Hospiz und Palliativpflege

Schwerkranke Frau liegt in Krankenbett
Der Fokus von Hospizarbeit liegt auf Lebensqualität.
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Ein Hospiz ist eine Einrichtung in der sterbende Menschen in ihrem letzten Lebensabschnitt begleitet werden. Ziel ist, die Lebensqualität bis zu Letzt zu erhalten und Schmerzen bestmöglich zu lindern. 

Medizinische Expertise

Sabina Dirnberger-Meixner

Sabina Dirnberger-Meixner

Öffentlichkeitsarbeit bei Caritas Socialis
Ungargasse 64-66, 1030 Wien
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"Sterben ist ein individueller Prozess. Im Hospiz Rennweg beispielsweise bestimmt der Patient seinen Tagesablauf selbst. So entscheidet er z.B. ob er heute frühstücken möchte oder nicht. Die Wünsche und Bedürfnisse und ihre Erfüllung stehen im Vordergrund. Hat eine Patientin z.B. den Wunsch, nochmal das Haus ihrer Tochter zu sehen, so werden solche Wünsche, meist von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, erfüllt", erklärt Sabina Dirnberger von der Caritas Socialis. Auch Angehörige schwerkranker und sterbender Menschen werden betreut. Trauerbegleitung ist ein wichtiger Bestandteil der Hospizarbeit.

Video: Trauer – Was es braucht, um gut zu trauern

Mag. Claudia Krumpel-Holzer, MSc informiert über Trauer und ihre Bewältigung. (Webinar, 31.10.2023)

Ein Hospiz (Palliative Care) bietet schwerkranken und sterbenden Menschen medizinische Hilfe, Pflege und psychosoziale Unterstützung. Der Fokus von Palliative Care liegt auf Lebensqualität. Wichtige Elemente der Palliativmedizin sind einerseits die Behandlung der Symptome, Vorbeugen und Lindern von Schmerzen andererseits, aber auch die Kommunikation mit den Patienten und deren Angehörigen sowie gut überlegte, transparente Entscheidungen – Sterben zulassen und akzeptieren. Palliative Care orientiert sich an Lebensqualität, Lebenssinn und Lebenswert.

Unterschiedliche Handlungsebenen sind wichtig:

  • Körperliche Ebene: Auf der physischen Ebene ist das Erkennen von körperlichem Unwohlsein und Schmerzen sowie deren Bekämpfung wichtig. Zuständig dafür sind Arzt und Krankenpflegepersonal. Eine wirksame Schmerztherapie wird angestrebt.
  • Psychische Ebene: Gespräche können Sterbenden helfen, ihr seelisches Gleichgewicht zu finden bzw. zu erhalten.
  • Soziale Ebene: Mitarbeiter von mobilen Hospizteams bieten Betroffenen und Angehörigen eine Wegbegleitung auf Zeit an und wirken so einer möglichen Vereinsamung entgegen. Sozialarbeiter unterstützen bei der Ordnung der Angelegenheiten.
  • Spirituelle Ebene: Spiritualität ist die vierte Ebene. Schwerkranke entwickeln oft ein neues Bewusstsein für ihre spirituelle Dimension. Will der Patient darüber sprechen, stehen neben den Hospizbegleitern auch Seelsorger der jeweiligen Glaubensrichtungen bereit.

Palliative Care umfasst verschiedene Berufsgruppen: ärztliches Personal, Gesundheits- und Krankenpfleger mit Zusatzqualifikation 'Palliative Care', Therapeuten aus verschiedenen Bereichen wie Physiotherapie, Ergotherapie, Diätologie oder Psychotherapie. Aber auch Sozialarbeiter, Seelsorger und ehrenamtliche Mitarbeiter sind in der Palliativbetreuung tätig und betreuen nicht nur Betroffene, sondern auch deren Angehörige.

Sabina Dirnberger von der Caritas Socialis erklärt: "Wichtig ist es, das Gespräch mit dem Patienten zu suchen um herauszufinden, was er möchte. Der Patient muss den Aufenthalt im Hospiz wollen, sonst kann er nicht aufgenommen werden. Eine Palliativbetreuung kann von Menschen mit einer unheilbaren Erkrankung in Anspruch genommen werden, die keine heilende Therapie mehr möchten." Die Bedürfnisse des Patienten stehen dabei stets im Vordergrund. Außerdem ist es aber notwendig, zu erkennen, ob eine Behandlung sinnvoll ist.

