Postpartale Depression (Wochenbettdepression, PPD)

Postpartale Depression nach der Geburt
Etwa jede 7. Mutter in Österreich bekommt eine postpartale Depression.
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Postpartale Depressionen (PPD) treffen Mütter im 1. Jahr nach der Geburt. Traurigkeit, Erschöpfung, Ängste, Appetit- und Schlafstörungen zählen zu den Symptomen, mitunter kommen auch Zwangsgedanken hinzu, wie sich selbst oder dem Kind etwas antun zu wollen.

Medizinische Expertise

Inge Frech

Dr.in Inge Frech

Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Ärztin für Allgemeinmedizin, Psychotherapeutin
Hauptplatz 5/A1/7, 3002 Purkersdorf
dr-frech.at
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Dadurch entstehen Schuldgefühle. Deswegen müssen PPD unbedingt behandelt werden, wobei Medikamente, Psychotherapie und Sozialtherapie eingesetzt werden. Wenn die Depressionen nicht behandelt werden, kann das negative Auswirkungen auf das Kind haben (z.B. Beeinträchtigung der Mutter-Kind-Beziehung, spätere emotionale und kognitive Defizite, Schlafprobleme, Unruhe). Verursacht werden postpartale Depressionen durch die hormonelle Umstellung, aber auch weil sich das gesamte Leben der Frau ändert. Baby Blues, auch postpartales Stimmungstief oder Heultage genannt, grenzen sich von Wochenbettdepressionen ab. Erstere sind keine Krankheit, treten nur kurz auf und gelten als normales Vorkommnis nach der Geburt.

Etwa jede 7. Mutter in Österreich bekommt eine postpartale Depression. Diese beginnt im Zeitraum zwischen 6 Wochen und 3-4 Monaten nach der Geburt. Die leichteste Form von Wochenbettdepressionen stellen die Heultage bzw. der Baby Blues direkt nach der Geburt dar – Stimmungsschwankungen, Gefühle der Traurigkeit und Überforderung treffen dabei rund drei Viertel aller Mütter.

Bei den Ursachen der postpartalen Depression spielen verschiedene Faktoren zusammen. Einerseits wird der Hormonhaushalt nach der Geburt umgestellt, die Spiegel von Serotonin und Östrogen sind niedrig. Andererseits stellt sich mit der Geburt das ganze Leben auf den Kopf: Aus der Zweierbeziehung mit dem Partner wird plötzlich eine Dreierbeziehung, viele Freiheiten gehen verloren und werden durch neue Verantwortlichkeiten ersetzt. Oft muss auch der Job mit der Mutterschaft übereingebracht werden.

Folgende Risikofaktoren begünstigen eine postpartale Depression:

  • Psychische Erkrankungen vor oder während der Schwangerschaft
  • Tod einer Bezugsperson während der Schwangerschaft
  • Trennung während der Schwangerschaft
  • Jobverlust während der Schwangerschaft
  • Schwierige soziale oder finanzielle Situation
  • Geburt verläuft anders als geplant (z.B. Kaiserschnitt statt natürliche Geburt)
  • Alleinerziehende Mutter

Zu den Symptomen der postpartalen Depression zählen:

  • Müdigkeit, Erschöpfung, Energiemangel
  • Traurigkeit, Weinerlichkeit
  • Leeregefühl
  • Zweifel daran, eine gute Mutter zu sein
  • Appetitstörungen
  • Schlafstörungen
  • Konzentrationsstörungen
  • Ängste
  • Panikattacken
  • Zwangsgedanken (z.B. sich oder dem Kind etwas anzutun)

Im weiteren Verlauf der Depression entwickeln Mütter Schuldgefühle, weil sie den Eindruck haben, sich nicht gut genug um ihr Kind kümmern oder es nicht genug lieben zu können. Werden postpartale Depressionen nicht behandelt, bestehen einige Risiken für das Kind: Die Konsequenzen reichen von Schlafproblemen über Stresssymptome (z.B. Unruhe) bis hin zu emotionalen Problemen im späteren Leben (z.B. verringerte Fähigkeit, mit Gefühlen umzugehen).

