Venenerkrankungen

Die Venen treten deutlich hervor.
Krampfadern und Besenreiser sind die häufigsten chronischen Venenerkrankungen
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Venenerkrankungen verursachen anfangs kaum Beschwerden. Nicht mehr intakte Venen sind nicht in der Lage, das Blut zum Herzen zu transportieren, das kann zu einem Blutstau führen.

Medizinische Expertise

Harald Petje

OA Dr. Harald Petje

Facharzt für Chirurgie
Wasnergasse 15, 1200 Wien
petje.at
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Am häufigsten betreffen diese Erkrankungen die Beinvenen, da das Blut dabei gegen die Schwerkraft fließen muss und Venenklappen dafür sorgen, dass es nicht wieder zurückfließen kann. Jede 2. Frau und jeder 3. Mann laboriert an Venenerkrankungen, am häufigsten an Krampfadern und (harmlosen) Besenreisern. Jede Art von Haut- bzw. Venenveränderung sollte vom Facharzt kontrolliert werden, um Komplikationen, wie Thrombosen, Venenentzündungen oder – bei nicht behandelter Thromobose – eine Lungenembolie zu verhindern.

Jede 3. Frau und jeder 3. Mann in Österreich laboriert an Venenerkrankungen. Am häufigsten sind Besenreiser (80 % der Betroffenen) und Krampfadern (50 % der Betroffenen) bzw. eine Kombination beider Krankheitsbilder.

Der Begriff "Venenerkrankung" beschreibt 2 verschiedene Arten von Beschwerdebildern:

  • Akute Formen: Phlebitis, Thrombose
  • Chronische Formen: Krampfadern (Varizen), chronische Veneninsuffizienz

Chronische Venenerkrankungen

Stadien/
Diagnose

Therapie

Mögliche Folgen
ohne Therapie

Krampfadern

kleine Varizen (Besenreiser/verästelte, retikuläre/vernetzte Varizen)

große Varizen (Stammvarikose, Nebenastvarikose)


Ursachen/Symptome:
z.T. genetisch bedingt, Bewegungsmangel, Schwangerschaft, Hormone (Pille)

Primäre Varikose: schwache und schadhafte Venen

Sekundäre Varikose:
nach einer Thrombose oder Venenentzündung

  • Mikroschaum-Verödung
    Stripping
  • Radiofrequenz - VNUS-Closure-Methode
  • Endovenöse Lasertherapie (EVLT, ELVeS)
  • Miniphlebektomie
  • Chiva-Methode
  • Kompressionstherapie
  • Medikamente
  • Venenentzündung
  • Tiefe Bein- und Beckenthrombose
  • Geschwür (offener Fuß)

Chronische Veneninsuffizienz

Ursachen/Symptome:
Müde, schwere Beine

Anzeichen sind Hautverfärbungen, Schmerzen, Schwellungen

Stadium 1: Schwellung der Knöchel/Füße

Stadium 2: Ödembildung

Stadium 3: Offenes Geschwür

Kompressionstherapie

Bildung eines chronischen Geschwürs (Ulcus)

Akute Venenerkrankungen

Stadien/
Diagnose

Therapie

Mögliche Folgen
ohne Therapie

Akute Bein- und Beckenthrombose

Ursachen:
Schäden an Gefäßwand
Blutgerinnungsstörung

Verlangsamter Blutfluss aufgrund von Unfällen, nach Operationen, nach langem Sitzen, Schwangerschaft (Mehrbelastung der Venen), Hormonen (Pille, beeinflusst die Blutgerinnung)

Symptome:
Schwellungen,
Hautverfärbungen,
Schmerzen beim Auftreten

Bildgebende Diagnostik:
Suplex-Sonografie, Phlebographie

  • Medikamentös: Heparin
  • Kompressionstherapie
  • Thrombolyse (bei frischen Thrombosen)

Lungenembolie ("stumme Lungenembolie", ohne Beschwerden)

Blutabflussstörung (Postthrombotisches Syndrom)

Venenentzündung

Ursachen:
Krampfaderleiden (in 10% der Fälle)

Symptome können sein:
Blutstau, Wassereinlagerungen im Gewebe, Schmerzen, Rötung der Venen (Krampfadern)

Klinische Untersuchung "Blickdiagnose"

  • Kompressionstherapie
  • Stichinzision (Ausschneiden des Thrombus) Kompressionstherapie
  • Heparin (bei Entzündungen der Oberschenkelvenen)

Bei Entzündungen der Venen am Oberschenkel ist das Embolierisiko erhöht.

