Lungenembolie

Darstellung eines Blutgerinnsels
Bei der Lungenembolie wird eine Lungenarterie durch ein Blutgerinnsel verstopft.
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Eine Lungenembolie ist ein potenziell lebensbedrohliches Ereignis, da durch die Verstopfung einer Lungenarterie durch ein Blutgerinnsel das Herz überlastet wird und dies im schlimmsten Fall zu Herzversagen führt.

Medizinische Expertise

Gernot Rainer

Dr. Gernot Rainer

Facharzt für Lungenerkrankungen
Billrothstrasse 49/Ecke Chimanistraße 1, 1190 Wien
www.ihrlungenarzt.at
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Die Ursache einer Lungenembolie ist zu 95 % ein völliger oder teilweiser Verschluss von Lungenarterien durch ein Blutgerinnsel (Thrombembolie, Thrombose). Ein Thrombus entsteht meist in den tiefen Bein- und Beckenvenen und wird durch den venösen Blutstrom in die Verzweigung der Lungengefäße transportiert. Durch den Verschluss einer großen Lungenarterie kann das zum Zerfall des Lungengewebes (Lungeninfarkt) und einer Überlastung des Herzens führen. Typische Symptome sind im akuten Stadium z.B. plötzliche Atemnot, Schwindel. Herzrasen, Schweißausbrüche, rasselnde Lungengeräusche oder Ohnmacht kennzeichnen eine massive Lungenembolie. Eine Lungenembolie muss nach der Diagnose sofort akutmedizinisch behandelt werden, andernfalls besteht die Gefahr, dass sie innerhalb von 1-2 Stunden tödlich endet.

Die Lungenembolie ist eine Herz-Kreislauf-Erkrankung und dritthäufigste Todesursache in Österreich. Etwa 4.000 Österreicher sterben jährlich daran, in Europa liegt die Zahl der Todesfälle bei einer halben Million Menschen.

Bei einer Lungenembolie kommt es durch eine Störung des Blutflusses zu einer Verstopfung der Lungenarterie. In 95 % der Fälle ist die Lungenembolie eine Komplikation einer großen Beinvenenthrombose. Dabei löst sich ein Thrombus (Blutgerinnsel) aus der Beinvene, gelangt durch den Blutstrom in die rechte Herzkammer, von dort aus in die Lungenarterie und verstopft ein Lungengefäß (Lungeninfarkt).

Der Schweregrad einer Embolie ist abhängig von der Größe des Gerinnsels. Verstopft ein großer Thrombus das Lungengefäß, kommt es zu einem Rückstau des Blutes in der rechten Herzkammer. Das Herz pumpt stärker und rascher und versucht, den Druck in der rechten Herzkammer zu minimieren, indem es sich vergrößert. Wird die Lungenembolie nicht ehestens behandelt, kann das Herz diesem Druck nicht mehr standhalten und kann in kürzester Zeit aufgrund der Überlastung versagen. Eine bessere Prognose ist gegeben, wenn der Thrombus kleiner ist oder ein nur kleines Gefäß blockiert. Das Risiko dabei ist jedoch, dass diese Embolie unerkannt bleibt, denn sie verursacht meist keine Beschwerden.

Risiken für eine Lungenembolie:

  • Operationen bzw. längere Bettlägerigkeit (Thromobosenbildung)
  • Herzschwäche (Herzinsuffizienz)
  • Vorliegende tiefe Venenthrombose
  • Blutdruck unter 100 mmHg
  • Behandlung bösartiger Tumore innerhalb der letzten 6 Monate
  • Rauchen
  • Hormonelle Verhütungsmittel und Rauchen
  • Virchowsche Trias, diese ist eine Kombination nachstehender 3 (Trias-)Kriterien:
  • Gefäßschäden durch Verletzungen, Operationen (Katheter), Entzündungen
  • Verlangsamter Blutstrom (z.B. durch langes Sitzen "Reisethrombose", verhinderte "Muskelpumpe" in den Beinvenen, Tumore)
  • Veränderung der Gefäße (z.B. infolge einer Schwangerschaft, einer Chemotherapie, Operationen ohne Thromboseprophylaxe)


Eine Lungenembolie kann (in etwa 5%) entstehen, wenn die Lungenarterie durch

  • Fett (z.B. Austritt von Knochenmark nach Brüchen)
  • Luft (z.B. durch nicht fachgerecht angewendete Injektionen, Herzkatheter)
  • Gewebe (z.B. Tumorzellen)
  • Bakterien
  • Fruchtwasseraustritt (bei der Geburt)

blockiert wird.

