Adipositas (Fettleibigkeit, krankhaftes Übergewicht, Fettsucht)

Mann misst seinen Bauchumfang
In Österreich sind über 900.000 Erwachsene übergewichtig.
© Fuss Sergey / Shutterstock.com
Direkt zum Inhaltsverzeichnis

Die chronische Krankheit Adipositas (krankhaftes Übergewicht) betrifft weltweit rund eine Milliarde Menschen, in Österreich sind 900.000 Erwachsene dickleibig. 

Medizinische Expertise

Karmen Elcic-Mihaljevic

Dr.in Karmen Elcic-Mihaljevic

Ärztin für Allgemein- und Ernährungsmedizin
Riemergasse 10, 1010 Wien
www.dr-kem.at
Medizinische Fachbeiträge auf MeinMed.at werden von 🇦🇹 österreichischen Ärzt:innen und medizinischen Expert:innen geprüft.

Inhaltsverzeichnis

Ärzte sprechen ab dem Body-Mass-Index 30 von Adipositas. Bei Personen mit sehr starker Fettleibigkeit (BMI über 40 = Adipositas permagna) gibt es auch operative Möglichkeiten. Je stärker das Übergewicht, desto höher ist auch das Risiko für Gelenkerkrankungen, Rückenbeschwerden, Diabetes Typ 2, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall oder Krebserkrankungen. Bei Adipositas ist ärztliche Unterstützung beim Abnehmen sinnvoll, eine Änderung der Ernährungsgewohnheiten, regelmäßige Bewegung und Verhaltenstherapie stehen dabei im Vordergrund.

Weltweit leiden eine Milliarde Menschen an Übergewicht, davon sind 300 Millionen adipös. Nahezu 1 Million Österreicher sind adipös, wobei in den östlichen Bundesländern wie Burgenland und Niederösterreich mehr adipöse Menschen leben als im Westen des Landes. Buben bzw. Männer sind in allen Altersgruppen häufiger übergewichtig als Mädchen oder Frauen.

Video: Wege zum Normalgewicht - nachhaltig & praxistauglich

Julia Auinger, MSc (Ernährungswissenschafterin) klärt über mögliche Therapieansätze bei Adipositas auf. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Ernährungstherapie und was wir selbst tun können, um Übergewicht vorzubeugen. (Webinar, 15.11.2021)

In etwa 40 bis 60 % der Erkrankungen sind die Gene für Adipositas verantwortlich, doch auch wenn eine genetische Veranlagung gegeben ist, so sind mehrmals am Tag verzehrte zucker- und fettreiche, kalorienreiche Mahlzeiten gepaart mit zu wenig Bewegung die Hauptfaktoren für Gewichtszunahme.

Gesteigerter Appetit durch:

Krankhaftes Übergewicht beeinträchtigt nicht nur die Lebensqualität, da die körperliche Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, sondern erhöht auch erheblich die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten verschiedener Folgeerkrankungen wie Diabetes Mellitus Typ 2, Herzinfarkt, Schlaganfall, hohem Blutdruck, Erkrankungen des Bewegungsapparats und Krebserkrankungen wie Dickdarmkrebs, Prostatakrebs, Nieren-, Gallenblasen- und Brustkrebs.

Viszerales Bauchfett begünstigt Adipositas

All diese Erkrankungen werden besonders vom viszeralen Bauchfett begünstigt. Dieses viszerale Fett ist, anders als das von außen sichtbare Fett, tief im Körper versteckt und lagert sich dort um die lebenswichtigen Organe im Bauchraum ab. Es kurbelt Stoffwechselabläufe an, die Fettstoffwechselstörungen und somit die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes fördern. Besonders gefährdet, auch für die Entstehung des metabolischen Syndroms, sind Personen, die die Fettverteilung um den Bauch haben ("Apfel-Typ"), Menschen mit hüftbetonter Adipositas ("Birnen-Typ") sind etwas begünstigter (= Beurteilung der Fettverteilung).

Bei älteren Menschen verlangsamt sich der Stoffwechsel und damit auch der Fettabbau, auch bei Frauen nach den Wechseljahren erhöht sich das Risiko für viszerales Bauchfett.