Lungenembolie

Ursachen:
Folge einer tiefen Bein- und Beckenthrombose

  • Messung der Vitaldaten
  • Röntgen
  • CT
  • Blutgasanalyse

Medikamentös: Gerinnungshemmer, Gerinnsel auflösende Medikamente

Entfernung des Thrombus

Eine nicht/zu spät behandelte Lungenembolie kann zum Tod führen.

Ein ausführliches Arzt-Patientengespräches (Anamnese) geht einer bildgebenden Diagnose voran. Darin fragt der Arzt nach Kriterien, wie

  • Alter, Größe und Gewicht des Betroffenen
  • Berufliche Situation (langes Stehen oder Sitzen)
  • Ernährung
  • Sportliche Aktivitäten
  • Vorangegangene Krankheiten (Venenentzündungen, Thrombosen)
  • Familiäre Erkrankungen (Thrombosen, Bluthochdruck etc.)
  • Medikamenteneinnahme
  • Schwangerschaften

Bildgebende Verfahren

  • Ultraschall-Doppler-Untersuchung: diese schmerzlose Ultraschalluntersuchung zeigt, ob die Venenklappen intakt sind. Der Arzt setzt zum Abhören an der Oberschenkel-Innenseite oder an der Kniekehle an, die Impulse werden über Bildschirm als Kurven aufgezeichnet.
  • Duplex-Ultraschalluntersuchung (Farb-Duplexsonografie): mithilfe einer Ultraschallsonde werden über Computerverfahren die Venen des Betroffenen auf einem Bildschirm dargestellt. Die Untersuchung ist schmerzlos und zeigt in Farbe den Venenverlauf, sowie den Blutfluss.
  • Lichtreflexionsrheographie (LRR) oder Photoplethysmographie (PPG): zur Messung des Blutvolumens wird ein Teil des betroffenen Hautgewebes mit Infrarot beleuchtet, der Betroffene bewegt dabei die Beine. Der rote Blutfarbstoff Hämoglobin absorbiert Licht und ermöglicht es, aufzuzeigen, welche Venenbereiche sich mit Blut füllen und wieder leeren. Diese schmerzlose Untersuchung zeigt, welche Venen funktionstüchtig bzw. beeinträchtigt sind.
  • Venenröntgen (Phlebographie) und Venendruckmessung: diese eher schmerzhaften Punktions- bzw. Kontrastmitteluntersuchungen kommen gegenwärtig kaum zur Anwendung. Der Arzt orientiert sich in der Diagnostik an den oben genannten Methoden.

Krampfadern

Krampfadern, medizinisch "Varizen" sind die häufigste Art von Venenerkrankungen, sie gehören der Gruppe chronischer Venenbeschwerden an. Mit "Krampf" haben sie jedoch nichts gemeinsam, der Begriff leitet sich aus dem Mittelhochdeutschen "krump" (krumm) ab. Varizen entstehen, wenn sich Blut in den Beinvenen staut - zunächst meist an den Unter-, Oberschenkeln oder in der Kniekehle – und nicht mehr im normalen Ausmaß in Richtung Herz geleitet wird.

Bei Krampfadern unterscheiden Mediziner

  • kleine Varizen (Besenreiser, retikuläre Varizen)
  • große Varizen (Stammvarikose, Nebenastvarikose)

Kleine Varizen – Besenreiser

Besenreiser werden als "Mikrovarizen" bezeichnet. Sie sind meist harmlos und zeigen sich in rötlich-blauen Verästelungen an den Beinen. Diese entstehen, wenn sich kleine Gefäße im Laufe der Zeit erweitern, das ist durchwegs genetisch bedingt. Ob Besenreiser behandlungsbedürftig sind, weil möglicherweise daraus Krampfadern entstehen können, entscheidet der Facharzt.

