Testosteronmangel beim Mann (Männlicher Hypogonadismus)

Grafische Skizze der Zusammensetzung des männlichen Sexualhormons Testosteron
Das männliche Sexualhormon Testosteron beeinflusst unter anderem Sexualfunktionen, Muskelwachstum und Knochendichte.
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Ein Mangel des männlichen Sexualhormons Testosteron kann sich auf verschiedene Weisen äußern. Die Abnahme der sexuellen Lust ist nur eines der möglichen Symptome.

Medizinische Expertise

Andreas Jungwirth

Univ.-Prof. Dr. Andreas Jungwirth

Facharzt für Urologie und Andrologie, Vorstandsmitglied des Arbeitskreises für Andrologie und sexuelle Funktionsstörungen der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie
Aignerstraße 12, 5020 Salzburg
www.andrologie-jungwirth.at
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Inhaltsverzeichnis

Mit fortschreitendem Alter nimmt der Testosteronspiegel bei Männern ab. Bei einigen führt das zu signifikanten Beschwerden und einer deutlichen Verschlechterung der Lebensqualität. Ein Testosteronmangel kann aber auch schon vor bzw. in der Pubertät auftreten.

  • Bei einem Testosteronmangel (männlicher Hypogonadismus) haben Betroffene zu wenig vom männlichen Sexualhormon Testosteron im Körper.
  • Die Symptome bei einem Testosteronmangel sind von Mann zu Mann verschieden und können unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
  • Der erste Ansprechpartner ist der Hausarzt oder der Urologe.
  • Die Diagnose erfolgt durch eine labordiagnostische Blutuntersuchung.
  • Ein symptomatischer Testosteronmangel kann mit einer Testosteronersatztherapie behandelt werden.
  • Ziel der Testosteronersatztherapie ist es, den normalen Testosteronspiegel wiederherzustellen und die mit dem Mangel einhergehenden Symptome zu bessern.
Art Mangel des Sexualhormons Testosteron
Ursache verminderte Hormonproduktion in den Hoden oder verminderte Hodenstimulation
Symptome sexuelle Unlust, Abgeschlagenheit, verminderter Antrieb und Leistungsfähigkeit, Gewichtszunahme, Muskelabbau, Hitzewallungen
Therapie Testosteronersatztherapie

Testosteron ist das bekannteste und wichtigste Sexualhormon (Androgen) des Mannes. Das Hormon hat im Körper eine Vielzahl von Funktionen und ist für die männliche Entwicklung wichtig. Testosteron beeinflusst unter anderem

  • Fortpflanzungsfähigkeit
  • Sexualfunktion
  • Muskelwachstum
  • Knochendichte
  • Regulation des Fettstoffwechsels

Beim Embryo steuert Testosteron unter anderem die Ausbildung der männlichen Geschlechtsorgane. In der Pubertät macht es bei Buben die Stimme tiefer, kurbelt das Wachstum der Körperbehaarung an und sorgt für die Produktion von Spermien.

Von einem Testosteronmangel spricht man, wenn Betroffene zu wenig Testosteron im Körper haben.

Der Testosteronspiegel schwankt im Tagesverlauf und ist von Mann zu Mann verschieden. Zusätzlich können auch noch andere Faktoren zu einem vorübergehend niedrigen Testosteronspiegel beitragen. Dazu zählen:

  • starkes Übergewicht
  • starker Alkoholkonsum, Drogen, Medikamentenmissbrauch
  • körperliche Überanstrengung
  • psychischer Stress
  • chronische Erkrankungen wie Diabetes

Ab ca. 40 Jahren beginnt der Testosteronspiegel bei Männern abzusinken: Das Gesamttestosteron im Körper reduziert sich dabei jährlich um etwa 1 – 2 %. Für rund 80 % der Männer stellt das aber kein Problem dar: sie fühlen sich trotzdem wohl und zeigen keine Symptome. Dieser Vorgang ist nicht mit den Wechseljahren der Frau (Klimakterium) vergleichbar, während derer der Spiegel an Sexualhormonen wie Östrogen so stark absinkt, dass es zu einem vollständigen Erlöschen der Eierstockfunktion kommt und eine Fortpflanzung nicht mehr möglich ist.

Geht der Testosteronmangel von den Hoden aus, spricht man von primärem Hypogonadismus. Ist hingegen die Funktion der Hirnanhangsdrüse gestört, die für die Steuerung der Hormonproduktion verantwortlich ist, spricht man von sekundärem Hypogonadismus.

