Prostatitis (Prostataentzündung)

Arzt erklärt Patienten, was eine Prostatitis ist
Eine Prostatitis trifft viele Männer irgendwann im Leben.
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Etwa 10 - 15 % aller Männer erkranken einmal in ihrem Leben an einer Prostatitis, am häufigsten zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr.

Medizinische Expertise

Christa Fischer-Klein

OA Dr.in Christa Fischer-Klein

Fachärztin für Urologie und Andrologie
Dunant-Platz 1, 3100 St. Pölten
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Inhaltsverzeichnis

Blut im Urin oder im Ejakulat, Harndrang, schmerzhafte Schwierigkeiten beim Harnlassen bis zur Harnsperre oder ständige Schmerzen im Unterbauch: je nach Art der Erkrankung können die Symptome äußerst vielfältig sein. Eine akute Prostatitis kann bakteriell bedingt sein oder durch eine nicht bakterielle Infektion mit Chlamydien oder Pilzen entstehen. Eine nicht völlig ausgeheilte akute Prostatitis kann sich zu einer chronischen Form entwickeln. Die Diagnose umfasst eine Prostatauntersuchung, verschiedene Blutuntersuchungen (z.B. PSA-Wert), sowie eine Harnuntersuchung.

Etwa 10 % aller Männer erkranken einmal in ihrem Leben an einer Prostataentzündung. In Österreich liegt die Erkrankungsrate bei 3 %, am häufigsten betrifft die Infektion Männer zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. In zirka 10 % der Erkrankungsfälle wird die Infektion von Bakterien verursacht, bei 90 % der Betroffenen können jedoch keine Bakterien nachgewiesen werden, daher werden unterschiedliche Ursachen diskutiert. Begünstigt werden Prostataentzündungen durch Erkrankungen der ableitenden Harnwege (z.B. Harnröhrenenge mit Restharnbildung, Prostatavergrößerung mit Restharnbildung).

Die Prostata (Vorsteherdrüse) ist ein kastaniengroßes Organ, das unterhalb der männlichen Harnblase liegt, den hintersten Anteil der Harnröhre umkleidet und die Einmündung der Samenleiter umfasst. Die hintere Wand liegt dem Enddarm an, dadurch ist es dem Arzt möglich, die Prostata bei einer Rektaluntersuchung zu ertasten. Die Funktion der Prostata besteht darin, ein Sekret zu produzieren, das die Samenzellen transportiert und beim Samenerguss ausgestoßen wird. Das Sekret der Prostata macht beim Menschen zirka 30 % der Samenergussmenge aus.

Je nach Ursache der Erkrankung unterscheidet man verschiedene Formen:

  • Akute bakterielle Prostatitis: Diese Entzündung tritt spontan auf und wird von Bakterien, sehr häufig E. coli oder Proteus verursacht. Typisch sind Schmerzen im unteren Harntrakt und im Bereich der Prostata, verbunden mit Beschwerden beim Harnlassen, Harndrang und verminderter Harnstrahl bis hin zur kompletten Harnsperre.
  • Chronische bakterielle Prostatitis: Diese Erkrankung wird durch eine chronische bakterielle Infektion der Prostata hervorgerufen. Meist ist sie die Folge eines nicht ausgeheilten Harnwegsinfektes.
  • Chronische Prostatitis / Chronisches Beckenschmerzsyndrom: Hier unterscheidet man zwischen entzündlicher und nicht entzündlicher Erkrankung. Typischerweise treten chronische Schmerzen im Bereich des Beckens auf und Beschwerden beim Harnlassen. Erreger können bei dieser Form nicht nachgewiesen werden, man unterscheidet aber zwischen entzündlicher und nicht entzündlicher chronischer Prostatitis, wobei bei der nicht entzündlichen Form auch von einem chronischen Beckenschmerzsyndrom (chronic pelvic pain syndrome) gesprochen wird.
  • Asymptomatische Prostatitis: Eine Entzündung der Prostata ist zwar nachweisbar, der Betroffene hat jedoch keine Beschwerden. Dies kann z.B. ein Befund im Rahmen einer Prostataoperation sein.

Die Ursachen für Prostatitis sind vielfältig:

  • Bakterielle Infektion: Sie wird am häufigsten durch gram-negative Bakterien wie z.B. bei einem Harnwegsinfekt verursacht. Im Harn und im Blut sind bei bakterieller Prostatitis in erster Linie Enterobakterien wie E. coli oder Proteusformen nachweisbar.
  • Nicht bakterielle Infektion: Hier sind Infektionen mit Chlamydien, Mykoplasmen, Ureaplasmen oder Pilzen bzw. eine nicht ausgeheilte Prostatitis oder Manipulation an den Harnwegen mögliche Ursachen. Weiters kann eine schon bestehende Prostatitis durch Muskelverspannungen im Beckenboden, aufgrund psychosomatischer Beschwerden oder durch autoimmunologisch bedingte Abwehrreaktionen des Körpers weiter verschlechtert werden.