"Wichtig ist es, zu erkennen, wann das Lebensende bevorsteht. In einem solchen Fall ist es nicht mehr sinnvoll, eine intensivmedizinische Behandlung zu beginnen oder fortzuführen, denn das Ziel der Intensivmedizin ist es, Leben zu erhalten und nicht das Sterben zu verzögern oder zu verlängern", erklärt der Intensivmediziner Dr. Andreas Valentin beim Fachtag Palliative Care der Österreichischen Palliativgesellschaft in Wien. Wenn die Grenzen der Intensivmedizin erreicht sind, ist es wichtig, dem Patienten ein menschenwürdiges und friedvolles Sterben zu ermöglichen und nicht den Sterbeprozess durch intensivmedizinische Maßnahmen hinauszuzögern.

Die Möglichkeiten der modernen Medizin haben dazu geführt, dass Menschen immer älter werden. Dadurch verändern sich auch die Ansprüche an die Medizin. Palliative Care gewinnt einen immer größeren Stellenwert, wenn es darum geht, das Leben eines Schwerkranken bis zum Tod erträglich zu machen. "Palliative Care ist nicht Sterbehilfe, sondern Sterbebegleitung. Das Ziel der Sterbehilfe ist der Tod, Sterbebegleitung hingegen begleitet den Menschen durch den Prozess des Sterbens. Sterbebegleitung bietet medizinische, psychologische und seelsorgerische Begleitung für Betroffene und deren Angehörige", so der Ethiker Dr. Ulrich Körtner am Fachtag Palliative Care.

Eine unheilbare Krankheit konfrontiert den Menschen mit Ängsten z.B. vor Schmerzen oder Verlust der Selbstbestimmung. Der Wunsch nach Sterbehilfe entspringt häufig dem Wunsch, Angehörigen Leid und Belastung zu ersparen, aber auch dem Wunsch nach einem selbstbestimmten, würdevollen Tod, oder der Wunsch entsteht aufgrund einer hohen Belastung durch die Symptome einer unheilbaren Erkrankung.

"Hilfsbedürftigkeit und Angewiesensein auf andere ist nicht unwürdig. Wir sind das auch zu Beginn unseres Lebens, als Neugeborene, und da würde niemand sagen, dass das menschenunwürdig wäre", so die diplomierte Krankenpflegerin Angelika Feichtner am Fachtag Palliative Care. Durch entsprechende Begleitung vergeht der Sterbewunsch häufig wieder, meist dann, wenn es zu einer Besserung der Symptome kommt. Palliative Begleitung bietet Schmerzlinderung und soll das Leid von Betroffenen und Angehörigen verringern. Der Tod soll dadurch nicht beschleunigt, aber erträglicher gemacht werden.

Es gibt auch Hospizbetreuungseinrichtungen, in denen schwerkranke Kinder und Jugendliche mobil oder stationär betreut werden. Österreich ist hier in einer Aufbauphase. Was die Hospiz- und Palliativbetreuung von Kindern und Jugendlichen von der der Erwachsenen unterscheidet, ist einerseits das sehr breit gestreute Krankheitsbild mit oft langem Verlauf, andererseits der unbedingt notwendige Einbezug der Eltern, Geschwisterkinder und der restlichen Familie. "Die Verabschiedungsproblematik in einem Kinderhospiz ist eine andere, da die Eltern ganz stark den Wunsch haben, dass ihr Kind leben soll", erklärt Dirnberger. In einem Kinderhospiz nimmt daher die Trauerbegleitung der Angehörigen eine besonders wichtige Rolle ein.

Angehörige von sterbenden Menschen leiden mit, oft schwerer als der Betroffene selbst. Trauer und Trauerbegleitung sind daher wichtige Bestandteile der Hospizarbeit. Trauerarbeit wird von vielen Organisationen, so z.B. von der Caritas, angeboten. Neben telefonischer und individueller, persönlicher Trauerbegleitung stehen hier auch Trauercafés und Gesprächsgruppen für Trauernde bereit, um Angehörige in dieser schwierigen Phase zu begleiten. Für trauernde Kinder und Jugendliche gibt es spezielle Angebote. 2013 hat sich eine Bundesarbeitsgemeinschaft Trauer aus Caritas, ÖRK, Dachverband Hospiz Österreich und den österreichischen Pastoralämtern gebildet, die sich diesem Thema besonders annimmt.

Auch am Lebensende unterliegen Therapieentscheidungen den allgemeinen rechtlichen Grundlagen, d.h. um eine Therapie durchführen zu können, bedarf es immer der Einwilligung des Patienten und der medizinische Notwendigkeit. Nur in Notfällen darf ohne die Einwilligung des Patienten gehandelt werden.

Oft kann der Patient am Lebensende seinen Willen nicht mehr mitteilen. Vor allem, wenn man bestimmte Behandlungen oder Therapien nicht erhalten möchte, ist es für einen solchen Fall wichtig, mit einer Patientenverfügung und/oder einer Vorsorgevollmacht vorzusorgen. Durch einen Vorsorgebevollmächtigten oder eine Patientenverfügung können auch medizinisch notwendige Maßnahmen wie künstliche Beatmung oder Ernährung abgelehnt werden.