Postpartale Depressionen werden oft erst spät erkannt, da sie meist erst nach dem letzten Kontrolltermin beim Frauenarzt (6 Wochen nach der Geburt) auftreten. Manchmal ist es der Kinderarzt, der Veränderungen im Verhalten der Mutter feststellt oder die Betroffenen wenden sich direkt an Hebamme, Frauenarzt, Facharzt für Psychiatrie oder Psychotherapeut. Werdende Mütter sollten daher schon während der Schwangerschaft gemeinsam mit ihrem Frauenarzt oder der Hebamme abklären, ob sie zu Depressionen neigen, was z.B. mit Fragebögen geprüft wird. Wenn Frauen bereits einmal von einer psychischen Erkrankung betroffen waren, ist das Risiko für eine postpartale Depression um 30-60 % erhöht.

Diagnostisch ist die postpartale Depression von Heultagen/Baby Blues und der postpartalen Psychose (PPP) abzugrenzen, die mit Halluzinationen, Wahnvorstellungen und gestörter Wahrnehmung der Realität einhergehen.

Die postpartale Depression kann wie andere Formen der Depression auch mit Medikamenten, Psychotherapie und Sozialtherapie behandelt werden. Bei leichten Wochenbettdepressionen reichen oft 1 bis 3 Gespräche mit einem psychosomatisch geschulten Frauenarzt oder Psychotherapeut, in denen die Geburt aufgearbeitet wird und gemeinsam überlegt wird, welche Ressourcen – wie z.B. Hilfe bei der Babypflege durch Oma und Opa – die Mutter nutzen kann.

Diese sozialtherapeutischen Maßnahmen, bei denen Familie, Freunde aber auch Hebammen und Ärzte eingebunden werden um die Mutter zu entlasten, sind auch bei schwereren Fällen von postpartalen Depressionen sehr wichtig. Länger andauernde Psychotherapie und Medikamente werden nur bei schweren postpartalen Depressionen eingesetzt und müssen von Fachärzten für Psychiatrie verschrieben werden. Wenn eine medikamentöse Behandlung notwendig ist, werden meist solche Psychopharmaka eingesetzt, bei denen die Mutter weiter stillen kann und die nicht in den Blutkreislauf des Säuglings übergehen. In den meisten Fällen kann die Behandlung ambulant erfolgen.

Frischgebackene Mütter können auch selbst etwas dazu beitragen, um postpartalen Depressionen vorzubeugen oder diese zu lindern:

  • Freunde und Familie: Mütter sollten sich aktiv nach Entlastung im Alltag bemühen und Partner, Freunde und Verwandte von Anfang an in die Babypflege und -betreuung miteinbeziehen. Schon vor der Geburt können solche Netzwerke an Helfern aufgebaut werden. Wer über viele Sozialkontakte verfügt und eine gute Beziehung zu seinem Partner hat, beugt Wochenbettdepressionen vor.
  • Viel Schlaf: Außerdem sollten Mütter darauf achten, ausreichend Schlaf zu bekommen, da Schlafmangel die Symptome der postpartalen Depression noch verschlimmern kann.
  • Erste Anzeichen von Traurigkeit: Frauen sollten möglichst bald einen Arzt aufsuchen, wenn sie erste Anzeichen von großer, anhaltender Traurigkeit und Überforderung verspüren – denn durch rasche Behandlung bleiben Mutter und Kind viel Kummer erspart.
  • Selbsthilfegruppen: Auch der Besuch von Selbsthilfegruppen ist bei Wochenbettdepressionen sinnvoll.

Denken Sie daran, dass viele Frauen von postpartalen Depressionen betroffen sind – Sie sind nicht allein! Scheuen Sie sich nicht, Hilfe zu suchen.

  • Postpartale Depression - von der Forschung zur Praxis, B. Wimmer-Puchinger & A. Riecher-Rössler (Hrsg.), Springer-Verlag, Wien, 2006
  • Interview mit Dr. Inge Frech, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe & Psychotherapeutin, am 09.09.2014
  • Internationale Klassifikation psychischer Störungen: ICD-10 Kapitel V (F), WHO/H. Dilling, W. Mombour & M. H. Schmidt (Hrsg.), Verlag Hans Huber, 7. Auflage, Bern, 2010
  • Postpartale Depression, Wiener Programm für Frauengesundheit (23.11.2023)

Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

23. November 2023

Erstellt am:

20. Mai 2015

Stand der medizinischen Information:

20. Mai 2015

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