Große Varizen

Diese Art von Krampfadern bezeichnen Mediziner – je nach Lokalisation – als Stammvarikose oder Nebenastvarikose. Beide Arten können im Verlauf der Jahre Veränderungen an der Haut hervorrufen und möglicherweise auch ein Geschwür (Ulkus) verursachen.

Ursachen von Krampfadern:

  • Genetische Disposition
  • Bewegungsmangel (stehende, sitzende Berufe)
  • Schwangerschaft (aufgrund der erhöhten körperlichen Belastung, erhöhte Blutmenge)
  • Hormone (Pille): Östrogen wirkt venenerweiternd, Gestagen und Progesteron hingegen venenverengend
  • Übergewicht
  • Wärme (Sauna, häufige warme Bäder)

Zur Behandlung von Krampfadern steht eine Reihe von Therapien zur Wahl:

  • Stripping: dabei werden schadhafte Teil der Krampfader mit Hilfe eines Drahtes heraus gezogen. Die Operation erfolgt meist in Narkose, ist aber auch in Spinalanästhesie ("Kreuzstich") oder in lokaler Anästhesie möglich.
  • Verödungstherapie (Sklerotherapie): In die Vene wird eine Substanz eine entzündungsfördernde Substanz gespritzt, die Vene verklebt und ist "stillgelegt".
  • Mikroschaum-Verödung: diese Verfahren ist eine Weiterentwicklung der Sklerotherapie. Dabei wird Schaum mit einer Nadel unter Ultraschallkontrolle in die Krampfader gespritzt, das Blut wird im betroffenen Teil der Vene verdrängt, die Vene stillgelegt.
  • Thermische Methoden (VNUS-Closure, Laser-Therapie, Endovenöse Obliteration): Im Zuge eines minimalinvasiven Eingriffs unter lokaler Anästhesie wird ein Laser in die Vene eingebracht, durch das gebündelte Licht werden die betroffenen Gefäße "verkocht" bzw verschweißt.
  • Chiva-Methode: ambulante Alternative zum "Stripping", mit Ultraschall wird die schadhafte Vene lokalisiert und blockiert. Dabei bleibt die Vene erhalten.

Wichtig bei jeder Therapie ist eine adäquate Nachbehandlung, nämlich eine Kompressionstherapie. Dabei werden für etwa 6 Wochen Kompressionsstrümpfe getragen.

Chronische Veneninsuffizienz

Eine Veneninsuffizienz kann entweder ohne sichtbare Beeinträchtigungen der Haut an den Beinen oder auch mit Hautveränderungen einhergehen. In diesem Fall spricht man von einer chronischen Veneninsuffizienz.

Ursache der Erkrankung ist ein Blutstau in den Beinen, der vielfach infolge eines Krampfadernleidens (Varikose) oder Bluthochruck entsteht.

Venenentzündung (Phlebitis)

Eine Venenentzündung kann auch gesunde Venen (in ca. 10 % der Fälle) betreffen. Meist jedoch tritt sie in Verbindung mit einem Krampfadernleiden – bei etwa jedem 3. Betroffenen – auf. Venenentzündungen sind ein Hinweis, dass sich möglicherweise eine Venenthrombose gebildet hat.

Venenentzündungen äußern sich in nachstehenden Symptomen:

  • Schmerzen im Bereich der Entzündung
  • Rötung der Haut
  • Verhärtungen im Bereich der Vene (bzw. Krampfader)

Sind oberflächliche Venen betroffen, bahnt sich das Blut seinen Weg über andere Venen. Liegt jedoch ein Thrombus (Blutgerinnsel) vor, muss dieser entfernt werden, um eine Ausdehnung in das tiefe Venensystem zu verhindern.

Die einzig zielführende Behandlung ist die Kompressionstherapie, sowie die Linderung der Schmerzen. Kühlende Umschläge, Hochlagern der Beine und evt. eine Behandlung mit heparinhältigen Salben kann die Heilung beschleunigen.