Je nach Form treten unterschiedliche Symptome bei der Prostataentzündung auf:

Akute bakterielle Prostatits

Eine akute bakterielle Prostatitis ist eine schwere Entzündung, sie tritt spontan auf und der Betroffene hat ein starkes Krankheitsgefühl.

Beschwerden: Als erstes Erkrankungszeichen treten Fieber, Schüttelfrost und heftige Schmerzen im Unterbauch, am Damm oder an der Penisspitze auf. Das Harnlassen ist schmerzhaft und der Harn häufig trüb. Harndrang und ein nur dünner Harnstrahl oder auch Blut im Urin können Begleiterscheinungen einer Prostatitis sein. Mitunter können im Zuge einer Prostataentzündung Schmerzen beim Samenerguss bzw. Erektionsprobleme auftreten. Der PSA-Wert (prostataspezifisches Antigen) im Blut kann erhöht sein. Bei der Untersuchung ist die Prostata meist äußerst druckempfindlich.

Chronische bakterielle Prostatitis

Häufig nach nicht vollständig ausgeheilter akuter Prostatitis sind die Symptome meist milder als bei der akuten Form.

Beschwerden: Es zeigen sich immer wiederkehrende Harnwegsinfekte mit Beschwerden beim Wasserlassen, hinzu kommen z.B. Schmerzen beim Samenerguss, Genitalschmerz und/oder Beckenschmerzen.

Chronische nicht-bakterielle Prostatitis

Die chronische nicht-bakterielle Prostatitis bzw. das chronisches Beckenschmerzsyndrom ist die häufigste Art der Prostatitis.

Beschwerden: Sie zeigt ähnliche Symptome wie die bakterielle chronische Prostatitis, es können jedoch keine Bakterien nachgewiesen werden. Man unterscheidet hier nochmals 2 Formen – mit und ohne Entzündungszeichen. Bei der entzündlichen Form ist die Leukozytenkonzentration im Ejakulat erhöht und auch allgemeine Entzündungswerte können erhöht sein. Die Diagnostik der Ursache ist hier schwierig, zusätzlich zeigen sich oft:

  • Darmprobleme
  • Muskelverspannungen im Beckenboden
  • Fehlsteuerungen im Immunsystem
  • Immundysfunktionen
  • Psychische Komponenten (Stress, Ängste, etc.) vor allem bei jungen Männern.

Asymptomatische Prostatitis

Asymptomatisch heißt, dass die Erkrankung vorliegt, jedoch keine Beschwerden macht. Eine asymptomatische Prostatitis wird häufig erst durch den Pathologen bei der Gewebeuntersuchung nach Prostataoperation oder Biopsie diagnostiziert.

Beschwerden: Auch eine chronische Prostatitis kann ohne Beschwerden verlaufen, dennoch sind Leukozyten im Ejakulat nachweisbar. Auch der PSA-Wert kann erhöht sein.

Eine Basisdiagnostik zielt darauf ab, die verschiedenen Arten von Prostatitis voneinander abzugrenzen, das passiert mithilfe folgender Möglichkeiten:

  • Anamnese: der Arzt erfasst die klinischen Symptome
  • Körperliche Untersuchung: dazu zählt auch die Ertastung der Prostata durch den Urologen, dies wird aufgrund starker Schmerzen in der Akutphase jedoch nicht durchgeführt
  • Infektionsdiagnostik: primär Durchführung eines Harnbefundes mit Anlage einer Harnkultur zum Nachweis von Bakterien
  • Chronische Prostatitis: bei chronischer Prostatitis werden Kulturen aus dem Harn und dem Ejakulat angelegt zur Unterscheidung ob eine chronisch bakterielle oder abakterielle Entzündung vorliegt (4-Gläser-Probe)
  • Leukozyten-Bestimmung: zur weiteren Differenzierung der chronischen abakteriellen Prostatits können die Leukozyten aus dem Ejakulat bestimmt werden
  • Sonographie: sie kann durchgeführt werden, um festzustellen ob ein Prostataabszess vorliegt und ob die Blase beim Wasserlassen gut entleert wird
  • Blutuntersuchung: Blutproben werden genommen, auf Entzündungszeichen (Leukozyten, CRP) hin untersucht
  • PSA-Bestimmung: der PSA-Wert wird ermittelt

Diagnose der verschiedenen Prostatitis-Formen

DIAGNOSE DURCH…
Akute Prostatitis Nachweis der Erreger im Mittelstrahlurin Messung des PSA-Wertes Ultraschall der Prostata (TRUS) um einen Prostata-Abszess auszuschließen
Chronisch bakterielle Prostatitis Meist aufgrund einer nicht völlig ausgeheilten akuten bakteriellen Entzündung, daher wird im Urin mit der 4-Gläser-Probe nach dem Erreger gesucht (inklusive Untersuchung des Prostatasekrets auf die Anzahl von Keimen) Nachweis von Leukozyten im Prostatasekret
Chronisches Beckenschmerzsyndrom Da bei dieser Erkrankung der Schmerz ein zentrales Thema ist, muss mithilfe eines Fragebogens der genaue Status erhoben werden. Einbeziehen anderer medizinischer Disziplinen (Physiotherapie, Psychologie, Alternativmedizin)
Asymptomatische Prostatitis Eine asymptomatische Prostatitis ist meist eine Zufallsdiagnose. Die weitere Abklärung und/oder Therapie richtet sich nach der primären Erkrankung

Die Behandlung einer bakteriellen Infektion erfolgt sowohl chronisch als auch akut mit einer Antibiotikatherapie. Üblicherweise sollte sich der Betroffene körperlich schonen. Bei schweren Entzündungsverläufen sollte auch ein stationärer Aufenthalt in Betracht gezogen werden. Unbehandelt kann eine akute Prostataentzündung zu einer Harnvergiftung mit Sepsis führen.

