Insulintherapie

Frau spritzt sich Insulin
Bei der Insulintherapie muss das Hormon bei Diabetes von außen zugeführt werden.
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Die Insulintherapie ist eine Form der Behandlung von Diabetes Typ 1 und Diabetes Typ 2 in fortgeschrittenem Stadium.

Medizinische Expertise

Monika Lechleitner

AO. Univ.-Prof.in Dr.in Monika Lechleitner

Fachärztin für Innere Medizin, Geriatrie und Palliativmedizin, KH Hochzirl
Anton-Rauch-Straße 4a, 6020 Innsbruck
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Wenn die Bauchspeicheldrüse kein oder zu wenig Insulin produziert, muss zur Behandlung des Diabetes mellitus (der Zuckerkrankheit) Insulin von außen zugeführt werden. Bei Typ 1 Diabetes ist die Insulintherapie lebensnotwendig, da chronische Autoimmun-Mechanismen zum Untergang der Insulin-produzierenden Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse führen und die körpereigene Insulinproduktion fehlt. Bei Typ 2 Diabetes kann es bei längerer Krankheitsdauer zu einer Erschöpfung der Insulinproduktion kommen – dadurch wird es notwendig, die Behandlung mit Insulin zu erweitern. Das Insulin wird nach einem ärztlich verordneten Therapieplan injiziert (meist vom Betroffenen selbst) oder via Infusion zugeführt.

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Insulin wird von Betazellen-Inseln in der Bauchspeicheldrüse produziert und ist gemeinsam mit seinem "Gegenspieler“" dem Hormon Glucagon, für die Regulierung des Blutzuckers verantwortlich. Während Glucagon den Anteil von Traubenzucker im Blut erhöht, senkt Insulin den Blutzuckerspiegel: Es sorgt dafür, dass die Körperzellen den Traubenzucker aus dem Blut aufnehmen können und daraus Energie gewinnen.

Während neben Glucagon noch andere Hormone (wie Adrenalin oder Kortisol) den Blutzuckerspiegel erhöhen, ist Insulin das einzige den Blutzucker senkende Hormon im menschlichen Körper. Daher ist es absolut lebensnotwendig für den Organismus.


Bei Diabetes ist der Organismus nicht mehr in der Lage, Insulin in genügender Menge zu produzieren; die Insulinzufuhr von außen - die Insulintherapie - ist eine zentrale Maßnahme in der Behandlung dieser Erkrankung. Voraussetzung für eine erfolgreiche Insulintherapie ist die strukturierte Diabetikerschulung, da der Patient selbst die Injektionen vornimmt und die Dosis entsprechend der gemessenen Blutzuckerwerte und der beabsichtigten Nahrungsaufnahme anpasst.

Ziel der der Behandlung ist es, die Symptome entgleister Blutzuckerwerte (Durst, starker Harnfluss, Gewichtsabnahme, Infekte usw.) zu vermeiden, diabetische Akutkomplikationen (wie den Unterzucker) und diabetische Spätkomplikationen an Auge, Niere, Nerven und dem Herz-Kreislauf-System zu vermeiden. Bei jüngeren Diabetikern mit kurzer Krankheitsdauer wird eine strikte den Normwerten entsprechende Blutzuckereinstellung angestrebt, bei älteren Patienten mit langer Krankheitsdauer und bestehenden Herz- Kreislauf-Erkrankungen gelten weniger strenge Blutzuckerzielwerte.

Insulin steht als Humaninsulin zur Verfügung, bei den sogenannten Insulinanaloga kann durch Veränderung der Insulinstruktur eine Verkürzung bzw. Verlängerung der Insulinwirkdauer erreicht werden.

Es gibt:

  • kurz wirkende Insuline (Normalinsulin) und Insulinanaloga (Insulin Lispro, Insulin Aspart, Insulin Glulisin)
  • lang wirksame Insuline (NPH-Insulin) und Insulinanaloga (Insulin Levemir, Insulin Glargin, Insulin Deglutect)
  • Mischinsuline (NPH-Insulin mit Normalinsulin bzw. kurzwirksamen Insulinanaloga)

Die Verabreichung von Insulin erfolgt durch eine Injektion in das Unterhaut-Fettgewebe (subkutanes Gewebe) mittels Pen, manchmal in Form einer Einwegspritze bzw. durch Insulinpumpen. Bei einer akuten Stoffwechselentgleisung bzw. schwerer Allgemeinerkrankung wird Insulin über die Vene in Form einer sogenannten „Perfusortherapie“ oder Infusion verabreicht.

