündungen können die Ursache sein, wenn Töne nur gedämpft wahrgenommen werden. Auch natürliche Alterungsprozesse, Lärm oder Entzündungen des Innenohrs führen dazu, dass der Ton nicht korrekt weitergeleitet wird. Der Verlauf kann akut oder chronisch sein.
Man unterscheidet:
Bei einer Schallleitungsschwerhörigkeit kann das Umgebungsgeräusch nicht ungehindert durch das Außen- und Mittelohr zum Innenohr übertragen werden. Der Ton kommt nur gedämpft oder gar nicht an, was zu einer Hörminderung führt.
Folgende Ursachen sind möglich:
Bei einer Schallempfindungsschwerhörigkeit kommen die Tonschwingungen zwar im Mittelohr an, können dort aber nicht weiterverarbeitet werden.
Folgende Ursachen sind möglich:
Bei der Schallwahrnehmungsschwerhörigkeit liegt die Ursache im Gehirn. Der Hörnerv leitet die Signale zwar richtig weiter, sie werden aber im Gehirn falsch bzw. fehlerhaft weiterverarbeitet. Der Betroffene hört den Ton, kann diesen aber nicht zuordnen.
Folgende Ursachen sind möglich:
Treten zwei oder drei Arten von Hörstörungen gleichzeitig auf, spricht man von kombinierter Schwerhörigkeit.
Der Tinnitus ist an sich keine Art der Schwerhörigkeit. Dabei handelt es sich vielmehr um plötzlich oder kontinuierlich auftretende Ohrgeräusche, die bei anderen Erkrankungen wie dem Hörsturz, Entzündungen der Ohren, bei der Altersschwerhörigkeit oder bei Lärmeinwirkung häufig als begleitende Symptome auftreten. Bei vielen Betroffenen ist aber keine eindeutige Ursache erkennbar. Die Ohrgeräusche äußern sich als Zischen, Klopfen, Piepen oder Dröhnen in den Ohren, wobei die akustische Wahrnehmung nicht auf eine äußere Tonquelle zurückzuführen ist, und beeinträchtigen durch ihr Auftreten und ihre Lautstärke zum Teil das Hörvermögen.
Verletzungen des Trommelfells sowie akustische Traumata und ein Hörsturz treten plötzlich auf, Altersschwerhörigkeit und eine Hörminderung durch stetigen Lärm können sich hingegen mit der Zeit verschlechtern. Betroffene können bestimmte Tonfrequenzen dann nicht mehr richtig hören.
Viele bemerken die Schwerhörigkeit zunächst dadurch, dass sie gewisse Naturgeräusche (z.B. Blätterrauschen, Vogelzwitschern) überhören. Auch das Gefühl, der Gesprächspartner würde ständig nuscheln, ist ein häufiges Phänomen. Das Auftreten weiterer Symptome wie Tinnitus, Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen ist von der zugrunde liegenden Ursache abhängig.
Art | Symptome | mögliche Ursachen |
---|---|---|
Schalleitungsschwerhörigkeit | langsam zunehmende Hörminderung, im schlimmsten Fall Ertaubung
stechender Schmerz und Klopfen im Ohr, Kopfschmerzen, Unwohlsein, Fieber, Schwindel | Das Problem liegt im Außen- oder Mittelohr.
Mögliche Ursachen: Mittelohrentzündung, Loch im Trommelfell, Bruch der Gehörknöchelchenkette, Verkalkung (Otosklerose), Fremdkörper, Ohrenschmalzpfropf (Cerumen) |
Schallempfindungsschwerhörigkeit | plötzlich einseitige Hörminderung (hohe und/oder tiefe Töne), zum Teil Ohrgeräusche
Schwindel, Gleichgewichtsstörungen | Das Problem liegt im Innenhor.
Mögliche Ursachen: Vererbung, Hörsturz, Infektionskrankheiten wie Röteln oder Mumps, Altersschwerhörigkeit, dauerhafter oder kurzer Lärm |
Tinnitus | kontinuierlich oder plötzlich auftretende Ohrgeräusche – ohne, dass eine Tonquelle zugeordnet werden kann | Das Problem kann im gesamten Ohrapparat, in der Region der Hörverarbeitung oder sogar an der Halswirbelsäule liegen.
