Schmerztherapie

Frau wird im Rahmen einer Schmerztherapie massiert
Wie lange eine Schmerztherapie andauert, ist unter anderem von der Ursache und der Intensität des Schmerzes abhängig.
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Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Regelschmerzen, aber auch Schmerzen im Rahmen einer Krebserkrankung gehören bei einem Teil der österreichischen Bevölkerung zum Alltag.

Medizinische Expertise

Wolfgang Gruther

Univ.Lektor Dr. Wolfgang Gruther, MSc

Facharzt für physikalische Medizin und allgemeine Rehabilitation
Wollzeile 1, 1010 Wien
www.healthpi.at
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Die Möglichkeiten zur Therapie von Schmerzzuständen sind dabei vielfältig: bis zu 85 % der Betroffenen greifen auf eine medikamentöse Therapie mit Wirkstoffen wie Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Paracetamol, zurück. Etwa 90 % nutzen physikalische Behandlungsmethoden, wie Wärme-, Kälte- oder Bewegungstherapien. Wichtig bei der Schmerztherapie ist – wenn möglich – die Behebung der Ursache sowie die rasche Behandlung von akuten Beschwerden: denn je länger mit einer geeigneten Therapie gewartet wird, desto eher kann es zu einer chronischen Form der Schmerzen kommen.

Video: Chronische Schmerzen – Was hat die Seele damit zu tun?

OÄ Dr. Ellena Karner-Ikonomu (Abteilung für Psychosomatik, Kepler Universitätsklinikum Linz) erklärt, warum sich der Körper Schmerz merkt und wie man am besten gegen chronische Schmerzen ankommt. (Webinar, 20.10.2021)

Schmerztherapie kommt zum Einsatz bei…

  • Kopfschmerzen und Gesichtsschmerzen: Kopfschmerz, Migräne, Clusterkopfschmerz
  • Gelenkschmerzen und Rückenschmerzen
  • Nervenschmerzen (neuropathischer Schmerz) in Folge von Verletzungen oder Erkrankungen des Nervensystems: Bandscheibenvorfall
  • Schmerzen nach Verletzungen, Operationen oder Unfällen
  • Schmerzen bei Entzündungen: Zahnschmerzen, Ohrenschmerzen
  • Schmerzen der inneren Organe: Regelschmerzen, kolikartige Schmerzen
  • Schmerzen bei Krebserkrankungen
  • Schmerzen bei Virusinfektionen

Schmerz ist nicht gleich Schmerz: wie und wie stark der Schmerz erlebt wird, ist von einer Reihe verschiedener Faktoren abhängig und wird von jedem anders empfunden. Für manchen ist die Art des Reizes wie Druck, Berührung oder Bewegung noch nicht schmerzhaft, für den anderen vielleicht schon. Kommt es zu einem Schmerzreiz, reagiert unser Körper mit Blutdruckveränderungen, Schwitzen und Atemantrieb. In unserem Gehirn weckt er eine Emotion und macht uns den Schmerz schließlich bewusst.

Es wird unterschieden zwischen dem akuten Schmerz und dem chronischen Schmerz:

Akuter Schmerz

Diese Art von Schmerz wird zum Beispiel durch eine Verletzung ausgelöst und soll vor weiteren Schäden schützen. Er dauert zwischen ein paar Stunden und wenigen Tagen an. Der akute Schmerz ist meist gut behandelbar und eine Besserung tritt rasch ein.

Chronischer Schmerz

Er dauert wesentlich länger an als die normale Heilungszeit – über Monate und Jahre – und ist wesentlich schwerer zu behandeln als der akute Schmerz. Der chronische Schmerz steht nicht mehr in Zusammenhang mit einem ursprünglichen Ereignis. Er wird als unscharf beschrieben, strahlt in andere Bereiche aus und hat seine Warn- und Schutzfunktion verloren. Beispiele für den chronischen Schmerz sind Schmerzen des Bewegungsapparates.

Das Schmerzempfinden ist von Person zu Person und von Mal zu Mal unterschiedlich: er kann gerade mal wahrnehmbar bis hin zu unerträglich stark sein. Um die passende Therapie zu finden, ist es notwendig, dass der Betroffene das Ausmaß und die Stärke seiner Schmerzen beschreiben und selbst beurteilen kann. Denn unbehandelte Schmerzen verzögern den Heilungsprozess und die Beweglichkeit, stören den Schlaf und regen das Schmerzgedächtnis an.

