Asthma (Asthma bronchiale)

Junger Asthmatiker verwendet Asthma-Spray
Asthma wird häufig durch äußere Reize wie Pollen oder Tierhaare verursacht.
© Lopolo / Shutterstock.com
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Eine der häufigsten Atemwegserkrankungen in Österreich ist Asthma (Asthma bronchiale). Typische Symptome sind Enge in der Brust und pfeifende Atmungsgeräusche.

Medizinische Expertise

Wolfgang Pohl

Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Pohl

Vorstand der Abteilung für Atmungs- und Lungenkrankheiten, Krankenhaus Hietzing, Chefarzt des Institutes for clinical research
Kuppelwiesergasse 13/5, 1130 Wien
www.lungenarzt-pohl.at
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Rund 5,8% der Österreicherinnen und Österreicher sind betroffen, davon leiden ca. 5% an schwerem Asthma. Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine chronische Entzündung der Atemwege, die in der Regel durch die typischen Symptome wie Atemnot, keuchendes Atmen, Engegefühl in der Brust und Husten zum Vorschein kommt. Diese Symptome können in ihrer Intensität variieren und treten unregelmäßig auf. Diese Schwankungen werden häufig durch Faktoren wie körperliche Betätigung, Allergien, Wetterveränderungen oder virale Infektionen der Atemwege ausgelöst.

Video: Atemprobleme durch Allergien – Oder vielleicht doch Asthma?

Dr. Michaela Popp (Fachärztin für Pneumologie, Lungenzentrum Wien 19) zeigt die Unterschiede zwischen Allergien und Asthma auf. (Webinar, 3.3.2021)

Etwa jedes 10. Kind und etwa jeder 20. Erwachsene sind an Asthma erkrankt. Laut der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie sind es etwa 42.000 Kinder zwischen 2 und 6 Jahren, während bei den Volksschulkindern etwa 10 % betroffen sind. In den letzten Jahren ist diese Zahl stetig angestiegen. Somit ist Asthma die häufigste chronische Erkrankung bei Kindern.

Asthma kann durch unterschiedliche Faktoren ausgelöst werden: hauptsächlich sind Allergien dafür verantwortlich, doch auch sportliche Anstrengungen, Stress oder Erkältungen können Auslöser sein.

Allergisches (extrinsisches) Asthma

Das allergische Asthma ist eine genetisch determinierte Erkrankung, somit potenziell vererbbar und die häufigste Asthma Form.

Trigger für Beschwerden sind äußere (extrinsische) Reize. Besonders Allergene (Eiweiß-Bestandteile) von Blütenstaub/Pollen, Nahrungsmittel, Hausstaubmilben, Schimmelpilz oder Tierhaare, aber auch unspezifische Reize wie Kälte und Stäube oder virale Infektionen können Asthma Anfälle auslösen.

Die Sensibilisierung auf Allergene beginnt meist schon in den ersten Lebensjahren. Es entsteht eine Überempfindlichkeit in den Atemwegen, aber auch häufig in den Augenbindehäuten und Haut. Die allergische Sensibilisierung führt zu einer Entzündungsreaktion. Unter den genannten Triggern kommt es in den Atemwegen zu einer Verkrampfung der Bronchien und die Schleimhaut schwillt an (siehe Abbildung). Unbehandelt nimmt die Schleimhaut durch die vermehrten Entzündungen immer mehr Schaden und wird zunehmend empfindlicher gegenüber eingeatmete Stoffe. Die Beschwerden wie Husten und Atemnotattacken nehmen zu und das Risiko für schwere Asthma Anfälle damit auch.

Nicht-allergisches (intrinsisches) Asthma

Einige Patienten haben eine Form von Asthma, welche nicht durch Allergien verursacht wird. Diese Art von Asthma beginnt meist im erwachsenen Alter jenseits des 50 Lebensjahrs und verläuft meist schwer. Die Trigger für Beschwerden sind virale Infektionen, Staub, kalte Luft, Anstrengung oder Medikamente. Die Entstehung dieses Asthma ist Gegenstand der intensiven Forschung.

Die typischen vier Symptome bei Asthma sind:

  • wiederholtes Auftreten anfallartiger, oftmals nächtlicher Atemnot
  • pfeifende, keuchende Atemgeräusche
  • Brustenge
  • Husten (mit und ohne Auswurf)

Diese Symptome sind nicht immer gleich stark vorhanden. Unbehandelt verschlimmern sie sich oft und führen dann auch zu Beschwerden nachts oder frühmorgens. Es kann auch zu einer plötzlichen, starken Atemnot kommen (= Asthmaanfall).

Typisch ist, dass die Symptome variabel auftreten, sowohl in der Intensität als auch in der Dauer. Früher (vor Etablierung der modernen Asthmatherapie) kam es bei Betroffenen oft zu sehr schwersten Anfällen (Status asthmaticus). Dank moderner Medikamente sind diese Situationen selten geworden, sofern der Patient, die für ihn richtige Therapie einnimmt. Für ein optimales, üblicherweise lebenslanges Therapiemanagement ist eine Zusammenarbeit zwischen einem geschulten Arzt und Patient unabdingbar.

