Tumoren in diesem Bereich wachsen im Allgemeinen nur langsam und verursachen zunächst auch keine Schmerzen. Erste Anzeichen können Schwellungen, Schmerzen in diesem Bereich oder teilweise Gesichtslähmungen sein. Gutartige Tumoren können auch nach dem Abheilen einer Speicheldrüsenentzündung entstehen. Tumoren der Ohrspeicheldrüse sind zwar zu 80% gutartig, dennoch sollte jeder Tumor entfernt werden, da er mit zunehmender Größe immer schwieriger zu operieren ist und ein unbehandelter gutartiger Tumor sich im Laufe der Zeit bösartig verändern kann. Bösartige Krebsarten wachsen schnell heran und sind äußerst rezidivfreudig, d.h. sie können trotz Therapie zu 50% wieder auftreten bzw. Metastasen bilden.
Ohrspeicheldrüsenkrebs ist eine seltene Krebserkrankung, die zur Gruppe der Speicheldrüsenkarzinome gezählt wird. Etwa 80-500 Österreicher erkranken jährlich daran. Davon sind nur die wenigsten bösartige Tumoren!
Hinter dem Backenknochen liegt die größte Speicheldrüse des Menschen, die Ohrspeicheldrüse. Ohrspeicheldrüsentumoren sind selten und zählen zur Gruppe der Speicheldrüsentumoren. Dazu gehören auch Tumoren der Unterzungenspeicheldrüsen oder der Unterkieferspeicheldrüsen. Als mögliche Ursachen für die Entstehung von Ohrspeicheltumoren gelten Bakterienbefall, chronische Entzündungsprozesse der Drüsen, Speichelsteine, auch chronischer Alkohol- und Nikotinkonsum können das Tumorwachstum begünstigen.
Etwa 80% der Ohrspeicheldrüsentumoren sind gutartig. Im Bereich der gut- und bösartigen Tumorarten gibt es jedoch eine Reihe unterschiedlicher Ausprägungen:
GUTARTIGE TUMOREN (80 % ALLER OHRSPEICHELDRÜSENTUMOREN) | CHARAKTERISTIK UND SYMPTOME | DIAGNOSTIK UND VERLAUF | THERAPIE |
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Das pleomorphe Adenom (Tumor besteht aus Haut-, Knorpel- und Drüsengewebe) Anteil: etwa 70-80 % aller gutartigen Ohrspeicheldrüsentumoren
und
Monomorphes Adenom (Tumor besteht nur aus Drüsengewebe) Anteil: etwa 15 % aller gutartigen Ohrspeicheldrüsentumoren | Häufigste gutartige Parotis-Tumorart, wächst meist langsam am Außenlappen der Ohrspeicheldrüse. Meist als derber, verschiebbarer, und nicht schmerzhafter Knoten sichtbar. Der Tumor liegt in einer Kapsel
| Ultraschall (Größe und Lage) Evtl. MRT bei Innenlappentumoren Zunächst keine Beschwerden, im Laufe des Wachstums können Schluckbeschwerden auftreten | Operation, bei der die Tumorkapsel nicht verletzt werden darf, andernfalls besteht die Gefahr einer Neuerkrankung (Rezidiv). Maligne Entartung in 10-15 % der Fälle
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Hämangiom Anteil: unter 1 % aller gutartigen Ohrspeicheldrüsentumoren
| Tumoren der Blutgefäße, vor allem bei 3 % der Säuglinge, Kleinkinder meist im Kopf- oder Nackenbereich, zu 75 % angeborene Gefäßanomalien, selten an der Ohrspeicheldrüse
| Klinische Diagnose: kapilläres Hämangiom wächst zunächst rasch, verblasst im Laufe der ersten Lebensjahre bzw. verschwindet (zu 80 %) und verändert sich schwammig (20 %) und wird rötlich-blau, kann auch an inneren Organen oder im Zentralnervensystem entstehen, bildet sich nicht zurück (Thrombengefahr!) | Bilden sich meist von selbst zurück. Bei schnell wachsenden oder blutenden Tumoren: Operation empfohlen, Laserabtragung
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Warthintumor (Zystadenolymphom) Anteil: etwa 6 bis 30 % aller gutartigen Ohrspeicheldrüsentumoren
| Durchwegs an der Ohrspeicheldrüse, langsam wachsender Tumor, schmerzlose Schwellung; extrem selten kann sich daraus eine Gesichtsnervenlähmung entwickeln
| Sonographie | Operation, je nach Lage u.U. auch mit Teilentfernung der Drüse; nimmt extrem selten einen bösartigen Verlauf |
BÖSARTIGE TUMOREN (20 %) ALLER SPEICHELDRÜSENTUMOREN | CHARAKTERISTIK UND SYMPTOME | DIAGNOSE UND VERLAUF | THERAPIE/PROGNOSE |
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Azinuszellkarzinom Anteil: etwa 15-30 % aller bösartigen Speicheldrüsentumoren | Betrifft zu 80 % die Ohrspeicheldrüse (20 % andere, z.B. Bauchspeicheldrüse, Leber, Lunge), wächst langsam, beerenartig, wenig aggressiv, abgekapselt, kann aber im Frühstadium Metastasen bilden Schmerzhaft, es kann zu Gesichtsnervenlähmungen kommen
| Laboruntersuchung (Blutbild ) Biopsie (Gewebeprobe)
| Operative Entfernung des Tumors, evtl. Strahlentherapie, Chemotherapie fraglich Bösartiger Tumor mit großen Heilungschancen (80 %), jedoch hohe Rezidivneigung (50 %)
