Neurodermitis (atopische Dermatitis, atopisches Ekzem)

Frau cremt ihr Ekzeme ein.
Etwa jedes 6. Kind im Vorschulalter und 3 % der Erwachsenen sind an Neurodermitis erkrankt.
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Neurodermitis ist eine schubförmig auftretende Hauterkrankung und zeigt sich durch starken Juckreiz und Ausschläge in Ellbogen- und Kniebeugen.

Medizinische Expertise

Wolfram Hötzenecker

Prim. Priv.-Doz. DDr. Wolfram Hötzenecker, MBA

Vorstand der Klinik für Dermatologie und Venerologie, Med Campus III., Kepler Universitätsklinikum Linz
Krankenhausstraße 7a, 4020 Linz
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Die Neurodermitis ist eine chronisch Erkrankung, die schubweise verläuft und durch das Trias Juckreiz, Entzündung und Trockenheit der Haut charakterisiert ist. Neurodermitis kann oft durch eine Allergie und durch chemische oder mechanische Reize, Stress und Infektionen verstärkt werden. Eine spezielle Neurodermitis-Ernährung ist nur dann sinnvoll, wenn eine Nahrungsmittelallergie besteht (z.B. auf Milch oder Soja). Gegen Neurodermitis helfen Salben, die die Entzündung hemmen, den Juckreiz mindern und die trockene Haut wieder geschmeidiger machen. Schuppenflechte (Psoriasis) sieht zwar ähnlich aus, ist aber eine andere Krankheit und bei Kleinkindern sehr selten.

Etwa jedes sechste Kind im Vorschulalter (etwa 50.000 bis 60.000 Kinder in Österreich) und 3 % der Erwachsenen leiden an Neurodermitis, wobei die Zahlen je nach Studie stark schwanken. Oft vergeht die Neurodermitis von selbst, wenn das Kind ins Schulalter kommt. Kinder von Neurodermitikern und Allergikern haben öfter Neurodermitis als andere Kinder.

Die Ursache der Neurodermitis ist multifaktoriell (durch viele Faktoren bedingt). Oftmals liegt eine Störung der Barrierefunktion der Haut vor, zudem können erbliche Faktoren und unser Immunsystem die Entstehung einer Neurodermitis beeinflussen. Neben diesen Ursachen gibt es bekannte Auslöser und "Verstärker", die einen Schub der Krankheit auslösen oder diese verschlechtern können:

  • Inhalationsallergien, z.B. gegen Hausstaubmilben, Pollen, Katzenhaare.
  • Mechanische Reize, z.B. durch kratzige Wolle oder Synthetik.
  • Chemische Reize, z.B. zu scharfe Seife, Schwitzen, Tabakrauch.
  • Feuchtigkeit, vor allem, wenn der Patient ihr dauernd ausgesetzt ist (z.B. Koch, Wäschereiarbeiter).
  • Nahrungsmittel mit allergenem Potential, bei Kindern v.a. Milch, Ei, Soja, Nüsse, Weizen, Fisch, bei Erwachsenen oft Kreuzallergene wie Nüsse, rohes Obst, bestimmte Gewürze und Gemüse.
  • Infektionen, z.B. mit Bakterien, Pilzen oder Viren: z.B. Infekte wie Mandelentzündung.
  • Wetterbedingungen, z.B. extreme Kälte, Trockenheit (durch tiefe Temperaturen, Heizung oder beides), schwüles Wetter.
  • Stress, Konflikte und generell Aufregungen.

Die häufigsten Beschwerden bei Neurodermitis sind

  • Juckreiz
  • Ekzeme (Ausschläge) der Haut
  • Trockene Haut
  • Infektionen durch das Aufkratzen des Ausschlags

Das wichtigste Symptom (und gleichzeitig das lästigste) ist der oft quälende Juckreiz, der am ganzen Körper auftreten kann und zum hemmungslosen Kratzen verleitet. Er lässt die Patienten manchmal nicht schlafen und führt so zur Erschöpfung. Das ist nicht nur für das Kind sehr belastend, sondern für die ganze Familie. Der kleine Trost: Es gibt wirksame Behandlungsmethoden (siehe unten) und sehr oft vergeht die Neurodermitis nach einigen Jahren.

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Neurodermitis nicht nur im Gesicht

Bei Kleinkindern äußert sich die Neurodermitis in roten Stellen im Gesicht: an den Wangen, am Kopf und bei stärkeren Schüben am Rumpf und an den Gliedmaßen. Bei allen Altersstufen entsteht besonders in den Ellenbogen- und Kniebeugen, an den Innenseiten der Arme und an Händen und Füßen ein roter knötchenartiger Ausschlag, wobei sich dieser durch das Kratzen auch leicht entzünden kann. Manchmal sind es auch Bläschen, die – vor allem, wenn sie aufgekratzt werden – auch eitrig sein können. Generell entzündet sich die trockene Haut sehr leicht und oft siedeln sich dann Bakterien, Pilze oder Viren an.