Eine Lungenembolie kann unterschiedliche Schweregrade haben. Bei nachstehenden Symptomen sollte sofort ein Notarzt gerufen werden und gegebenenfalls eine Wiederbelebung des Betroffenen erfolgen:

Symptome einer Lungenembolie je nach Ausprägung / Schweregrad:

SYMPTOME EINER SUBMASSIVEN PULMONALEMBOLIE

SYMPTOME EINER MASSIVEN PULMONALEMBOLIE

Schmerzen im Brustkorb beim Atmen

Schockzustand des Betroffenen, er ist nicht mehr ansprechbar

Plötzliche Atemnot

Schweißausbrüche

Kreislaufstörungen

Ohnmacht, kein fühlbarer Puls,

bläuliche Verfärbung der Haut

Unregelmäßiger Herzrhythmus

Gesteigerte Atemfrequenz, erhöhter Herzschlag

Abfall des Blutdrucks

Herzrasen

Bei Verdacht auf akute Lungenembolie muss der Arzt bereits vor feststehender Diagnose eine entsprechende Therapie einleiten, andernfalls kann die akute Lungenembolie innerhalb von 1 bis 2 Stunden zum Tod führen. Bei unbehandelter akuter Lungenembolie liegt das Todesrisiko bei 30%.

Zu unterscheiden ist zwischen

  • Hochrisiko-Lungenembolie und
  • Nicht-Hochrisiko-Lungenembolie

Bei Hochrisiko-Lungenembolie (der Betroffene ist nicht stabil, ohnmächtig, kein fühlbarer Puls) wird eine Therapie sofort eingeleitet. Danach werden verschiedene diagnostische Methoden angewendet bzw. kombiniert:

  • Spiral-Computertomographie: im Zuge von Röntgenschichtaufnahmen wird das Körpergewebe in Einzelschichten sichtbar gemacht.
  • CT-PA: mithilfe einer Computertomographie wird eine Angiographieuntersuchung (Gefäßuntersuchung) der Lungenarterie durchgeführt.
  • Not-Echokardiographie: Ist die Angiographie nicht möglich, kann am Bett des Betroffenen eine Not-Echokardiographie durchgeführt werden, um den Zustand des Herzens festzustellen.

Bei Nicht-Hochrisiko-Lungenembolie (der Betroffene ist stabil, ansprechbar, zeigt aber entsprechende Symptome) erfolgen zunächst Untersuchungen zur Risikoeinschätzung, um eine exakte Therapie zu ermöglichen. Dazu zählen:

  • Anamnese
  • Erheben der Vitaldaten (Puls, Herzschlag)
  • EKG
  • Röntgenaufnahme des Brustkorbs
  • Wells-Score-Test

Liegt eine Lungenembolie vor?

Jede der mit "Ja" beantworteten folgenden Fragen erhöht das Risiko:

  • Liegt eine tiefe Beinvenenthrombose vor? (Geschwollenes Bein, Schmerzen im Bereich der Venen)
  • Beträgt die Herzfrequenz mehr als 100 Schläge pro Minute?
  • Ist eine Lungenembolie wahrscheinlicher als eine andere Erkrankung?
  • Hat sich der Betroffene in den vergangenen 4 Wochen einer Operation unterzogen?
  • Hatte der Betroffene schon einmal eine Lungenembolie?
  • Ist im Hustensekret Blut vorhanden?
  • Liegt eine Krebserkrankung vor?

Weitere Diagnoseverfahren können je nach Stadium und klinischem Verdacht kombiniert werden:

Blutuntersuchungen

  • Blutgasanalyse: Die Sauerstoffkonzentration ist zumeist deutlich erniedrigt, die CO2-Werte anfänglich auch, sie können bei Erschöpfung allerdings steigen.

  • D-Dimer: Bildet sich ein Blutgerinnsel, so gibt es bestimmte Abbauprodukte frei, die im Blutbild nachgewiesen werden können. Wird ein bestimmter Grenzwert nicht überschritten, so liegt keine Lungenembolie vor.