Mögliche Ursachen: Stress, Lärmschäden, Durchblutungsstörungen, Hörsturz, Stoffwechselerkrankungen, Kiefer- oder Zahnentzündungen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Probleme mit der Halswirbelsäule |
Für die Beurteilung der Hörfähigkeit eines Menschen sind zwei Parameter ausschlaggebend: Frequenz und Lautstärke. Die Frequenz, also die Tonhöhe, wird in Hertz (Hz) gemessen. Ein gesundes Gehör nimmt Frequenzen zwischen ca. 20 und 20.000 Hz wahr, wobei es auf den Bereich zwischen 500 und 6.000 Hz besonders empfindlich reagiert – in diesen Breitengraden bewegt sich die menschliche Stimme. Bei der Lautstärke fungieren Dezibel (dB) als Maßeinheit.
Abhängig von der Frequenz eines Geräusches ist für das Gehör eine bestimmte Lautstärke notwendig, um dieses wahrzunehmen. Als Grenzwert wird jeweils die sogenannte Hörschwelle definiert. Je nachdem wie weit die Hörfähigkeit eines Menschen von dieser Schwelle abweicht, wird die Schwerhörigkeit in fünf Stadien bzw. Schweregrade unterteilt:
Stadium
| Abweichen der Hörfähigkeit | Wahrnehmung des Betroffenen |
---|---|---|
Normalhörigkeit | bis zu 20 dB | keine Einschränkungen |
geringgradige Schwerhörigkeit | ab 20 dB | Uhr-Ticken, Blätterrauschen, etc. werden nicht mehr wahrgenommen |
mittelgradige Schwerhörigkeit | ab 40 dB | durchschnittlich laute Grundgeräusche in Wohngebieten werden nicht wahrgenommen |
hochgradige Schwerhörigkeit | ab 60 dB | normale Sprechlautstärke eines Gesprächspartners wird nicht wahrgenommen |
an Gehörlosigkeit grenzende Schwerhörigkeit | ab 80 dB | auch laute Musik und Autobahn-Geräusche werden nicht wahrgenommen |
Früherkennung ist für den Therapieerfolg wichtig. Bei Verdacht auf Schwerhörigkeit ist der Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde der richtige Ansprechpartner. Dieser wird nach einem ausführlichen Anamnese-Gespräch über Art und Verlauf der Hörminderung eine körperliche Untersuchung durchführen.
Folgende Untersuchungen stehen zur Verfügung:
Die Therapie richtet sich in erster Linie nach der Ursache der Schwerhörigkeit. Es gibt sowohl medikamentöse Therapien als auch operative Maßnahmen sowie Hörgeräte.
Prinzipiell gibt es keine Vorbeugungsmaßnahmen, mit denen sich die Entwicklung einer Schwerhörigkeit gezielt verhindern lässt. Es ist jedoch definitiv förderlich für die Gesundheit der Ohren, diese nicht dauerhaft allzu lautem Lärm auszusetzen. Bei Konzertbesuchen oder in besonders bassgeladenen Diskotheken empfiehlt sich der Griff zu Ohrstöpseln. Gesunde Ernährung, der Verzicht auf Tabak und – vor allem – ein rascher Arztbesuch bei ersten Anzeichen einer Hörverminderung wirken sich ebenfalls positiv aus.
Seien Sie sensibel gegenüber Veränderungen, die Ihre eigene Hörleistung betreffen. Gerade Altersschwerhörigkeit wird von Betroffenen lange nicht bemerkt. Oft sind es sogar Freunde oder Verwandte, die die Schwerhörigkeit als erstes feststellen. Eine unbehandelte Hörminderung kann auf Dauer zu Frust und dazu führen, dass der Betroffene die Lust an Gesprächen und an sozialen Kontakten verliert.
Um die Abwärtsspirale zu verhindern, die sich von schlechtem Hören über Isolation bis hin zur Depression ziehen kann, ist es wichtig, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen. Angehörige sollten behutsam darauf hinweisen, dass das Tragen eines Hörgeräts keine Schande ist und – so wie das Tragen einer Brille – nicht unbedingt etwas mit hohem Alter zu tun hat. Gerade in der Angewöhnungsphase des Geräts sollte auch auf das psychische Wohlbefinden der Betroffenen geachtet werden: Sie haben sich daran gewöhnt, dass ihre Umgebung leiser geworden ist und einige Töne und Laute verloren hat. Wenn plötzlich wieder alles klar und deutlich ertönt, kann das einen Schock darstellen und für die Betroffenen anstrengend sein, bis sie sich wieder daran gewöhnt haben. Angehörige sollten in dieser Umstellungsphase besonders darauf achten, ihre Lautstärke gegenüber dem Schwerhörigen wieder zu senken, damit er nicht das Gefühl hat, angeschrien zu werden.