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Mukoepidermoid- karzinom Etwa 20 % aller bösartigen Speicheldrüsentumoren | 70 % aller Karzinome entstehen in der Ohrspeicheldrüse
Schlecht abgegrenzter Tumor, besteht aus schleimbildender und solider Masse
| Laboruntersuchung (Blutbild) Biopsie (Gewebeprobe)
| Je weniger Schleimmasse des Tumors, desto größer sind die Heilungschancen. Ist der Schleimanteil unter 50 % : hochdifferenzierter, Schleimanteil unter 20 %: niedrig differenzierter Tumor; geringe Rezidivrate |
Adenoidzystisches Karzinom etwa 15 bis 20 % aller bösartigen Speicheldrüsentumoren | Seltene Tumorart, 2 bis 15 % dieser Karzinome entstehen in der Ohrspeicheldrüse, am ehesten im fortgeschrittenen Alter ab 60, wächst zystenartig, Schwellungen und Gesichtsschmerzen
| Klinische Untersuchung, Abtasten der Halslymphknoten Feinnadelbiopsie CT/MRT Schwellungen der Halslymphknoten, mitunter Gesichtsnervenlähmung, Sekretfluss aus dem äußeren Gehörgang
| Je nach Art des Karzinoms: vollständige operative Entfernung, Strahlentherapie, Chemotherapie ist nicht erfolgreich Kann in Lunge oder Knochen metastasieren und Rezidive bilden
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Plattenepithelkarzinom Anteil: etwa 5 % aller bösartigen Speicheldrüsentumoren | Tumor kommt sowohl an der Haut über der Parotis als auch primär in der Drüse vor | Biopsie | Vollständige operative Entfernung Neck dissection Strahlen- und/oder Chemotherapie, evtl. Immuntherapie (Antikörpertherapie)
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Entartetes pleomorphes Adenom (etwa in 5-15% der Fälle bei pleomorphem Adenom vorzufinden) |
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Im ersten Schritt erfolgt eine klinische Diagnose, der Arzt tastet die Schwellung ab, untersucht Gehörgang, Mund und Nase.
Um die Beschaffenheit des Tumorgewebes zu diagnostizieren, ist vereinzelt eine Feinnadelbiopsie erforderlich. Bei Verdacht auf einen gutartigen Tumor primär keine Biopsie zur Vermeidung einer Tumorzellaussaat.
Bildgebende Diagnostik: Sonographie, CT und MRT geben Aufschluss über Lage, Art und Größe des Tumors.
Da jeder gut- oder bösartige Tumor der Ohrspeicheldrüse entfernt werden soll, ist eine präoperative Untersuchung wichtig. Die verlässliche Diagnose, ob es sich um eine gut- oder bösartige Veränderung handelt, kann nur histologisch am OP-Präparat erfolgen, eine Schnellschnittdiagnostik im Zuge der Operation kann vereinzelt hilfreich sein. Dies hat den Vorteil, dass bei einer gutartigen Wucherung die zurückbleibende Hauteinsenkung beim eigentlichen Tumoreingriff gleich durch Muskelgewebe aufgefüllt werden kann.
Ohrspeicheldrüsentumoren müssen immer operativ entfernt werden, da sich auch gutartige Arten im Laufe der Zeit bösartig verändern können. Problematisch ist die Operation, da durch die Ohrspeicheldrüse – sie besteht aus einem Innen- und einem Außenlappen – auch der Gesichtsnerv verläuft. Er verzweigt sich und reicht bis in den Gesichtsbereich, wo er die Mimik steuert. Bei einer Operation darf dieser Nerv nicht verletzt werden. Je nach Lage des Tumors müssen unterschiedliche Gewebeareale entfernt werden:
Die Prognose richtet sich nach unterschiedlichen Kriterien. Sie ist gut, wenn der Tumor
Trotz einer fachgerechten Behandlung kann jeder 2. bösartige Tumor erneut auftreten.
Wird der Gesichtsnerv verletzt und bleibt dies unbehandelt, bringt dies eine Gesichtslähmung mit sich. Das Risiko dafür liegt jedoch bei unter 1%. Tritt Speichel aus dem offenen bzw. zu entfernenden Speicheldrüsengewebe in der Wunde, kann eine Speichelfistel entstehen, die jedoch in der Regel spontan ausheilt.
Vereinzelt erlebt der Betroffene auch ein Schwitzen beim Kauen. Das liegt daran, dass sich im Laufe der Zeit (bis zu 3 Jahre nach der OP) feine Nervenäste mit den Schweißdrüsen verbinden. Entsprechende Salben können dieses Problem beheben.
Sowohl bei gut- als auch bei bösartigen Tumoren der Ohrspeicheldrüse kann nach der Entfernung des Tumors bzw. Teilen des Drüsengewebes eine Delle zurückbleiben. Bei gutartigen Tumoren kann dieses fehlende Gewebe im Zuge der Tumoroperation aus einem angrenzenden Muskel (Kopfwendemuskel) eingebracht werden. Bei bösartigen Tumoren muss das Hauptaugenmerk jedoch zunächst auf die Nachbehandlung gelegt werden, kosmetische Korrekturen können erst später durchgeführt werden.
Je nach Art des bösartigen Tumors (z.B. im fortgeschrittenen Stadium) wird eine Strahlentherapie durchgeführt, eine Chemotherapie hingegen ist nur bei bestimmten Tumorarten sinnvoll.