Bester Indikator für überschüssiges viszerales Fett ist die Messung des Bauchumfangs, an der Stelle, an der der Bauch am dicksten ist: Das Risiko für Folgeerkrankungen ist ab 102 cm bei Männern und ab 88 cm bei Frauen deutlich erhöht. Daher sollte ab 94 cm (Männer) bzw. 80 cm (Frauen) eine Lebensstiländerung vorgenommen werden, um das Krankheitsrisiko zu verringern.

Adipositas wird als krankhaftes Übergewicht definiert. Über das Ausmaß des Übergewichts bei Erwachsenen gibt der Körpermasse-Index (Body-Mass-Index oder BMI) Aufschluss. Berechnet wird er folgendermaßen: Das Gewicht in Kilogramm wird durch die Körpergröße in Meter zum Quadrat dividiert (BMI = kg/m2)

BMI = [Körpergewicht (kg)] / [Körpergröße zum Quadrat (m2)]

Ein Beispiel:

Eine Person ist 172 cm groß und wiegt 80 kg.

BMI = 80 / (1,72 x 1,72) = 27 kg/m2 = Übergewicht

Liegt der BMI…

…unter dem Wert 18,5, so bedeutet das Untergewicht

…zwischen 18,5 und 25 = Normalgewicht

…zwischen 25 und 30 = Übergewicht (Präadipositas)

…über 30 = starke krankhafte Fettleibigkeit (Adipositas) bis hin zu

…über 40 = sehr starke krankhafte Fettleibigkeit (sehr starke Adipositas/Adipositas permagna)

Mindestens 25 % der Erwachsenen in Österreich haben einen BMI von etwa 30, sind also krankhaft übergewichtig. Zur Veranschaulichung: Eine 1,67 Meter große Frau mit BMI 30 wiegt 84 Kilo. Ein Mann mit 1,80 Meter fast 100.

Neben der Ermittlung des BMI wird Übergewicht durch die Beurteilung der Fettverteilung um den Bauch (siehe "Apfel-Typ" bzw. "Birnen-Typ") oder auch über die Messung des Körperfetts festgestellt: Die Bio-Impedanz-Analyse (BIA) bestimmt die Zusammensetzung des Körpers (Fett, Muskelmasse, Wasser): Diese Methode eignet sich besonders gut zur Kontrolle der Gewichtsreduktion, ob wirklich überschüssiges Fett oder ungünstigerweise Muskelmasse abgebaut wird.

Schon eine geringe Gewichtsabnahme von 5 bis 10 % reduziert Gesundheitsrisiken wie Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes und Fettstoffwechselstörungen. Doch ohne professionelle Unterstützung schaffen es nur sehr wenige Übergewichtige, ihr Gewicht gesund und langfristig zu reduzieren. Nach der "Diätphase" fallen viele wieder in ihr altes Ernährungsmuster zurück, die mühsam abgespeckten Kilos finden sich bald wieder auf den Hüften und rund um den Bauch.

Das Basisprogramm, das jeder gewichtsreduzierenden Therapie zugrunde liegt, umfasst Ernährungs-, Bewegungs-, und Verhaltenstherapie.

  • Verhaltenstherapie: Dazu zählen das eigene Essverhalten (wann esse ich, wie oft, welche Mengen, welche Lebensmittel), das mit Hilfe eines Ernährungstagebuchs dokumentiert wird.
  • Ernährungstherapie: Kalorien reduzieren bedeutet fett- und zuckerarme ballaststoffreiche Lebensmittel schmackhaft miteinander zu kombinieren und zwar nur dann, wenn man Hunger verspürt, optimal ist es, dreimal am Tag zu essen und auf Zwischenmahlzeiten ganz zu verzichten. Maximal ein Stück Obst oder ein weißes fettfreies Joghurt können Heißhungerattacken bremsen. Fertigprodukte und Softgetränke am besten ganz weglassen. Auch die Kombination bestimmter Lebensmittelgruppen (kohlenhydratreich, eiweißreich), wie sie etwa bei der Trennkost praktiziert wird, kann ein passender Weg sein, längerfristig abzunehmen und das Gewicht zu halten.