Dank der guten, nebenwirkungsarmen Behandlungsmöglichkeiten ist für die meisten Asthmatiker ein ganz normales Leben möglich. Zu den wichtigen Begleitmaßnahmen zählt natürlich gegebenenfalls eine Nikotinkarenz (Zigarettenrauchen), da Tabakteer den Verlauf der Erkrankung verschlechtert und die ansonsten effektive Asthmatherapie teils neutralisiert.

Auswirkung von Asthma auf die Bronchien
© Montage: ilusmedical / Shutterstock.com, meinmed.at

Bei Auftreten von zwei oder mehreren typischen Symptome sollten ein Haus- oder Lungenfacharzt aufgesucht werden. Dieser kann durch eine asthmaspezifische Anamnese (eingehendes Gespräch) und Testverfahren (umfassende Lungenfunktion, Allergieaustestung, Blutuntersuchungen und Analyse der Ausatemluft auf spezifische Atemwegs Entzündungsteilchen – siehe weiter unten) eine gute medikamentöse Einstellung vornehmen. Wichtig ist andere Krankheiten auszuschließen oder nachzuweisen, die mit einem Asthma gemeinsam auftreten oder Asthma ähnliche Beschwerden auslösen können. Hierbei kann speziell beim nicht allergischen Asthma eine Computertomographie der Lunge notwendig sein.

Üblicherweise erfolgt vom Hausarzt die Zuweisung zu einem Lungenfacharzt und nur selten (speziell beim nicht allergischen Asthma) ist es notwendig, den Patienten einem Spital zur weiteren invasiven Diagnostik (Bronchoskopie = Lungenspiegelung) zuzuweisen.

Basis der Lungenfunktion ist die spirometrische Erfassung der Atemstoßwerte in der ersten Sekunde (FEV1 und FEV1/FVC). Diese Untersuchungseinheit ist üblicherweise beim Hausarzt oder Internisten verfügbar. Weiterführende Lungenfunktionsmessungen erfolgen dann beim Lungenfacharzt wie Ganzkörperlungenfunktion (Bodyplethysmographie), Sauerstoff-Gasaustauschmessung (Diffusionskapazitätsmessung) und eventuell auch eine bronchiale Provokation mit Histamin oder Methacholin.

Im Rahmen der Allergieaustestung wird routinemäßig ein Haut-Prick-Test und meist auch ein Bluttest durchgeführt, da im Pricktest Kreuzreaktionen durch Panallergene zu falsch positiven Ergebnissen führen können.

Im Bluttest können spezifische Antikörper (IgE) gegen Allergene nachgewiesen werden. Diesbezüglich kommt das RAST Testverfahren oder neuerdings auch der noch spezifischere molekulare Tests auf Allergenkomponenten zum Einsatz. Komponenten Testverfahren können nur von spezialisierten Allergielabors durchgeführt werden. Die Beratung diesbezüglich erfolgt meist über den Facharzt.

Eine exakte Allergie Diagnostik ist wichtig für eine eventuelle Hyposensibilisierung gegen relevante Allergien bei dem betroffenen Patienten. Die Hyposensibilisierung ist mittlerweile Standard in allen/weltweiten Leitlinien zur Therapie des allergischen Asthmas.

Zusätzliche Testverfahren sind der Nachweis von erhöhten eosinophilen Granulozyten im peripheren Blutbild und die Messung/Analyse von FeNO (fraktioniertes Strickoxyd in der Ausatemluft). Beide Verfahren helfen dem geschulten Arzt in der Diagnose und Verlaufstherapie des Asthma bronchiale.

Die meist lebenslange Therapie besteht in erster Linie aus vorbeugenden Medikamenten und bronchial-erweiternden Anwendungen, die der Patient für einen akuten Asthmaanfall benötigt.

Wichtiger Bestandteil der modernen, zeitgemäßen Asthmatherapie ist die Kombination eines niedrig dosierten Corticoids (ICS) und eines rasch wirksamen Langzeit-Bronchialerweiterers (LABA). Durch die eine Fix-Dosierungen (ISC/LABA) kann die Corticoid-Menge reduziert werden, bei besserer Effektivität. Das heißt meistens für den Patienten optimale Asthmatherapie ohne relevante Nebenwirkungen.

Begleitend dazu können Schleimlöser verschrieben werden. Aber auch der Patient selbst kann einiges dazu beitragen, seine Therapieform zu unterstützen. (siehe weiter unten).

Aktuelles Stufenschema der Asthmatherapie

Basierend auf dem Schweregrad der Asthmaerkrankung kommen unterschiedliche Behandlungsformen zum Einsatz. Ziel ist es, den Zustand eines kontrollierten Asthmas zu erreichen und ein zukünftiges Verschlechterungs-Risiko zu reduzieren.

