Divertikulose und Divertikulitis

Älterer Mann greift sich wegen Divertikulitis auf den Bauch
Während eine Divertikulose häufig unbemerkt bleibt, äußert sich eine Divertikulitis oft durch Schmerzen im Unterbauch.
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Die Divertikulose ist eine Darmerkrankung, bei der es zu einer erworbenen Ausstülpung der Darmwand an Stellen von muskelschwachen Lücken kommt.

Medizinische Expertise

Harald Oschmautz

Dr. Harald Oschmautz

Facharzt für Innere Medizin, Zusatzfacharzt für Gastroenterologie und Hepatologie, Zusatzfacharzt für internistische Intensivmedizin, Sportarzt, Privatklinik Maria Hilf
Radetzkystraße 35, 9020 Klagenfurt am Wörthersee
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In den meisten Fällen verursacht die Divertikulose keine Beschwerden. Allerdings kann sich durch eine Entzündung im Bereich eines Divertikels eine Divertikulitis entwickeln, die ernsthafte Komplikationen, wie Blutungen, Abszessbildungen und Perforationen mit sich bringen kann.

Divertikel treten an sogenannten Schwachstellen der Darmwand auf, typischerweise an Durchtrittsstellen von Gefäßen. Durch eine chronische intraluminale (= innerhalb des Hohlraums) Druckerhöhung kommt es an diesen Stellen zu einer Ausstülpung der Darmwand. Auftreten können die Divertikel sowohl im Dünn- als auch im Dickdarm, sie betreffen aber vorwiegend den linken Abschnitt des Dickdarms, und damit zu rund 95% das Sigma (letzter Abschnitt des Dickdarms). Die Erkrankung ist an sich harmlos und bleibt häufig unbemerkt. Allerdings können Divertikel auch chronische Verdauungsbeschwerden und Schmerzen verursachen oder sich gar entzünden, bluten und zu schweren Komplikationen führen. Dann sprechen Mediziner von einer Divertikulitis.

In den Industrieländern ist die Divertikulose eine der häufigsten Erkrankungen älterer Menschen. Etwa 13 % der Menschen unter 50 Jahren haben Divertikel, bei den 50- bis 70-Jährigen sind es rund 30 % und ca. 60 % bei Personen zwischen 70 und 85 Jahren. Bei ca. einem Prozent der Divertikelträger entwickelt sich eine Divertikulitis.

Was zu Divertikulose führt, ist bislang nicht vollständig geklärt. Mehrere Faktoren, wie eine Verdickung der Darmwandmuskulatur, eine Veränderung des Bindegewebes der Darmwand, der Darminnervation, der Darmmotilität, das Alter und auch genetische Faktoren spielen neben einer ungünstigen Ernährung und Bewegungsmangel eine Rolle bei der Divertikelkrankheit. Ballaststoffarme, fleischlastige und kohlenhydratreiche Kost führt zu einer Verlangsamung der Darmpassage. Kohlenhydrate werden vermehrt im Dickdarm gespalten. Auf Dauer schwächt dies das Bindegewebe und begünstigt das Ausstülpen der Schleimhaut an den Schwachstellen in der Muskelschicht. Zusätzlich wirken sich die Einnahme von bestimmten Medikamenten (Schmerzmittel) und Nikotinkonsum förderlich auf die Divertikelentstehung aus. Zudem kann Stuhl leicht in den Ausstülpungen hängen bleiben und so zu Entzündungen im Bereich der Divertikel – also einer Divertikulitis – führen.

Oftmals verursachen Divertikel keinerlei Beschwerden und werden nur zufällig, etwa im Rahmen einer Dickdarmspiegelung (Koloskopie) entdeckt. Wandern Keime aus dem Darmlumen in die Divertikelwand ein und führen dort zu einer Entzündung, dann spricht man von einer Divertikulitis. Diese äußert sich durch Schmerzen im linken Unterbauch verbunden mit Fieber und Schüttelfrost, Obstipation und einem Anstieg der Entzündungsparameter im Labor.