Da sich der Körper jede Art von Schmerz merkt (Schmerzgedächtnis), ist es wichtig, möglichst rasch zu handeln, sprich die Schmerzen zu lindern und die Ursachen dafür zu finden. Sonst kann es sein, dass erneut aufgetretene Schmerzen stärker empfunden, länger andauern als zuvor, sogar in nicht betroffenen Körperarealen wahrgenommen und schließlich chronisch werden können, wodurch die Behandlung erschwert wird.

Schmerzen müssen nicht geduldig ertragen werden. Denn je länger mit einer geeigneten Schmerztherapie gewartet wird, desto größer ist die Gefahr, dass man schmerzempfindlicher und der Schmerz schließlich chronisch wird.

Folgende Fragen können helfen, u.a. Schmerzstärke und Schmerzhäufigkeit einzuordnen:

Wo? Woher kommt der Schmerz? Wohin strahlt der Schmerz aus? Ist er nur auf eine Stelle begrenzt?
Wie? Welche Intensität hat der Schmerz? Wie fühlt sich der Schmerz an?
z. B. Brennen, Stechen, Ziehen
Wann? Wie verläuft der Schmerz zeitlich?
z. B. Stunden oder Tage
Wodurch? Wodurch lässt sich der Schmerz beeinflussen?
z. B. durch Kälte oder Wärme
Warum? Welche möglichen Auslöser liegen vor?
z. B. Trigger-Faktoren bei Kopfschmerzen Welche Ursache liegt vor?
z. B. Abnützungserscheinungen der Gelenke
Begleitbeschwerden? Welche Begleitbeschwerden treten auf?
z. B. Übelkeit

Für die Minderung von Schmerzen stehen medikamentöse Schmerztherapien und nicht-medikamentöse Schmerztherapien zu Verfügung. Sollten diese nicht ausreichend sein, kann zum Teil auf operative Verfahren zurückgegriffen werden.

Medikamentöse Schmerztherapie

Damit Schmerzen rasch gelindert werden können, ist die Art der Therapie von großer Bedeutung: am raschesten ist eine Schmerzlinderung mittels einer Infusion, Infiltration, Injektion oder eines schnell wirksamen Medikamentes in Form einer Tablette, Kapsel, Saftes, Tropfen oder Brausetablette, welche eingenommen werden können.

Um lang andauernde Schmerzen zu behandeln eignen sich sogenannte Retardformen, die ihre Wirkung über einen längeren Zeitraum freisetzen. Auch schmerzhemmende Pflaster oder Lutschtabletten können dann zum Einsatz kommen. Hat die betroffene Person Schluckbeschwerden, stehen auch Medikamente in Form von Zäpfchen zu Verfügung.

Die Auswahl muss sorgfältig erfolgen: Wechselwirkungen, Krankheitsbild und Bedürfnisse des Betroffenen müssen dabei vom behandelnden Arzt berücksichtigt werden.

Wirkstoffe der medikamentösen Therapie

Schmerztherapie mit Nicht-Opidoiden

Zu den bekanntesten Vertretern der medikamentösen Schmerztherapie gehören die Analgetika Acetylsalicylsäure, Paracetamol, Ibuprofen – sie sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. Die schmerzstillenden Wirkstoffe Dexibuprofen, Diclofenac, Naproxen, Metamizol und Mefenaminsäure hingegen müssen vom Arzt verordnet werden. Die möglichen Nebenwirkungen unterscheiden sich je nach Wirkstoff.

Schmerztherapie mit Opioiden

Opioide gehören zu den stärksten, aber effektivsten schmerzstillenden Medikamenten, denen ein erhöhtes Abhängigkeitspotential nachgesagt wird. Sie können unter anderem in Folge einer schweren Verletzung, nach Operationen, nach der Geburt, bei chronischen Schmerzen oder nach einem Herzinfarkt zur Schmerzhemmung eingesetzt werden, aber nur so lange, wie die Schmerzen bestehen.

Erst wenn Opioide längerfristig – auch nach dem Abklingen des Schmerzes – verordnet werden, kann es zu einer Abhängigkeit kommen. Vertreter der Opioide sind unter anderem Tramadol, Codein, Morphin, Hydromorphon, Fentanyl, Buprenorphin oder Oxycodon. Die möglichen Nebenwirkungen einer Therapie mit Opioiden unterscheiden sich je nach Wirkstoff und Dosis.