Tiefe Bein- bzw. Beckenthrombose (TVT)

Langes Liegen nach Operationen, übermäßig langes Sitzen oder Stehen kann Symptome hervorrufen, die einem Muskelkater ähnlich sind. Kommen jedoch heftige Schmerzen, sowie Schwellungen oder Hautverfärbungen hinzu, kann das ein Zeichen für eine akute tiefe Bein- oder Beckenthrombose sein, die sofort behandelt werden muss. Die Symptome können leicht übersehen werden, eine Lungenembolie kann die Folge sein – und diese kann auch tödlich sein.

Die Ursachen einer tiefen Bein- und Beckenthrombose sind vielfältig, so etwa können nach

  • Unfällen
  • Operationen bzw. langem Liegen
  • langem Sitzen

Schäden an den Gefäßwänden entstehen, ebenso können infolgedessen Blutgerinnungsstörungen auftreten oder die "Stase" (Geschwindigkeit des Blutflusses) beeinträchtig sein. Da die Venen in der Schwangerschaft etwa um ein Viertel mehr Blutmenge transportieren, steigt das Risiko für eine Thrombose um das 5-fache. Die Einnahme der Pille kann das Thromboserisiko um das 4-fache erhöhen, da Östrogen die Blutgerinnung hemen kann.

Die Symptome einer tiefen Beinvenenthrombose sind individuell verschieden. Meist fühlen sich die Beine schwer an, die betroffene Stelle ist gerötet und heiß, auch Druckschmerz kann eine Begleiterscheinung sein. Andererseits kann eine solche Erkrankung ohne starke Beschwerden verlaufen, bei jedem 2. Betroffenen bleibt sie unbemerkt. Dadurch erhöht sich jedoch das Risiko, dass sich infolge einer Thrombose eine Lungenembolie oder ein postthrombotisches Syndrom entwickelt, eine meister dauerhafte Blutabflussstörung.

Therapie der tiefen Venenthrombosen: Um Komplikationen zu vermeiden (z.B. Lungenembolie) werden gerinnungshemmende Medikamente (Heparin) verabreicht. Um den Thrombus aufzulösen, stehen Fibrinolytika zur Verfügung.

Ergänzend dazu muss eine Kompressionstherapie durchgeführt werden. Gelingt es auf diesem Weg nicht, das Blutgerinnsel aufzulösen, muss der Thrombus operativ entfernt werden. Bei etwa der Hälfte aller Betroffenen kommt es infolge einer tiefen Venenthrombose zu einer Schädigung der Venenklappen (postthrombotisches Syndrom), das gegenwärtig jedoch nicht behandelbar ist.

Lungenembolie

Wird ein Blutgerinnsel zu spät erkannt, kann es sich in den Lungenstrombahnen absetzen und stellt damit ein tödliches Risiko dar.

Typische Anzeichen einer Lungenembolie sind Atemnot, Brustschmerzen, blutiger Husten, Druck in der Brust, Angst- und Beklemmungsgefühl, erhöhter Pulsschlag, evt. Ohnmacht bis hin zu Kollaps.

Diese Komplikation ist ein absoluter Notfall. Ziel der Therapie ist es, das Blutgerinnsel in der Lungenarterie medikamentös aufzulösen (Heparin, Fibrinolytika) oder operativ zu entfernen.

Bewegung ist ein wesentlicher Faktor, um Venen gesund zu halten. Vor allem Menschen, die im Berufsleben lange sitzen oder stehen müssen, sollten auf ausreichende sportliche Betätigung, ausgewogene Ernährung und ihr Gewicht achten. Hinzu kommt die SSLL-Regel, sie besagt: Stehen und Sitzen vermeiden, besser Laufen und Liegen. Das entlastet die Venen.

Sportarten, die sich günstig auf die Venengesundheit auswirken:

Da sich Blutgefäße bei Wärmeeinwirkung ausdehnen, sollten Sie auf längere warme Bäder verzichten, auch Saunagänge sollten Sie mit Maß und Ziel durchführen. Besser ist es, die Beine täglich mit kaltem Wasser, kalten Güssen oder mit Kneipp-Therapie zu behandeln.

Wenn Sie eine Therapie absolviert haben bzw. an einer akuten Venenerkrankung laborieren sind konsequente Kompressionsbehandlung und ausreichend Bewegung unersetzliche Therapiesäulen.


Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Erstellt am:

29. März 2018

Stand der medizinischen Information:

29. März 2018

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