Verlauf der Divertikulose/Divertikulitis

  • Bei einer akuten unkomplizierten Divertikulitis entzünden sich die Divertikel ohne schwerwiegende Komplikationen zu verursachen.
  • Mögliche Komplikationen der akuten komplizierten Divertikulitis können Abszesse, Darmperforation sowie Bauchfellentzündung sein.
  • Bei der chronisch-rezidivierenden Divertikulitis kommt es zu immer wiederkehrenden Schüben der Erkrankung mit chronischen Veränderungen an der Darmwand (Verdickung und Vergröberung der Darmwand mit Elastizitätsverlust).

Im Gespräch mit dem Patienten erkundigt sich der Arzt unter anderem nach Vorerkrankungen, der Ernährungsweise und der Einnahme von Medikamenten. Die körperliche Untersuchung umfasst das Abtasten des Bauches. Die Standarddiagnostik zur Abklärung der Divertikulitis ist – neben einer klinischen Untersuchung und Laboranalyse – die Sonographie des Abdomens und die Computertomographie. Durch diese Untersuchungsmethoden lassen sich auch Erkrankungen ausschließen, die zu ähnlichen Beschwerdebildern wie die Divertikulitis führen, wie eine Blinddarmentzündung oder ein Reizdarmsyndrom.

Bei einer akuten Divertikulitis ist eine Koloskopie kontraindiziert, da die Gefahr besteht, ein entzündetes Divertikel zu perforieren. Eine koloskopische Kontrolle wird im entzündungsfreien Intervall empfohlen, sechs Wochen nach Abklingen der Divertikelentzündung, um eventuell andere Erkrankungen des Dickdarms wie beispielsweise Polypen im Darm (= geschwürartige Veränderungen des Darms; gut- und bösartig) auszuschließen.

Verursachen die Divertikel keine Beschwerden, muss auch keine Behandlung erfolgen. Der Patient sollte jedoch auf ausreichend Ballaststoffe, Flüssigkeit und Bewegung achten. Entwickelt sich aus der Divertikulose jedoch eine Divertikulitis, zielt die Therapie darauf ab, akute Beschwerden zu lindern, Komplikationen durch die Entzündung zu vermeiden und Rückfällen vorzubeugen.

Zur Behandlung wird die vorübergehende Gabe von Schmerzmitteln sowie krampflösender Medikamente, kombiniert mit einem Magenschutz, empfohlen. Zusätzlich ist die Behandlung mittels eines Antibiotikums mit breitem Wirkungsspektrum nötig.

Komplikationen der Divertikulitis sind eine Engstellung des Darmes mit der Gefahr des Darmverschlusses, Fistelbildungen zu den angrenzenden Organen (Harnblase, Scheide) und die Abszessbildung bis hin zur Bauchfellentzündung. Eine lebensgefährliche Komplikation ist die Divertikelblutung. Als therapeutische Option strebt man die endoskopische Blutstillung an. Kann die Blutung nicht gestillt werden, muss der befallene Darmabschnitt chirurgisch entfernt werden, was mit einer erhöhten Komplikationsrate verbunden ist.

Treten wiederholte (mehr als 2-3 Mal) entzündliche Schübe im Bereich von Divertikeln auf oder lässt sich eine Divertikulitis mit konservativen Therapiemethoden nicht beherrschen, besteht die Notwendigkeit zur chirurgischen operativen Sanierung.

Um einer Divertikulitis – und vielen anderen Erkrankungen – vorzubeugen, sollte generell auf einen gesunden Lebensstil geachtet werden. Dazu gehören unter anderem eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Flüssigkeit, regelmäßige körperliche Aktivität sowie sparsamer Konsum von Alkohol und Nikotinverzicht. Bei einer Ernährungsumstellung sollte man dem Verdauungstrakt jedoch Zeit lassen, sich langsam an die neue Kost zu gewöhnen.


Autor:in:
Medizinisches Review:
Erstellt am:

3. Februar 2020

Stand der medizinischen Information:

3. Februar 2020


ICD-Code:
  • K57

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