Wichtig ist es auch, langsam, aber dafür kontinuierlich Kilos zu verlieren (ein Kilo pro Woche reicht!): Um ein Kilogramm Körperfett zu verlieren, müssen 7000 kcal eingespart werden. Eine langsame Gewichtsreduktion von zum Beispiel 0,5 kg pro Woche macht in Summe 26 kg im Jahr!

  • Bewegungstherapie: Bewegung jeder Art (flottes Spazierengehen, Radfahren, Treppen steigen…) ist wichtig, um den Stoffwechsel anzukurbeln und Muskelmasse zu erhalten. Mindestens dreimal die Woche 40 Minuten lang sollten angepeilt werden. Adipöse sollten unbedingt mit dem Arzt reden, um die geeignete Form der gelenkschonenden Bewegung zu finden (z.B. Nordic Walken oder Schwimmen), bewährt hat sich auch Gruppentraining.
  • Medikamente, die in den Fettstoffwechsel eingreifen, werden nur unterstützend zu den genannten Maßnahmen verschrieben.

Für Patienten mit einem BMI über 40 bzw. ab 35 mit behandlungsbedürftigen Begleiterkrankungen gibt es die Möglichkeit der Adipositas-Chirurgie: Mit Hilfe verschiedener Methoden wird das Magenvolumen verkleinert bzw. ein sogenannter "Vormagen" angelegt. Nach jeglicher Art der Operation ist es wichtig, die Ernährungsgewohnheiten umzustellen, langsam mehrere kleine Portionen am Tag zu essen und ausreichend zu kauen.

Für die Motivation und das Durchhaltevermögen beim Abnehmen ist es sehr wichtig, sich folgende Fragen zu stellen:

  • Warum möchte ich eigentlich abnehmen?
  • Wie viele Kilos möchte ich verlieren?
  • Welcher Zeitpunkt ist günstig, um mit einer Umstellung zu beginnen?
  • Welche Hilfestellungen (z.B. Ärzte, Bücher, Fitnesszentrum) kann ich mir organisieren?
  • Gibt es eine Methode (z.B. Formula-Diäten), mit der es mir leichter fällt, meine Essgewohnheiten umzustellen?

Kalorientabellen und der Glykämische Index (GI)/Glykämische Last in Tabellen können helfen, jene (kalorienarmen) Lebensmittel auszusuchen, die man gerne isst, damit fällt eine Umstellung leichter.

  • Der Österreichische Ernährungsbericht 2012, Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.), Wien, 2012
  • Nationaler Aktionsplan Ernährung inkl. Maßnahmenübersicht und Planung 2012, Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.), Wien, 2012
  • Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur "Prävention und Therapie der Adipositas", Deutsche Adipositas-Gesellschaft (Hrsg.),(24.11.2016)
  • Klevers Kompass Kalorien & Fette 2013/14, K. Klever, A. Endres, Gräfe und Unzer Verlag, 2. Auflage, München, 2012
  • Essen mit Spaß & aktiv sein mit Maß. So entkommen Sie dem Metabolischen Syndrom, K. Elcic-Mihaljevic, B. Ludvik, S. Feffer, Verlagshaus der Ärzte, 1. Auflage, Wien, 2006
  • Das große Schlank-ohne-Diät-Praxisbuch, T. Rathmanner, I. Kiefer, Kneipp-Verlag, 1. Auflage, Wien, 2013
  • LOGI-Guide: Tabellen mit über 500 Lebensmitteln bewertet nach ihrem Glykämischen Index und ihrer Glykämischen Last , F. Mangiameli, N. Worm, Systemed; 2. überarbeitete Neuauflage, Lünen, 2011

Autor:in:
Medizinisches Review:
Erstellt am:

24. November 2016

Stand der medizinischen Information:

24. November 2016


ICD-Codes:
  • E65
  • E66

Mehr zum Thema

Derzeit aktuell

Neueste Beiträge