  • Primärer Hypogonadismus: Die Leydig-Zellen der Hoden können nicht ausreichend Testosteron bilden. Mögliche Ursachen sind z.B. Hodenentzündung, Hodenverletzung, Hodenkrebs, genetische Störungen sowie systemische Erkrankungen wie Leberzirrhose.
  • Sekundärer Hypogonadismus: Die Bildung von Hormonen, die für die zentrale Steuerung der Testosteronproduktion verantwortlich sind, ist durch eine verminderte Produktion oder genetische Erkrankungen (wie z.B. Kallmann-Syndrom) gestört.

Die Symptome bei einem Testosteronmangel sind von Mann zu Mann verschieden und können unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Je nach Ursache und Form entwickeln sich die Anzeichen langsam über Wochen oder sogar Jahre.

Symptome für Testosteronmangel in der Pubertät:

  • kleine Hoden
  • kindlicher Penis
  • Ausbleiben des Stimmbruchs
  • spärliche Körper-/Gesichtsbehaarung
  • unterentwickelte Muskulatur
  • vermindertes Sexualverlangen
  • Unfruchtbarkeit (Infertilität)

Symptome für Testosteronmangel nach der Pubertät:

Da die meisten dieser Symptome auch durch andere Erkrankungen verursacht werden können, ist eine genaue Diagnostik der Ursache essenziell.

Erster Ansprechpartner bei Verdacht auf Testosteronmangel ist der Hausarzt oder der Urologe. Dieser wird nach einer ausführlichen Anamnese eine körperliche Untersuchung durchführen, um festzustellen, ob klinische Symptome für einen Testosteronmangel vorliegen.

Für die Diagnose ist eine labordiagnostische Blutuntersuchung notwendig. Dabei wird unter anderem das Gesamttestosteron ermittelt. Die Messung muss morgens erfolgen, da der Testosteronspiegel in der Früh am höchsten ist und im Tagesverlauf abnimmt. Von Bedeutung können zusätzlich folgende Werte sein: freies Testosteron, SHBG (Sexualhormon-bindendes Globulin), LH (Luteinisierendes Hormon), FSH (Follikelstimulierendes Hormon), TSH.

Eventuell können weitere Untersuchungen wie eine sonographische Untersuchung der Hoden und der Prostata notwendig werden.

Ziel einer Testosteronersatztherapie ist, den normalen Testosteronspiegel wiederherzustellen und besonders eine Besserung der Beschwerden und Krankheiten, die durch den Testosteronmangel ausgelöst werden (wie z.B. psychische Veränderungen), zu erzielen. Je nach auslösender Ursache kommen verschiedene Hormonersatzpräparate zum Einsatz. Das Testosteron kann prinzipiell über verschiedene Wege verabreicht werden, beispielsweise in Form von Kapseln, als Gel zum Auftragen auf die Haut oder als Depotspritze unter die Haut, bei der nach und nach das Hormon gleichmäßig abgegeben wird.

Um den Erfolg der Therapie zu überprüfen und diese gegebenenfalls anzugleichen, sind regelmäßige Laboruntersuchungen notwendig.

Der sogenannte ADAM-Score (Androgen Deficiency in Aging Men) gibt mithilfe von zehn Fragen Aufschluss darüber, ob ein behandlungsbedürftiger Testosteronmangel beim Mann vorliegen könnte. Achtung: Der Test ist mit hoher Wahrscheinlichkeit bei Vorliegen eines Testosteronmangels positiv, gleichzeitig kann er aber auch bei Personen, die genügend Testosteron haben, positiv ausfallen. Das Ergebnis kann keine ärztliche Diagnose ersetzen, bietet aber einen guten Anhaltspunkt, ob ein Gespräch mit dem Arzt erforderlich ist.

Beantworten Sie bitte die nachfolgenden Fragen mit "Ja" oder "Nein":

  1. Hat Ihre sexuelle Lust (Libido) abgenommen?
  2. Haben Sie weniger Energie?
  3. Stellen Sie weniger Kraft und/oder Ausdauer fest?
  4. Sind Sie kleiner geworden?
  5. Verfügen Sie über weniger Lebensfreude?
  6. Sind Sie traurig und/oder launisch?
  7. Haben Sie weniger starke Erektionen?
  8. Bereitet es Ihnen mehr Mühe, Sport zu treiben?
  9. Schlafen Sie nach dem Abendessen sofort ein?
  10. Bereitet es Ihnen mehr Mühe, zu arbeiten?

Es könnte ein Testosteronmangel vorliegen, wenn Sie:

  • Frage 1 oder 7 mit "Ja" beantwortet haben oder
  • mindestens drei andere Fragen mit "Ja" beantwortet haben.

Autor:innen:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

22. März 2022

Erstellt am:

26. November 2018

Stand der medizinischen Information:

22. März 2022


ICD-Codes:
  • E23
  • E28
  • E29

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