Die Polycythaemia vera (PV) gehört zur Gruppe der chronisch myeloproliferativen Neoplasien (MPN). Diese Erkrankungen zeichnen sich durch Störungen im blutbildenden System aus, die auf eine genetische Mutation zurückzuführen sind und zu einem Überschuss an Blutzellen führen. Die Symptome können von Patient zu Patient sehr unterschiedlich ausfallen und da sie sehr unspezifisch sind, ist die Diagnosestellung nicht ganz einfach.
Aufgrund der erhöhten Anzahl an roten Blutkörperchen (Erythrozyten) wird das Blut zähflüssiger und kann dadurch schlechter durch die Blutgefäße rinnen. Ein dadurch entstehender Bluthochdruck und/oder Durchblutungsstörungen können mit folgenden Symptomen einhergehen:
Die letzten beiden Symptome kommen vor allem durch ein erhöhtes Blutvolumen zustande.
Des Weiteren treten bei Menschen mit Polycythaemia vera auch andere Beschwerden auf:
Wenn die Durchblutungsstörungen nicht behandelt werden, können sich die Blutgefäße verstopfen – dann sind auch Blutgerinnsel (Thrombosen) und dadurch verursachte Embolien (z. B. Lungenembolie) nicht auszuschließen. Wenn die Herzkranzgefäße nicht ausreichend durchblutet werden, kann es auch zu Schmerzen und Engegefühl in der Brust (Angina pectoris) kommen. Auch ein Herzinfarkt oder Schlaganfall ist als Folge einer unbehandelten PV möglich.
In späteren Phasen der Erkrankung nimmt die Kraft des Knochenmarks zur Blutbildung ab. Es werden dann die Blutzellen nicht mehr so wie anfangs vermehrt gebildet, sondern sie werden kontinuierlich weniger. So ist das geschwächte Immunsystem anfälliger auf Infektionen, da die Anzahl der Abwehrzellen abnimmt. Außerdem steigt die Blutungsneigung aufgrund eines Mangels an Blutplättchen. Auch die Milz kann sich vergrößern, weil sie sich bei fortschreitender Erkrankung stärker an der Blutbildung beteiligt – diese Vergrößerung kann Schmerzen im linken Oberbauch verursachen.
Durch moderne Behandlungsmethoden und eine frühzeitige Diagnose von PV können solche Komplikationen mittlerweile aber gut vermieden werden.
Eine häufige genetische Mutation bei PV-Patienten ist die JAK2-Mutation. Um eine Polycythaemia vera mit Sicherheit zu diagnostizieren, ist der Nachweis der JAK2-Mutation zwar wichtig, für sich alleine genommen aber nicht ausreichend. Zusätzlich müssen die Blutwerte geprüft und eine Knochenmarkbiopsie durchgeführt werden.
Nach den aktualisierten Diagnoserichtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird in Haupt- und Nebenkriterien unterschieden. Zum Nachweis einer PV müssen entweder alle drei Hauptkriterien oder die ersten beiden gemeinsam mit dem Nebenkriterium vorliegen.
Hauptkriterien:
Nebenkriterium: niedriger Erythropoetin-Spiegel (Erythropoetin ist ein in der Niere gebildetes Hormon, das zum Wachstum roter Blutkörperchen beiträgt)
Wenn im Rahmen dieser Untersuchungen jedoch das Philadelphia-Chromosom – ein verkürztes Chromosom 22, das bei manchen Leukämieformen vorkommt – im Blut oder Knochenmark nachgewiesen wird, handelt es sich definitionsgemäß nicht mehr um eine PV. Dann spricht man von einer chronischen myeloischen Leukämie – denn bei PV tritt dieses Chromosom nie auf.
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