Auch die Augenlider können sich entzünden, was ebenfalls sehr unangenehm ist. Manchmal sind die Mund-, Nasen- und Ohrenwinkel betroffen, was sich in kleinen Rissen (Rhagaden) zeigt.

Diese Ausschläge und anderen Symptome treten einmal heftiger, einmal weniger heftig auf, können auch ganz verschwinden und dann wiederkommen. Ohne Behandlung werden sie meist immer häufiger und stärker, sie können aber auch ganz verschwinden. Sehr oft entwickelt jemand, der in früher Kindheit eine Neurodermitis hatte, später einen allergischen Heuschnupfen und/oder Asthma.

Die Diagnose stellt der Hautarzt oder der Kinderarzt durch Befragung (Anamnese) und Begutachtung der Haut.

Eine Blutuntersuchung auf bestimmte Antikörper (IgE) kann zeigen, ob eine Allergie neben der Neurodermitis vorliegt. In diesem Fall helfen Prick-Test und Intrakutantest, den genauen Auslöser herauszufinden.

Die häufigste Therapie sind Salben mit Kortikosteroiden und Calcineurin-Hemmern (Tacrolimus, Pimecrolimus), die entzündungshemmend wirken. Dazu kommen Salben, Cremes, Emulsionen und andere Zubereitungen, die den Juckreiz stillen und der trockenen Haut das notwendige "Fett" bzw. die Feuchtigkeit zuführen. Hier findet sich eine Unzahl an Präparaten und manchmal muss erst ausprobiert werden, welches für den jeweiligen Patienten das Beste ist.

Gegen zusätzliche Entzündungen durch Bakterien, Viren oder Pilze werden ergänzende Salben oder Tabletten und Infusionen verwendet. Auch Antihistaminika in Tablettenform können den Juckreiz lindern.

Eine Behandlung mit UV-Strahlen (Phototherapie) hilft vielen, wird aber nicht von jedem vertragen. Vor allem für Kinder unter 12 ist die Phototherapie nur selten geeignet.

Die spezifische Immuntherapie (SIT) hilft gegen Neurodermitis allein wenig, allerdings haben viele Neurodermitiker auch Asthma oder einen Heuschnupfen. Ob eine SIT sinnvoll ist, kommt auf das Allergen und den Einzelfall an.

In sehr schweren Fällen können auch Tabletten oder Spritzen verschrieben werden, die das Immunsystem beeinflussen (z.B. Cyclosporin, Antikörpertherapien), die allerdings auch Nebenwirkungen haben können.

Wenn ein Auslöser/Verstärker gefunden werden kann, diesen möglichst meiden. Also bei Nahrungsmittelallergie das jeweilige Nahrungsmittel nicht essen, bei Hausstaubmilbenallergie Maßnahmen gegen die Milben und bei Pollenallergie gegen die Pollen ergreifen. Aber bitte damit warten, bis sicher ist, dass tatsächlich die Allergie vorhanden ist, vor allem bei Nahrungsmitteln.

Die Haut richtig pflegen. Das bedeutet vor allem pH-neutrale (d.h. dem Säurewert der Haut angepasste) Seifen und rückfettende Cremes oder Lotionen, am besten Produkte, die speziell für Neurodermitis-Patienten entwickelt wurden. Nach dem Duschen oder Baden mit dem Handtuch tupfen, nicht reiben (z.B. ins Handtuch einwickeln und kurz stillhalten). Eher kühl, kurz und selten duschen und baden.

Kinder am Kratzen hindern! Vor allem in der Nacht kratzen sich Kinder oft unbewusst und Kleinkinder verstehen einfach nicht, dass sie sich nicht kratzen sollen. Da helfen Fäustlinge, die gut am Handgelenk befestigt sein müssen. Kurzgeschnittene Fingernägel helfen auch, das Kratzen zu verhindern.

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Viel an die frische Luft gehen und regelmäßig lüften. Im Winter eventuell mit einem Schutz vor Austrocknung für die freiliegenden Hautstellen (Hände, Gesicht).

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Was ist Neurodermitis?

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Wie äußert sich die Erkrankung?

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Welche Faktoren können für die Krankheit ursächlich sein?

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Was kann einen Neurodermitisschub auslösen?

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Wie kann Neurodermitis behandelt werden?

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Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

23. März 2021

Erstellt am:

9. Dezember 2013

Stand der medizinischen Information:

23. März 2021


ICD-Codes:
  • L20
  • L28

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