Die Art und Weise, wie das Insulin appliziert (zugeführt) wird, muss auf das individuelle Krankheitsbild des Patienten abgestimmt werden und hängt unter anderem von der Nahrungsmenge, dem Alter und der Lebensweise des Patienten ab. Diesbezüglich gibt es verschiedene Formen der Insulintherapie:

  • Konventionelle Insulintherapie (CT): dabei wird die täglich benötigte Insulindosis zu festen Zeiten (2 oder 3 Mal/Tag) verabreicht. Das verlangt einen regelmäßigen Tagesablauf mit fixen Zeiten, in denen die Patienten ihre Mahlzeiten und Zwischenmahlzeiten einnehmen; vor allem die Menge an Kohlehydraten, die aufgenommen werden dürfen, ist fix festgelegt.
  • Intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT) oder Basis-Bolus-Therapie: Dabei wird eine bestimmte Menge an lang wirksamem Insulin gespritzt (Basis) und zu den Mahlzeiten eine zusätzliche Dosis appliziert (Bolus). Die ICT ermöglicht somit den Patienten, ihren Tagesablauf deutlich flexibler als unter einer CT zu gestalten.
  • Insulin-Pumpentherapie: Die kontinuierliche subkutane Insulininfusion ist eine spezielle Form der ICT. Sie erfolgt über eine Insulinpumpe, die über ein Infusionssystem mit dem Körper des Patienten verbunden ist und ständig eine Insulin-Grundmenge ins Unterhaut-Fettgewebe abgibt. Die Pumpe wird außen am Körper getragen. Abhängig von den Umständen (Mahlzeiten, Intensität der körperlichen Betätigung) kann die Menge des abzugebenden Insulins vom Patienten selbst verringert oder erhöht werden.
  • Funktionelle Insulintherapie (FIT): Dabei wird das langsam wirkende Basisinsulin (für den Normalbedarf ohne Mahlzeiten) und zum Essen das schnell wirkende Essensinsulin vom Patienten bedarfsgerecht zusätzlich injiziert.
  • Supplementäre (ergänzende) Insulintherapie (SIT): Speziell für Typ-2-Diabetiker geeignet, deren Bauchspeicheldrüse noch selbst Insulin produziert. Die Basis bilden hier orale Antidiabetika, ergänzend dazu spritzt sich der Patient zu den Mahlzeiten eine kleine kurz wirksame Menge Analoginsulin.
  • Basal unterstützte orale Therapie (BOT): Für Typ-2-Diabetiker, wenn mit oralen Antidiabetika allein der Blutzucker nicht mehr in den Griff bekommen werden kann – speziell wenn die morgendlichen Nüchternblutzuckerwerte zu hoch sind. Zusätzlich (ergänzend) zu den oralen Antidiabetika wird einmal täglich ein lang wirksames Insulin gespritzt.

Insulin ist eine sehr wirksame Substanz. Schon kleine Änderungen der Insulinmenge, die verabreicht wird, können große Auswirkungen auf den menschlichen Organismus haben. Daher ist eine Insulintherapie auch immer mit Risiken verbunden:


Die wichtigste Gefahr besteht in der Hypoglykämie (Unterzuckerung), die verschiedene Ursachen haben kann: Überdosierung des Insulins, intensive körperliche Anstrengung oder Betätigung (Sport), Fasten oder Alkoholmissbrauch. Um dies zu vermeiden, benötigen Diabetiker eine ausführliche Schulung an einem Diabetes-Zentrum, einschließlich wiederholter individueller Beratungen.

Die grundlegenden Informationen über die Durchführung der Insulintherapie, die Risiken und Gefahren bekommen Sie im Rahmen der strukturierten Diabetikerberatung.

Als ein Hauptziel in der Diabetikerbetreuung gilt die Vermittlung von ausreichend Wissen, um die Kontrolle und Therapie in einem größtmöglichen Ausmaß dem Diabetiker selbst zu ermöglichen. Die Betreuung des Typ-1- Diabetikers sollte aufgrund des komplexen Therapieregimes durch ein Diabeteszentrum bzw. einen Diabetologen erfolgen. Die Betreuung des Typ-2-Diabetikers erfolgt häufig beim Allgemeinmediziner, weil die dabei eingesetzten Insulintherapieformen weniger kompliziert sind.

Damit die Insulindosis an Ihre Bedürfnisse angepasst werden kann, sollten die Werte der Blutzuckermessungen notiert werden. Weiters sollten Sie die Diabetikerschulungen besuchen – und dort ausführlich über eventuelle Probleme bei der Handhabung der Medikamente sprechen. Bei einem Pen werden in der Regel Einwegnadeln verwendet, diese müssen regelmäßig ausgetauscht werden.

Für die Insuline, Pens und Blutzuckermessgeräte die Krankenkassen.

  • Österreichischer Diabetesbericht 2013, Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.), Wien, 2013
  • Diabetes Manual, M. Müller-Korbsch, Verlagshaus der Ärzte, 1. Auflage, Wien, 2010
  • Diabetes in der Praxis: W. Waldhäusel et al., 3. Auflage, Springer Verlag, Berlin-Heidelberg 2004

Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

15. Juni 2023

Erstellt am:

20. Oktober 2014

Stand der medizinischen Information:

6. Februar 2019

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