Schmerztherapie mit Nicht-Analgetika

Zu dieser Gruppe gehören Arzneimittel, die eigentlich für andere Erkrankungen, wie Depressionen oder Epilepsie, eingesetzt werden: Antidepressiva, Antikonvulsiva, Neuroleptika, Tranquillantien, Glucocortikoide und andere Vertreter können aber unterstützend auf die Schmerzwahrnehmung wirken und den Effekt der eigentlichen Schmerzmittel verstärken.

Komplementäre Behandlungsmethoden

Eine umfassende Schmerztherapie beinhaltet neben der medikamentösen Therapie auch noch andere nicht medikamentöse Verfahren. Dazu gehören unter anderem physikalische Therapien, wie Anwendungen mit Kälte, Wärme oder elektrischem Strom, Bewegungstherapie, Massagen, Ergotherapie, Akupunktur, Aromatherapie und naturheilkundliche Verfahren, wie Blutegel oder Schröpfen sowie psychologische und psychotherapeutische Verfahren.

Wie lange eine Schmerztherapie andauert, ist unter anderem von der Ursache und Art des Schmerzes, der Dauer, der Therapie und von Nebenwirkungen abhängig. Welche Schmerztherapie am besten geeignet ist und wie lange diese andauern soll, entscheidet der behandelnde Arzt.

Um die Gefahr einer Abhängigkeit zu reduzieren, sollten Sie Schmerzmittel nur so lange einnehmen, wie die Schmerzen bestehen. Erfolgt eine Einnahme darüber hinaus, kann es zu Gewöhnungseffekten kommen. Dies gilt nicht nur für Opioid-haltige, sondern auch für freiverkäufliche schmerzstillende Arzneimittel (z. B. der Analgetika-Kopfschmerz bei langfristiger Einnahme von Schmerzmitteln).

Treten Schmerzen erstmals auf, wird meist der Hausarzt aufgesucht. Kann die Ursache für den Schmerz nicht sofort ausfindig gemacht werden, werden einige diagnostische Verfahren (bildgebende Verfahren, Laborbefunde, Funktionsüberprüfungen etc.) durchgeführt. Die Therapie wird individuell auf den Betroffenen zugeschnitten. Bis eine endgültige Diagnose feststeht, muss der Betroffene aber nicht leiden: das Symptom Schmerz kann bis dahin zum Beispiel mit Medikamenten behandelt werden.

Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, sollte er die Dosierung, Stärke und die Dauer der Wirkung, aber auch mögliche Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten erklären. Sollten die Beschwerden weiter anhalten, ist es ratsam einen Facharzt für Schmerztherapie oder eine Schmerzambulanz aufzusuchen.

  • Den Schmerz als Signal ernst nehmen: er ist ein Warnhinweis, dass etwas im Körper nicht stimmt und schützt unsere Gesundheit.
  • Den Behandlungsplan Ihres Arztes einhalten: Damit sich rasch ein Behandlungserfolg einstellen kann.
  • Wechselwirkungen beachten: Teilen Sie Ihrem Arzt mit, welche Medikamente – auch frei verkäufliche – sonst noch eingenommen werden. So können Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln verhindert werden.
  • Schmerzmittel richtig dosieren: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, wenn die verordnetet Therapien nicht ausreichend sind – Sie müssen Ihren Schmerz nicht aussitzen.

Die Krankenkasse übernimmt in der Regel die Kosten für eine medikamentöse Therapie. Nicht-medikamentöse Verfahren werden zum Teil von der gesetzlichen Krankenkasse oder nach einer Genehmigung durch den Chefarzt übernommen.

  • Kompendium der medikamentösen Schmerztherapie, E. Beubler, Springer Verlag, 5. Auflage, Wien, 2012
  • Repetitorium der Schmerztherapie, J. Benrath et al, Springer Verlag, 3. Auflage, Heidelberg, 2012
  • Funktionelle Schmerztherapie des Bewegungsapparates, K. Niemier et al, Springer Verlag, 2. Auflage, Heidelberg, 2012
  • Mutschler Arzneimittelwirkungen, E. Mutschler et al, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 10. Auflage, Stuttgart, 2013

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Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

13. April 2023

Erstellt am:

18. September 2014

Stand der medizinischen Information:

18. September 2014

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