Bildgebende Verfahren

  • Sonographie der Beinvenen: mittels Ultraschall wird festgestellt, ob eine Beinthrombose vorliegt.
  • Lungenszintigraphie: Eine geringe Menge einer radioaktiven Substanz wird in die Armvene gespritzt. Dadurch kann die Blutversorgung der Gefäße bzw. der Lunge mit einer speziellen Kamera sichtbar gemacht werden. Wird ein Teil der Lunge nicht durchblutet, ist diese Blockade am Bildschirm sichtbar.
  • CTA: die CT-Angiographie ermöglicht eine Darstellung der Blutgefäße. Bei diesem Verfahren wird eine geringe Menge einer radioaktiven Substanz in die Venen gespritzt, um den Kontrast zwischen Blutgefäßen und umgebendem Gewebe darzustellen und eine Blockade des Blutflusses durch einen Thrombus sichtbar zu machen.

Herzuntersuchungen

  • Echokardiographie: Die Herzultraschalluntersuchung zeigt, ob am Herzen Veränderungen nachweisbar sind. Im Falle einer Lungenembolie ist die rechte Herzkammer vergrößert, die Lungenarterie verdickt.
  • EKG: auch das Elektrokardiogramm zeigt Veränderungen des Herzmuskels, ist jedoch nicht so aussagekräftig wie die Echokardiographie.

Bei akuter Lungenembolie muss noch vor einer Diagnose eine Therapie eingeleitet werden. Im Krankenhaus wird der Betroffene mit Sauerstoff über eine Maske versorgt, bei schweren Fällen erfolgt dies über ein Beatmungsgerät, der Kreislauf wird stabilisiert.

1. Schritt

Erster Behandlungsschritt erfolgt mit Antikoagulantien (blutverdünnende Medikamente, Heparin oder Fondaparinux), um den Blutfluss wieder herzustellen. Diese Behandlung erfolgt über ca. 5 Tage.

2. Schritt

Auflösung des Blutgerinnsels nur bei massiver Pulmonalembolie mit Kreislaufversagen! (sonst nur Schritt 1 und 3).

Bei der sogenannten Lyse-Therapie werden – um den Thrombus aufzulösen – Thrombolytika angewendet, die die Blutgerinnung hemmen. Dazu werden Fibrinolytika, wie die Substanzen Streptokinase und Urokinase, intravenös verabreicht.

Sollte sich der Thrombus nicht lösen, muss ein chirurgischer oder ein minimalinvasiver Eingriff (Embolektomie) durchgeführt werden, um das Blutgerinnsel zu zerstören und den Blutfluss zu normalisieren.

3. Schritt

Überlappend mit der Antikoagulantien-Therapie werden Vitamin-K-Antagonisten (gerinnungshemmende Medikamente, wie Phenprocoumon) verabreicht. Sie müssen über 3 Monate eingenommen werden, um einer Blutgerinnung in den Gefäßen vorzubeugen.

Bei Betroffenen mit nicht-akuter Lungenembolie wird zunächst eine Therapie für 5 Tage mit Antikoagulantien eingeleitet, danach wird eine Langzeitbehandlung mit Vitamin-K-Antagonisten empfohlen.

Eine tiefe Becken- oder Beinvenenthrombose ist – bleibt sie unbehandelt – zu 95% die Ursache einer Lungenembolie. Oftmals bilden sich die Gerinnsel aber auch in mehreren Venen und in verschiedenen Höhen, nur sehr selten an einer einzigen Stelle. Die Symptome können unspezifisch und höchst unterschiedlich sein. Bei jedem Verdachtsmoment sollte daher der Arzt hinzugezogen werden.

Symptome einer tiefen Beinvenenthrombose sind:

  • Druckschmerz beim Auftreten
  • Rötung, Überwärmung und Schwellung der betroffenen Extremität
  • Schweregefühl im Bein
  • Diffuse Schmerzen am ganzen Bein
  • Schmerzen entlang der Venenverläufe
  • Schwellungen am Fußknöchel, vor allem rechts und links von der Achillessehne
  • Muskelkaterähnliche Schmerzen in der Wade

Derartige Beschwerden müssen immer ernst genommen werden. Wird eine Thrombose verschleppt, kann eine lebensgefährliche Lungenembolie die Folge sein. Ein solches Ereignis muss nicht zwangsläufig tödlich enden, kann aber auch lebenslange Folgen haben. So sind das postthrombotische Syndrom oder eine chronische venöse Veneninsuffizienz mögliche Spätfolgen.

Thrombosen und ihre Risiken werden häufig übersehen: Jede zweite Thrombose wird weder von Ärzten noch von Patienten bemerkt. Oft wissen Sie dann erst aufgrund der Folgen oder aufgrund einer genauen Venendiagnostik, dass Sie einmal eine Thrombose hatten.


Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

14. Mai 2020

Erstellt am:

5. August 2017

Stand der medizinischen Information:

14. Mai 2020

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