Schweregrad Beschwerden Empfohlene Behandlung Weitere Behandlungsmöglichkeiten1
Stufe 1 leichtgradig zeitweilige Beschwerden (< zwei Mal pro Monat) niedrige Dosis ICS/Formoterol bei Bedarf2 niedrige Dosis ICS immer wenn SABA (bronchialerweiterndes Medikament) verwendet wird3
Stufe 2 leichtgradig Beschwerden mehrmals pro Woche täglich niedrige Dosis ICS oder niedrigdosiert ICS/Formoterol bei Bedarf2 LTRA oder niedrige Dosis ICS immer wenn SABA verwendet wird3
Stufe 3 mittelgradig Beschwerden können nicht verhindert werden, obwohl regelmäßig ein kortisonhaltiges Spray/Pulver mit niedriger Dosis genutzt wird niedrige Dosis ICS/LABA als Erhaltungs- und Bedarfsmedikation4 mittlere ICS-Dosis oder niedrige Dosis ICS in Kombination mit LTRA5
Stufe 4 schwer Beschwerden können nicht verhindert werden, obwohl die Medikamente entsprechend Stufe 3 richtig und regelmäßig verwendet werden ICS/LABA in mittlerer Dosis als Erhaltungs- und niedrigdosiertes ICS/Formoterol als Bedarfsmedikation4 hohe ICS Dosis – zusätzlich Tiotropium oder LTRA5
Stufe 5 schwer andauernde Beschwerden trotz der Behandlung gemäß der vorherigen Stufen hohe Dosis ICS/LABA – bezogen auf phänotypische Bewertung ± zusätzlicher Medikation z. B.: Tiotropium, Anti-IgE, Anti-IL-5(R)- oder Anti-IL4R-Gabe als Langzeittherapie ICS/Formoterol in niedriger Dosis als Bedarfsmedikation4 niedrigste effektive Dosis oraler Kortikoide, aber Nebenwirkungen berücksichtigen

Abkürzungen: ICS = inhalatives Kortikosteroid, LABA = langwirkendes Betamimetikum, LTRA = Leukotrienrezeptor-Antagonist, SABA = bronchialerweiterndes Medikament
1 SABA als Option für die Bedarfsmedikation.
2 Off-Label; Daten nur für Budesonid/Formoterol vorhanden.
3 Off-Label; separat oder kombinierte ICS- und SABA-Inhalatoren.
4 Niedrigdosiertes ICS/Formoterol ist die Bedarfstherapie bei Patienten, denen Budesonid/Formoterol oder Beclometason-Dipropionat/Formoterol als Erhaltungs- und Bedarfstherapie verschrieben wurde.
5 HDM SLIT bei sensibilisierten Patienten mit allergischer Rhinitis und einem geschätzten FEV1 > 70 % in Erwägung ziehen.

Allergene vermeiden: Bei allergischem Asthma sollte der Kontakt zum auslösenden Allergen weitestgehend vermieden werden. Als Pollenallergiker kann man sich über die Blühzeiten der verschiedenen Auslöser informieren, Tierhaarallergiker sollten sich von ihren Haustieren trennen und bei Allergie gegen Hausstaubmilben ist eine grundsätzliche Sanierung von Betten, Teppichböden oder Vorhängen anzuraten. Auch bei nicht-allergischem Asthma ist es wichtig, die persönlichen Auslöser zu kennen und diese zu meiden.

Atemübungen: Sportliche Betätigung für alle Asthmaschweregrade. Speziell bei fortgeschrittenem, schwereren Asthma mit persistierend eingeschränkter Lungenfunktion können atemgymnastische Übungen, welche Teil einer Physiotherapie sind, den Körper kräftigen und stärken somit die Atemmuskulatur. Hierzu zählt z. B. die Lippenbremse (Ausatmen mit gespitzten Lippen und aufgeblasenen Wangen), welche bei schwerer Atemnot verhindern kann, dass die Atemwege kollabieren. Ebenso kann der Kutschersitz (Unterarme auf die Oberschenkel stützen und den Kopf entspannt nach unten hängen lassen) dazu beitragen, die akute Atemnot schnell zu lindern.

Rauchstopp: Wer aufs Rauchen verzichtet, kann viel dazu beitragen, Asthma-Anfälle zu verhindern. Der Tabakrauch verschlimmert nämlich die bereits vorhandene Entzündung der Atemwege und schwächt die körpereigenen Abwehrkräfte. Ebenso benötigen Raucher meist eine stärkere medikamentöse Behandlung, um ihr Asthma kontrollieren zu können. Der Rauch-Stopp ist somit eine wirksame Maßnahme, die Asthmatherapie zu unterstützen – das gilt auch für Kinder mit Asthma, die dadurch vor dem Passivrauchen geschützt werden!


Autor:innen:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

22. September 2021

Erstellt am:

5. Dezember 2016

Stand der medizinischen Information:

22. September 2021

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