In Österreich gibt es eine Reihe von Organisationen, die Hospiz- und Palliativbetreuung anbieten. Um Informationen über Hospizeinrichtungen in Ihrer Umgebung wenden Sie sich am besten an den Dachverband Hospiz oder an den jeweiligen Landesverband.

In einem stationären Hospiz gibt es, entgegen dem was viele glauben, keine maximale Aufenthaltsdauer. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in einem stationären Hospiz beträgt in etwa 15 Tage. "Es gibt aber Leute, die bereits nach einem Tag versterben und andere, die mehrere Monate oder vielleicht sogar Jahre palliativ betreut werden", so Sabina Dirnberger von der Caritas Socialis.

Palliativstation

Eine Palliativstation ist eine Station innerhalb eines Krankenhauses oder in einem Krankenhausverbund. In einer Palliativstation werden Menschen mit komplexen medizinischen Bedürfnissen betreut, die einer ärztlichen Versorgung bedürfen. Sobald der Patient nicht mehr krankenhausbedürftig ist, wird er nach Hause oder in eine andere Betreuungseinrichtung entlassen.

Stationäres Hospiz

In einem stationären Hospiz werden schwerkranke und sterbende Menschen stationär betreut, bei denen ein Krankenhausaufenthalt nicht notwendig ist. Die pflegerische und psychosoziale Betreuung tritt in den Vordergrund.

Tageshospiz

In einem Tageshospiz werden die Betroffenen tagsüber betreut und gehen am Abend wieder nach Hause. So wird die Lebensqualität gefördert und sozialer Isolation vorgebeugt. Es dient aber auch der Entlastung pflegender Angehöriger.

Mobile Palliativteams

Es gibt auch die Möglichkeit des mobilen Palliativteams. Ein Team aus z.B. Ärzten, Pflegepersonen, Physiotherapeuten und ehrenamtlichen Mitarbeitern kommt zu den schwerkranken oder sterbenden Menschen nach Hause, ins Pflegeheim oder ins Krankenhaus. Ziel ist es vor allem, den Betroffen zu ermöglichen, zu Hause oder im Pflegeheim die letzte Lebensphase zu verbringen und einen Krankenhausaufenthalt zu vermeiden.

Ein Hospizteam besteht aus ehrenamtlichen Mitarbeitern. Es bietet Zeit, Begleitung und Beratung für schwerkranke und sterbende Menschen sowie deren Angehörige. Psychosoziale und emotionale Entlastung für Patienten und ihre Angehörigen sind zentrale Anliegen. Auch Trauerbegleitung ist Teil der Aufgaben eines Hospizteams.

Familienhospizkarenz

Familienhospizkarenz ermöglicht es berufstätigen Angehörigen, sich vorübergehend karenzieren zu lassen, um einen sterbenden Angehörigen oder ein schwerstkrankes Kind zu pflegen. Die Möglichkeit der Familienhospizkarenz besteht nur für nahe Angehörige. Das sind Ehepartner, eingetragene Partner oder Lebensgefährten, (Adoptiv- oder Pflege-) Kinder, (Adoptiv- oder Pflege-) Eltern, Enkel, Großeltern, Geschwister oder Schwiegereltern und -kinder.

Familienhospizkarenz zur Sterbebegleitung naher Angehöriger kann für 3 Monate in Anspruch genommen und auf maximal 6 Monate verlängert werden. Für die Pflege schwerstkranker Kinder kann eine Karenz von 5 Monaten genommen werden. Sie kann auf maximal 9 Monate verlängert werden.

Falls Sie eine Familienhospizkarenz in Anspruch nehmen oder verlängern möchten, so müssen Sie dies Ihrem Arbeitgeber schriftlich mitteilen. In diesem Schreiben müssen Sie Ihren Arbeitgeber auch über den Grund und die Dauer der Karenzzeit sowie das Verwandtschaftsverhältnis zur gepflegten Person informieren.

Personen, die eine Familienhospizkarenz in Anspruch nehmen, haben das Recht auf ein Pflegekarenzgeld in der Höhe des Arbeitslosengeldes.

Die Kosten für die Betreuung in einer Hospizeinrichtung sind in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich. Informationen erhalten Sie von der jeweiligen Einrichtung.

Video: Intensivpflege: Das Wichtigste auf einen Blick

Anja Doblander, BScN, akademisch geprüfte Intensivpflegerin gibt einen Überblick über den Aufbau einer Intensivstation und stellt dar, wie die Ausnahmesituation für den Patienten bestmöglich beeinflusst werden kann. (Webinar, 13.9.2021)


Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

2. November 2023

Erstellt am:

22. Juli 2014

Stand der medizinischen Information:

29. Juni 2020

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