Akute bakterielle Prostatitis

Antibiotika der ersten Wahl sind Fluorchinolone, die – je nach Intensität der Erkrankung – oral oder als Infusion verabreicht werden. Häufig werden Substanzen wie Ciprofloxacin, Ofloxacin, Levofloxacin und Moxifloxacin verabreicht. Auch Trimethoprim-Sulfamethoxazol ist als orales Antibiotikum gut geeignet. Die Therapie einer akuten Erkrankung dauert bis zu 6 Wochen und sollte antibiogrammgerecht durchgeführt werden.

Chronische bakterielle Prostatitis

Eine Chronifizierung folgt meist einer nicht ausgeheilten vorangegangenen Entzündung oder einem Harnwegsinfekt. Kehrt die Entzündung immer wieder zurück wird erneut mit Antibiotika behandelt, idealerweise entsprechend der zuletzt nachgewiesenen Bakterienkultur. Der Arzt kann jedoch, um eine neuerliche Entzündung zu vermeiden, auch eine antibiotische Dauerprophylaxe einleiten. Diese dauert üblicherweise mindestens 6 Wochen. Bleibt eine chronische Prostatitis unbehandelt, können die Beschwerden in Schüben immer wiederkehren. Typisch dabei sind Schmerzen beim Harnlassen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Erektionsstörung, sowie eine Schwächung des Immunsystems durch die Entzündung.

Chronisches nicht-entzündliches Beckenschmerzsyndrom

Bei 90 % aller Erkrankten sind weder Bakterien noch Entzündungszellen nachweisbar, die Ursachen sind weitgehend unbekannt. Betroffene klagen dennoch über heftige Schmerzen, Mediziner sprechen von einem chronischen abakteriellen Beckenschmerzsyndrom. Zunächst sollte dennoch ein Therapie-Versuch mit Antibiotika eingeleitet werden, denn möglicherweise wurde die Infektion von einem schwer nachweisbaren Bakterium hervorgerufen.

Wenn sich die Beschwerden nach 2 Wochen bessern, müssen die Medikamente weitere 4 - 6 Wochen eingenommen werden. In dem Fall könnte doch ein Bakterium als Ursache gelten. Spricht der Betroffene nach den ersten 14 Tagen auf die Therapie nicht an, muss das Medikament abgesetzt werden. Durch weitere diagnostische Verfahren müssen mögliche Ursachen abgeklärt werden.

Möglicherweise liegt eine Muskelverspannung im Becken vor, die das Erkrankungsbild vor allem bei jüngeren Männern auslöst. Bei älteren Männern werden als Ursache nicht erkannte Infekte vermutet. Eine therapeutische Zusammenarbeit des Urologen mit anderen Disziplinen ist in diesem Fall sinnvoll. Da z.B. Verspannungen häufig stressbedingt auftreten, sind Entspannungstechniken und fernöstliche Methoden (Yoga, Qi Gong) mögliche Wege, um eine Besserung zu erzielen.

Eine jährliche Routinekontrolle beim Urologen/ Andrologen wird Männern ab dem 45. Lebensjahr empfohlen.

Was tun bei...

...STARKEN
SCHMERZEN
...ÜBERAKTIVE BLASE ...BECKENBODEN-VERSPANNUNG ...PSYCHOSOMATISCHEN BESCHWERDEN ERGÄNZEND

nicht steroidale Antirheumatika
oder COX-2-Hemmer Alpharezeptor-
blocker zur Erleichterung der Blasenentleerung

Alphareduktase-
hemmer zur Verkleinerung
der Prostata und Erleichterung der Blasenentleerung

Phytotherapie unterstützend:

  • Cranberry
  • Roggenpollen-
    extrakt
  • Sägepalmen-
    früchte
  • Brennnessel-
    wurzeln
  • Kürbissamen
Anticholinergika Muskelrelaxantien Antidepressiva
  • Mikrowellen-Thermo-Therapie
  • Biofeedback-Training
  • Akupunktur
  • Physiotherapie
  • Wärme (Sitzbäder), aber nicht in der akuten Phase
  • Bewegung an der frischen Luft
  • Stressreduktion

Außerdem kann ausgewogene Ernährung (keine säurehältigen Lebensmittel, z.B. Kohlensäure; Reduktion von Alkohol, Koffein, Schokolade, keine scharfen Gewürze) unterstützen.


Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Erstellt am:

4. Juli 2017

Stand der medizinischen Information:

4. Juli 2017


ICD-Code:
  • N41

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